Referendum in Dänemark: Dänemark gibt wohl das Jawort

Dänemark ist Teil der Nato, aber in der EU-Verteidigung dank Ausnahmestatus außen vor. Ein Referendum könnte das nun ändern.

Mette Frederiksen, die Ministerpräsidentin von Dänemark, steht mit erhobenem Zeigefinger vor EU-Fahnen

Mette Frederiksen, Ministerpräsidentin von Dänemark, am 30. Mai beim EU-Gipfel Foto: Geert Vanden Wijngaert/ap/dpa

STOCKHOLM taz | Die Nato-Beitrittsanträge Finnlands und Schwedens sind nicht die einzigen sicherheitspolitischen Konsequenzen, die die Regierungen skandinavischer Staaten nach dem russischen Krieg in der Ukraine gezogen haben. In Dänemark findet am Mittwoch eine Volksabstimmung darüber statt, ob das Land weiterhin außerhalb der gemeinsamen EU-Sicherheits- und Verteidigungspolitik stehen soll.

Ähnlich wie für ihre sozialdemokratischen Kolleginnen Sanna Marin in Helsinki und Magdalena Andersson in Stockholm galten für Dänemarks Regierungschefin Mette Frederiksen zuvor abgegebene sicherheitspolitische Statements nach dem 24. Februar nicht mehr.

Im Januar hatte sie noch betont, es gebe keinen Grund am EU-Verteidigungsvorbehalt des Landes etwas zu ändern. Nun die Kehrtwende: „Es gab eine Zeit vor dem Angriff auf die Ukraine und es gibt eine Zeit danach.“ Jedes Land müsse für sich entscheiden, wie es am besten dazu beitrage, „den Westen, unsere Demokratie und unsere Freiheit weiter zu stärken“.

Der zusätzliche Beitrag des Nato-Lands Dänemark ist ein am 6. März von der sozialdemokratischen Minderheitsregierung aus Linksliberalen und Sozialisten sowie von den Konservativen und Rechtsliberalen unterzeichneter „nationaler sicherheitspolitischer Kompromiss“. Dessen wichtigster Bestandteil: eine Volksabstimmung zur Abschaffung des dänischen EU-Vorbehalts zur Verteidigungspolitik.

Dänemark hat Sonderstatus in der EU

Die DänInnen, traditionell immer skeptisch, was weitere europäische Integrationsschritte und eine damit verbundene Aufgabe nationaler Eigenständigkeit angeht, hatten 1992 in einer Volksabstimmung mehrheitlich das Maastricht-Abkommen abgelehnt. Der Trick, um dieses Abkommen, mit dem aus der EG eine EU wurde, doch noch zu retten: Dänemark wurde Ende 1992 im Abkommen von Edinburgh als einzigem EU-Land ein Sonderstatus mit vier Ausnahmen vom Maastricht-Abkommen eingeräumt.

Das Land musste weder Euro noch Unionsbürgerschaft übernehmen, sich nicht an der gemeinsamen Justiz-, Innen- und Verteidigungspolitik beteiligen. Was letztere angeht, hat Kopenhagen einen „Beobachterstatus“.

Dänemark nimmt wegen dieses Vorbehalts nicht an der gemeinsamen Entwicklung von Waffensystemen teil und beteiligt sich auch nicht an militärischen Operationen und Missionen der EU, etwa der Überwachung des Waffenembargos in Libyen oder der Ausbildungsmission der EU in Mosambik. Wenn Kopenhagen ein eigenes Interesse an Militäreinsätzen hatte, wählte man einen Umweg, um doch dabei zu sein, etwa bei Operationen der Nato.

Verteidigungs-Referendum mit breiter Unterstützung

Die Aufgabe des Verteidigungsvorbehalts sei angesichts des bisherigen Stands der EU-Zusammenarbeit auf diesem Gebiet ein eher symbolischer Schritt, versichert die Regierung den DänInnen. Auch grundsätzlich EU-skeptische linke Parteien haben sich der Ja-Seite angeschlossen – mit Ausnahme der „Einheitsliste“, die nicht mehr, sondern weniger militärische Aufrüstung haben will.

Weitere Neinsager sind zwei rechtspopulistische Parteien. Für ihr „Weniger, nicht mehr EU“ warb die Dänische Volkspartei vorsichtshalber mit der Nato-Flagge, um bloß nicht den Eindruck zu erwecken, man nehme die Verteidigung des Landes nicht ernst genug.

Mehrheit für europäische Zusammenarbeit

Einen Tag vor der Abstimmung war der Anteil unentschiedener Wählerinnen mit rund einem Fünftel noch relativ hoch. Das könnte damit zusammenhängen, dass vielen nicht wirklich klar ist, worum es auf den Stimmzetteln bei der Frage „Stimmst du für oder gegen den Beitritt Dänemarks zur europäischen Zusammenarbeit im Bereich Sicherheit und Verteidigung?“ genau geht.

Die Nein-Seite liegt seit einigen Wochen stabil bei 28 Prozent, die Ja-Stimmen wurden zwischen 44 und 49 Prozent vorhergesagt – eine klare Mehrheit.

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