Digitale Transformation der Arbeitswelt: „Mismatch“ auf dem Jobmarkt

Die Arbeitswelt wird sich verändern. Ein Gutachten sieht die Gefahr, dass neue Ungleichheiten entstehen und alte verstärkt werden.

Fraumit rot lackierten Nägeln bedient eine Computermaus

Sicherer Arbeitsplatz? Foto: Jose Carlos Ichiro/imago

BERLIN taz | Bankkaufleute haben einen unsicheren Job, Kran­ken­pfle­ge­r:in­nen hingegen nicht: Die digitale Transformation wird die Arbeitswelt verändern und könnte neue Ungleichheiten hervorbringen sowie alte verstärken. Dies geht aus einem am Donnerstag vorgestellten Gutachten des Wissenschaftlichen Beirats des Bundesministeriums für Wirtschaft und Klimaschutz (BMWK) zur „Zukunft der Arbeit in der digitalen Transformation“ hervor.

Angst vor einer technologisch bedingten Massenarbeitslosigkeit müsse man in Deutschland nicht haben, dagegen spreche allein schon die demografische Entwicklung, sagte Klaus Schmidt, Vorsitzender des Beirats. Die Gut­ach­te­r:in­nen rechnen aber mit einem „Mismatch“ auf dem Arbeitsmarkt. Das heißt, es wird – auch bedingt durch die Alterung – einerseits einen Fachkräftemangel geben und andererseits eine Arbeitslosigkeit derjenigen, deren Ausbildung nicht mehr zu den angebotenen Jobs passt. Dieser „Mismatch“ könne qualifikatorisch und regional bedingt sein, sagte Jens Südekum, der das Gutachten federführend betreut hat.

Die Digitalisierung könne tendenziell die Schaffung von Arbeitsplätzen in den Städten begünstigen, während die durch Technologie ersetzbaren Arbeitsplätze sich eher in Regionen abseits der Metropolen finden, heißt es in dem Gutachten. Das ökonomische Stadt-Land-Gefälle habe in Deutschland spürbar zugenommen, und dieser Trend könne sich durch die digitale Transformation „weiter verschärfen“, so das Papier. Inwieweit eine Tätigkeit durch Algorithmen ersetzbar ist, entscheidet dabei mit über die Arbeitsplatzsicherheit. Durch den verstärkten Einsatz von künstlicher Intelligenz könnten etwa auch Jobs in den Mittelschichtmilieus, wie beispielsweise in Banken und Versicherungen, wegfallen, heißt es weiter.

Auf der Plattform des sogenannten Job-Futuromats des Nürnberger IAB-Instituts wird angegeben, inwieweit Technologien bestimmte Tätigkeiten ersetzen können. Bei Bankkaufleuten etwa ist die Tätigkeit laut Futuromat zu 88 Prozent durch Algorithmen ersetzbar, bei Pa­ket­bo­t:in­nen zu 50 Prozent, bei Kran­ken­pfle­ge­hel­fe­r:in­nen hingegen nur zu 25 Prozent. In den niedrigqualifizierten Dienstleistungsjobs konkurrieren viele Arbeitskräfte, deren Qualifikation oder Sprachkenntnisse nicht oder nicht mehr für hochqualifizierte Jobs ausreichen. Auch deswegen sind die Löhne dort entsprechend gering.

Südekum schlug vor, in Deutschland „flächendeckend“ ein Weiterbildungssystem zu etablieren, ähnlich wie die berufliche Lehre, indem man auch in höherem Alter noch „starke Bildungszertifikate“ erwerben könne. Das Bundesarbeitsministerium wies am Donnerstag auf den Ausbau von regionalen „Weiterbildungsverbünden“ hin, über die etwa mittelständische Unternehmen der Autoindustrie beraten werden können, um Weiterbildungsmaßnahmen zu entwickeln.

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