Finale der French Open: Zauber des Spritzentennis

Rafael Nadal leidet unter einer schweren Fußverletzung. Seinen 14. Triumph bei den French Open hat er auch Schmerzmitteln zu verdanken.

Rafael Nadal küsst den spiegelblanken Pokal

Es ist Liebe: Rafael Nadal schmust mit dem Sieger­pokal der French Open Foto: dpa

PARIS taz | Wenn Marc Maury, der legendäre Platzsprecher auf dem riesigen Court Philippe Chatrier auf der Anlage im Stade de Roland Garros, mit seiner tiefen Radiostimme Rafael Nadal ankündigt, dann ist das immer ein Spektakel für sich. Auf Französisch klingt die Vorstellung des Sandplatzkönigs von Paris natürlich noch einmal schöner.

Maury zählt zum Schuss sämtliche Jahre auf, in denen Nadal die French Open gewonnen hat. Ein endloser Satz. Das Publikum johlt dazu. Dieses Mal war es noch ein Stückchen intensiver. Das lag auch daran, dass viele Event-Fans in der Arena saßen. Alle wollten an diesem Pfingstsonntag dabei sein, wenn Nadal hier seinen nächsten Rekord bricht.

Hinzu kam natürlich auch die Furcht vieler, dass das Match gegen Casper Ruud möglicherweise wirklich das letzte seiner Karriere werden könnte. Es gab diese Gerüchte im Vorfeld. Einmal noch Rafa sehen, bevor diese Liebesgeschichte zwischen dem Spanier und den French Open vorbei sein könnte.

Es war eigentlich schon vorher klar: Sollte der Fuß halten, würde Nadal seinen Jüngern das bescheren, was alle von ihm erwarteten: nichts weniger als seinen 14. Roland-Garros-Titel. Um 17.30 Uhr Pariser Ortszeit hatte Nadal es wieder geschafft. In einem total einseitigen Endspiel fertigte der 36-Jährige den bemitleidenswerten Norweger in drei Sätzen mit 6:3, 6:3 und 6:0 ab. Die Nadal-Festspiele dauerten gerade einmal 2 Stunden und 18 Minuten.

Tapferer Verlierer

„Eviva España“ hatte die spanische Kapelle ganz oben auf der Tribüne beim letzten Seitenwechsel angestimmt. Da stand es schon 5:0 im dritten Satz. Wenige Minuten später war Nadals Triumph auch qua Ergebnis manifestiert. Den Linkshänder auf Sand in Roland Garros zu schlagen, ist wahrscheinlich die schwierigste Aufgabe im professionellen Sport.

Ruud, gerade mal 23, schlug sich ganz tapfer. Auch bei seiner Rede im Anschluss. „Wir alle wissen, was für ein großer Champion du bist und heute habe ich es selber gemerkt, wie es ist gegen dich zu spielen“, sagte Ruud in Richtung seines übermächtigen Gegners. Dann fand der Norweger sogar seinen Humor wieder. „Ich bin Gott sei Dank nicht das erste Opfer von dir, es gab, so viel ich weiß, schon ein paar vor mir.“

Rafael Nadal

„Irgendwann wird mein Kopf sagen, dass es reicht, weil der Schmerz den Spaß wegnimmt“

Als Nadal schließlich das Mik­rofon für die Siegerrede übernahm, wurde es kurze Zeit sehr ruhig. Immer noch stand ja ein möglicher Rücktritt im Raum. Zwei Tage nach seinem 36. Geburtstag wirkte Nadal erst sehr abgeklärt in seinen Worten, dann aber schon auch emotional. Es sei für ihn sehr schwierig, hier jetzt zu stehen und zu beschreiben, was dieser Triumph bedeuten würde. „Es kostet alles so viel Energie.“ Es folgte der Satz, den alle hören wollten: „Ich weiß nicht, was in der Zukunft passiert, aber ich werde weiterkämpfen.“

Die Sache mit dem Fuß

Damit war klar: Nadal macht weiter – solange denn der Fuß mitmacht. Der Spanier hatte bereits 2007 angegeben, dass er am sogenannten Müller-Weiss-Syndrom leidet, bei der Knochengewebe des Kahnbeins am Fußskelett abstirbt. Immer wieder macht ihm die chronische Verletzung zu schaffen. Mal weniger, mal mehr. Noch am 12. Mai, also nur wenige Tage vor dem Turnier in Paris, hatte sich Nadal in Rom mit Schmerzen über den Court geschleppt. „Irgendwann wird eine Zeit kommen, zu der mein Kopf sagt, dass es reicht, weil der Schmerz den Spaß wegnimmt. Nicht nur am Tennis, sondern auch am Leben“, hatte er einmal nach einem Match gesagt.

Auch am Rande der French Open wurde wieder viel über die Verletzung spekuliert. Nadal sorgte nach seinem geschenkten Halbfinal-Sieg über Alexander Zverev, der Deutsche musste nach einem famosen Kampf nach zwei Sätzen verletzt aufgeben, selber wieder für Aufregung. „Ich würde lieber das Finale am Sonntag verlieren und dafür einen neuen Fuß kriegen“, so der 36-jährige Mallorquiner.

Nach diesen Aussagen ist das, was Nadal in diesem Jahr bereits vollbracht hat, ein mittleres Sportwunder. Nach den Australian Open im Januar hat er nun schon sein zweites Grand-Slam-Turnier gewonnen. Und zwar mit einem betäubten Fuß. Mehrere Spritzen hätten die Nerven blockiert, gab Nadal hinterher in der Medienrunde zu. Auch vor dem Endspiel hätte es eine Injektion gegeben. Für das nächste große Turnier sei das aber keine Alternative. „Ich respektiere Wimbledon sehr, es ist immer ein wichtiges Ziel im Jahr. Aber nein, ich werde so etwas für Wimbledon nicht wieder machen“, sagte er. Alles hänge davon ab, ob eine Behandlung an seinem Fuß in der kommenden Woche anschlage.

22 Grand-Slam-Erfolge hat Nadal jetzt errungen. Zwei mehr als seine beiden Widersacher Novak Đjoković und Roger Federer. Paris hat gezeigt: Der alte Mann mit dem Zombie-Fuß ist noch nicht fertig.

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