Blick auf den ländlichen Raum: Forschen in Feld, Wald und Meer

Das Thünen-Institut in Braunschweig gehört zu den großen Ressort-Forschungseinrichtungen. Im Gegensatz zum Robert-Koch-Institut kennt es kaum jemand.

Ein Schaf auf einem Deich

Wie entwickelt sich Natur, in einer vom Menschen geprägten Landschaft? Foto: Arthur Mazi/Unsplash

HANNOVER taz | Bodenständiger kann Forschung eigentlich nicht sein: Am „Johann Heinrich von Thünen-Institut, Bundesforschungsinstitut für Ländliche Räume, Wald und Fischerei“, wie es offiziell und mit vollem Namen heißt, wird zu grundlegenden Fragen der Agrar-, Forst- und Fischereipoltik geforscht. Die Ressortforschungseinrichtung gehört zum Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft.

„Der Vorteil ist, dass man hier wirklich grundlegende Forschung betreiben und Langzeitperspektiven entwickeln kann. Das ist anders, als wenn man ausschließlich auf Drittmittel angewiesen ist und immer sehen muss, welches Thema ist gerade in Mode, für was bekomme ich Geld“, sagt Patrick Küpper, der im Institut für Lebensverhältnisse in ländlichen Räumen beschäftigt ist.

Wobei die Wünsche und Begehrlichkeiten aus der Politik natürlich manchmal andere sind: „Wenn die Beratung aus fachlichen Gründen nicht machbar erscheint oder beim Empfänger keine Ergebnisoffenheit vorliegt, sollten Beratungsaufträge modifiziert oder abgelehnt werden“, heißt es in den Thünen-Leitlinien. Oder auch: „Methoden und Ergebnisse werden dokumentiert, auch wenn sie den Erwartungen und Interessen der Auftraggeber nicht entsprechen.“

Politikberatung ist eben auch kein ganz einfaches Geschäft, für das Thünen-Institut aber Kern der Arbeit. Das Institut versteht sich als Zulieferer von Daten, Fakten und Erkenntnissen, die gute politische Entscheidungen ermöglichen sollen. Dabei arbeitet es interdisziplinär und deckt mit seinen 15 Fachinstituten ein gewaltiges Spektrum ab.

Schlüsselthemen für die Zukunft

Viele arbeiten dabei an Schlüsselthemen für die Zukunft: Wie reagieren Ökosysteme, wie der Wald oder das Meer auf den Klimawandel? Wie können nachwachsende Rohstoffe effizient genutzt werden? Aber auch: Wie können ländliche Räume mit den Herausforderungen durch den demographischen Wandel, durch Zu- oder Abwanderungen umgehen?

Die Zentrale des Thünen-Instituts sitzt in Braunschweig, hier sind auch die Institute beheimatet, die sich mit Lebensverhältnissen in ländlichen Räumen, Agrartechnologie, Biodiversität und Agrarklimaschutz befassen. In Höxter ansässig ist außerdem das Institut für Innovation und Wertschöpfung in ländlichen Räumen. Dazu kommen Institute, die sich mit Forstwirtschaft und dem Ökosystem Wald befassen in Hamburg-Lohbrügge, Eberswalde und an kleineren Standorten in Schleswig-Holstein und Brandenburg. An der Küste in Bremerhaven und Rostock angesiedelt sind die Institute für Seefischerei, Fischereiökologie und Ostseefischerei.

Benannt ist das Institut, das in dieser Form auch erst 2008 aus verschiedenen Bundesforschungseinrichtungen hervorging, nach dem Ökonomen und Agrarwissenschaftler Johann Heinrich von Thünen. Der gilt als deutscher Pionier der angewandten Agrarforschung, tat sich aber auch als Sozialreformer hervor. 1783 in Canarienhausen (Friesland) geboren, betrieb er von 1809 bis 1850 das Gut Tellow in Mecklenburg. Von Thünen vereinte eine Ausbildung als praktischer Landwirt mit einem großen akademischen Interesse an Mathematik und Ökonomie.

Sein Hauptwerk „Der isolierte Staat in Bezug auf Landwirtschaft und Nationalökonomie“ von 1826 galt lange als wegweisend. Er versuchte darin zu modellieren, wie die „unsichtbare Hand des Marktes“ dafür sorgt, dass sich landwirtschaftliche Betriebe in bestimmten Gebieten ansiedeln. Mit fortschreitendem Alter und unter dem Eindruck der 1848-Revolution widmete sich von Thünen zunehmend der sozialen Frage und setzte in seinem Betrieb ein Gewinnbeteiligungsmodell in Kraft, das Züge der später entstehenden Sozialversicherung vorwegnahm.

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