Zahlen des Kinderhilfswerks Unicef: Mehr Kinder-Zwangsehen durch Dürre

Das extreme Wetter verschärft die Armut: Eltern in Äthiopien hoffen auf Mitgift und ein besseres Leben für ihren Nachwuchs.

Ein Kind trägt einen Wasserkanister in einer kargen landschaft

Äthiopien im April 2022: im Camp Higlo leben Menschen, die durch die Dürre vertrieben wurden Foto: Tiksa Negeri/reuters

BERLIN taz | Hunger, Durst, Armut, Vertreibung: Die Folgen der extremen Dürre treiben mehr äthiopische Familien dazu, ihre minderjährigen Kinder in Ehen zu zwingen, warnt Unicef, das Kinderhilfswerk der Vereinten Nationen.

„Die Schließung von Kinderehen nimmt in Dürrezeiten oft zu, weil Familien ihre Töchter in der Hoffnung verheiraten, dass diese so besser ernährt und beschützt werden, auch geht es um die Mitgiften“, sagte Catherine Russell, Chefin des Kinderhilfswerks der Vereinten Nationen bei einem Besuch in der äthiopischen Region Somali.

Laut Daten, die Unicef von verschiedenen Lokalregierungen gesammelt hat, kam es etwa in der Region Oromia zwischen Februar und August vergangenen Jahres zu 672 Fällen, während die Zahl von September bis März dieses Jahres bei 2.282 lag.

Weil drei Regensaisons nacheinander ausgefallen sind, leidet Nordostafrika unter einer der schlimmsten Dürren seit Jahrzehnten, warnt Unicef. Zehn Millionen Kinder benötigten Unterstützung bei der bloßen Lebenserhaltung. 1,7 Millionen Kinder seien akut unterernährt. Armut und Hunger sind in der Region zwar sonst auch ein Problem, laut Unicef hat sich das Problem aber stark verschärft. Diesen Februar habe die Zahl der unterernährten Kinder unter fünf Jahren 15 Prozent höher gelegen als noch im Februar des Vorjahres.

Niederschlag in Nordostafrika nimmt im Schnitt ab

Neben dem Hunger ist auch der Mangel an sauberem Trinkwasser ein Problem. „Kinder sind gezwungen, kontaminiertes Wasser zu trinken und leiden so unter erhöhtem Risiko, sich mit Cholera und anderen tödlichen Krankheiten anzustecken“, warnte Russel.

Die Folgen der Dürre in Äthiopien seien verheerend, sagte sie. „In der Somali-Region, eine der am schlimmsten von er Dürre betroffenen Regionen des Landes, habe ich Kinder und Familien getroffen, die buchstäblich alles verloren haben. Ihr Vieh ist gestorben und jetzt haben sie keine Einkommensquelle mehr. Sie können ihre Kinder nicht ernähren und ziehen umher auf der Suche nach Essen und Wasser.“

Extremes Wetter nimmt mit dem Klimawandel zu. Anders als bei Hitzewellen, die mittlerweile praktisch immer durch die Erderhitzung verstärkt werden, ist der Zusammenhang bei Dürren komplizierter. Für die äthiopische Dürre liegt noch keine Einzelfallstudie vor. Eine solche Studie zur extremen Dürre in Madagaskar hatte im vergangenen Dezember ergeben, dass die Trockenheit nicht nennenswert vom Klimawandel beeinflusst wurde. Kern des Problems war in diesem Fall eher die natürliche Wettervariabilität, für die dramatischen Folgen war vor allem die herrschende Armut verantwortlich.

Generell warnt der Weltklimarat aber davor, dass in vielen Regionen auf der Welt Dürren intensiver werden könnten. In Nordostafrika haben Messungen bereits ergeben, dass es durchschnittlich weniger Niederschlag gibt als früher.

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