Drohendes Ende des Abtreibungsrechts: Proteste in vielen Orten der USA

In den USA gibt es Proteste gegen das drohende Aus des Abtreibungsrechts. Der konservative Gouverneur von Oklahoma schafft derweil Fakten.

Frauen halten Hände vor den Mund und rufen laut

Protest vor dem Supreme Court in Washington am Montag Foto: Alex Brandon/ap

WASHINGTON dpa | Aus Protest gegen befürchtete weitreichende Einschränkungen des Rechts auf Abtreibung in den USA sind in mehreren Städten des Landes Menschen auf die Straße gegangen.

In Los Angeles hätten zunächst rund 250 Menschen friedlich vor einem Gerichtsgebäude in der Innenstadt protestiert, teilte die Polizei mit. Dann habe eine Gruppe aber eine Kreuzung besetzt. Bei dem Versuch, die Straße zu räumen, seien Steine und Flaschen auf die Einsatzkräfte geworfen und ein Beamter verletzt worden.

Die Polizei in der gesamten Stadt wurde in erhöhte Bereitschaft versetzt, wie es weiter hieß. Medienberichten zufolge setzten die Beamten nahe dem Pershing Square Schlagstöcke gegen einige der Demonstranten ein. Festnahmen habe es zunächst nicht gegeben.

Proteste wurden auch aus anderen Städten wie Washington, Atlanta, Austin, San Francisco und New York gemeldet. In Manhattan kamen Tausende Menschen am Foley Square zusammen.

Generalstaatsanwältin bekennt sich

Die New Yorker Generalstaatsanwältin Letitia James machte bei der Kundgebung publik, dass sie selbst vor rund 20 Jahren einen Schwangerschaftsabbruch habe vornehmen lassen. Auf Plakaten stand unter anderem „Frauenfeindlichkeit tötet mehr Menschen als Abtreibung“ oder „Stoppt den Krieg gegen Frauen“.

Vizepräsidentin Harris kritisierte auf einer Konferenz in Washington den Entwurf der Urteilsbegründung der Richter. „Wie können sie es wagen, zu versuchen, Frauen ihre Rechte und Freiheiten zu verweigern“, sagte sie. Die Rechte der Frauen in den USA würden angegriffen. „Lasst uns mit allem, was wir haben, kämpfen“, forderte sie.

Am Montagabend hatte das Magazin Politico den Entwurf einer Urteilsbegründung des Obersten US-Gerichts veröffentlicht, wonach das liberale Abtreibungsrecht des Landes gekippt werden soll. Das Dokument löste in der Regierung des demokratischen US-Präsidenten Joe Biden und in liberalen Teilen der Bevölkerung heftige Empörung aus.

Der Supreme Court bestätigte zwar inzwischen die Authentizität des Entwurfs, betonte aber, dass es sich weder um die finale Entscheidung noch um die endgültige Position irgendeines Richters handele.

Supreme Court sucht Informationsleck

Mit einer endgültigen Entscheidung des Gerichts wird in den nächsten zwei Monaten gerechnet. Es wurde zudem eine Untersuchung eingeleitet, um herauszufinden, wie der Entwurf an die Öffentlichkeit gelang. „Dies war ein einzigartiger und ungeheuerlicher Vertrauensbruch, der einen Affront gegen den Gerichtshof und die hier arbeitenden Staatsdiener darstellt“, kritisierte der Vorsitzende Richter John Roberts.

Die Demokraten schrieben in einer Mail an Unterstützer, bei den Kongresswahlen im November gehe es auch um das Abtreibungsrecht. Die Partei warb um Spenden. „Wir werden mit allem, was wir haben, zurückschlagen, um sicherzustellen, dass die Republikaner für die unerbittlichen Angriffe ihrer Partei geradestehen müssen, aber wir können das nicht ohne Sie tun“, hieß es in dem Schreiben. Umfragen zufolge könnte die Mehrheit der Demokraten im Repräsentantenhaus und im Senat gefährdet sein.

Inmitten der hitzigen Debatte unterzeichnete Oklahomas Gouverneur Kevin Stitt ein Gesetz zur drastischen Verschärfung der Regelungen in dem Bundesstaat. Der Republikaner schrieb am Dienstag auf Twitter zur Begründung, die vier Millionen Menschen in seinem Bundesstaat seien mit großer Mehrheit für den Schutz des ungeborenen Lebens.

Oklahoma geht texanischen Weg

Das „Herzschlag-Gesetz“ Oklahomas ähnelt einer hoch umstrittenen Regelung aus dem Bundesstaat Texas. Es verbietet Schwangerschaftsabbrüche, sobald ein Arzt bei einem Embryo oder Fötus den Herzschlag feststellen kann. Das kann bereits nach rund sechs Wochen sein, wenn manche Frauen noch nicht wissen, dass sie schwanger sind. Das Gesetz erlaubt auch Zivilklagen gegen Personen, die Abtreibungen vornehmen oder Frauen dabei wissentlich unterstützen.

Gouverneur Stitt hatte erst im letzten Monat ein Gesetz unterzeichnet, wonach eine Abtreibung in Oklahoma mit bis zu zehn Jahren Haft und einer Geldbuße von bis zu 100 000 US-Dollar geahndet werden kann. Ausnahmen sollen nur gelten, wenn das Leben der werdenden Mutter aufgrund der Schwangerschaft akut in Gefahr ist. Die vorgesehenen Strafen drohen nicht den Schwangeren, sondern dem medizinischen Personal, das Abtreibungen vornimmt. Kritiker gehen US-Medienberichten zufolge juristisch gegen beide Gesetze in Oklahoma vor.

Konservative Politiker versuchen seit langem, das als Roe v. Wade bekannte Grundsatzurteil von 1973 zu kippen. Bidens Vorgänger Donald Trump und seine Republikaner im Senat konnten während seiner Amtszeit drei Richter am Supreme Court platzieren, weswegen momentan sechs der neun Richter als konservativ gelten.

Mehrere republikanisch regierte Bundesstaaten haben seither die Abtreibungsregelungen verschärft – in der Hoffnung, dass sie vor dem Supreme Court Bestand haben. Es gibt in den USA kein landesweites Gesetz, das Abtreibungen erlaubt oder verbietet. Auf Grundlage des Roe v. Wade-Urteil sind Abtreibungen in den USA aber mindestens bis zur Lebensfähigkeit des Fötus erlaubt – heute etwa bis zur 24. Woche.

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.