Guter Deal für den Küstenschutz: Schlick für den Deichbau

Seitenbereiche der Elbe verlanden. Deshalb wird geprüft, ob der Schlick für den Deichbau verwendet werden kann. Ein Problem könnten Schadstoffe sein.

Menschen auf einem Deich

Hier kommt in den nächsten Jahren wohl noch eine Schippe Klei drauf: Deich bei Jork Foto: Axel Heimken/dpa

HAMBURG taz | Die Seitenbereiche der Elbe verlanden zusehends. Um dem zu begegnen, hat der Landkreis Stade ein Pilotprojekt gestartet, aus Schlick Klei für den Deichbau zu gewinnen. Das hätte einen mehrfachen Nutzen: Dem Elbstrom würde ein Zuviel an Sediment entnommen, Hafenzufahrten und Flachwassergebiete blieben erhalten und zugleich würde wertvolles Dichtungsmaterial für den Hochwasserschutz gewonnen. Angedacht ist ein Abbau auch auf Hamburgs Gefängnisinsel Hahnöfersand.

Die wiederholten Elbvertiefungen der vergangenen 200 Jahre haben mitten im Strom eine Art Schifffahrtskanal geschaffen, in den mehr Sediment stromaufwärts gespült als ausgetragen wird. Das führt dazu, dass links und rechts von der Hauptströmung die Seitenarme und Nebenflüsse verlanden.

Im Landkreis Stade betrifft das die Elbfähre Wischhafen – Glückstadt, wo immer mehr gebaggert werden muss, um die Zufahrt frei zu halten. Das ausgebaggerte Sediment wird normalerweise in der Elbe verklappt oder an Land deponiert. Aber verklapptes Sediment schwappt zurück und das Deponieren braucht Platz und ist teuer.

So ist die Idee entstanden, den Schlick für den Deichbau zu verwenden. Denn der Klei, der fruchtbare Marschboden, der für die dichte Abdeckung der Deiche verwendet wird, ist nur entwässerter Schlick und könnte auf diese Weise geschont werden. Der Stader Landrat Kai Seefried verspricht sich davon eine „Win-win-Situation“.

Klei gilt als rarer Stoff

Um zu Klei zu werden, müsste der Schlick auf ein Spülfeld gepumpt werden und über mehrere Jahre trocknen. Das setzt aber voraus, dass der Schlick ausreichend feine Tonmineralien und nicht zu viel Sand enthält. „Erste Probennahmen und anschließende Korngrößen-Analysen ergaben noch nicht die erhofften Ergebnisse“, teilt der Landkreis mit. Die Schadstoffbelastung hingegen habe sich nach den Analysen des Niedersächsischen Landesbetriebes für Wasserwirtschaft, Küsten- und Naturschutz (NLWKN) als unproblematisch erwiesen.

Ein ähnliches Projekt wie in Stade gibt es an der Ems. „Hier geht es konkret darum, das Sediment als wertvolles Material zu nutzen für den Aufbau von Flächen vor und hinter dem Deich“, sagt Niedersachsens Umweltminister Olaf Lies (SPD) im vergangenen August. Dazu wurde Schlick aus der Ems im Rheiderland auf einen Acker gespült. Zusätzlich ist geplant, Kleivorräte für den Deichbau anzulegen.

„Für uns ist Klei ein unheimlich wichtiger und zugleich rarer Stoff“, sagt Wilhelm Ulferts, Oberdeichrichter in einem Abschnitt des Alten Landes an der Elbe. Zusammen mit dem Elbfischer Lothar Buckow hatte er die Idee, auf der Elbinsel Hahnöfersand vor Hamburg „Klei-Pütten“ anzulegen.

Material muss schadstofffrei sein

Dort hätte das einen besonderen Charme, denn die Insel ist vor knapp 20 Jahren zu zwei Dritteln abgebaggert worden, um einen Ausgleich für die Erweiterung des Airbus-Werks in der Elbbucht Mühlenberger Loch zu schaffen. Der Fischer Buckow beobachtet in seinem Arbeitsalltag, wie die neu geschaffenen Flachwasserzonen verlanden. Dem könnte der Klei-Abbau entgegenwirken.

Voraussetzung ist allerdings, dass das Material unbedenklich ist. „Wir holen uns kein Gift in den Deich“, versichert Oberdeichrichter Ulferts. Schon aus Gründen der öffentlichen Vermittelbarkeit komme für ihn daher auch kein Material aus der Hamburger Aufbereitungsanlage Metha in Frage.

Die Metha wurde vor allem gebaut, um den weniger belasteten Sand vom stark belasteten Schlick zu trennen. Die Belastung der Schwebstoffe im Hamburger Hafen hat in den vergangenen 30 Jahren jedoch stark abgenommen. Die Hamburger Hafenverwaltung befasst sich mit Überlegungen, eventuell gering belastetes Material für den Deichbau zu verwenden.

„Aufgrund der Belastung der Sedimente mit Schwermetallen und organischen Schadstoffen, sieht die Freie und Hansestadt Hamburg von der Verwendung von Baggergut im Deichbau ab“, sagt die Hamburger Umweltbehörde zum derzeitigen Stand der Dinge. Der Stadt stehe derzeit ein ausreichender Vorrat an Klei zur Verfügung.

Das NLWKN bestätigt, dass die Buchten auf Hahnöfersand „stark aufgeschlickt“ sind. Zur ökologischen Aufwertung solle eine Rinne gebaggert werden, um hier einen Flachwasserbereich mit Anbindung an die Elbe zu schaffen. „Der hierbei gewonnene Schlick könnte möglicherweise für den Deichbau verwendet werden“, teilte der Landesbetrieb mit.

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