Nach pro-palästinensischer Demo: Scharfe Kritik an Polizei

Die Journalistengewerkschaft reagiert empört über den Ausschluss von Berichterstattern bei dem Protest am Samstag in Berlin.

Menschen zeigen Plakate auf einer Demo

Teilnehmende bei dem Protest am Samstag in Berlin Foto: imago

Berlin epd/dpa Die Deutsche Journalistinnen- und Journalisten-Union (dju) hat nach dem Ausschluss Medienschaffender von einer pro-palästinensischen Demonstration in Berlin schwere Vorwürfe gegen die Polizei erhoben. Die dju-Bundesgeschäftsführerin Monique Hofmann bezeichnete das Vorgehen der Polizei am Montag als „skandalös“. Die Berliner Polizei sei ihrer Aufgabe nicht nachgekommen, freie Berichterstattung zu gewährleisten.

Der Vorfall vom vergangenen Samstag müsse unbedingt aufgearbeitet werden, forderte Hofmann: „Wir brauchen eine Klarstellung seitens der Innensenatorin, dass Journalisten keine Teilnehmer von Versammlungen sind.“

Die Berliner Polizei hatte bei der Demonstration nach eigenen Angaben zwei Pressevertreter „zu deren Schutz“ zunächst an den Rand der Demonstration gebracht. Nach deren Rückkehr in den Demonstrationszug und neuerlichen Konflikten habe der Versammlungsleiter die beiden Personen ausgeschlossen.

Die Polizei habe die Medienvertreter offenbar als Teilnehmer eingestuft und sie „unter dem Vorwand, sie zu schützen“ aus der Versammlung herausgenommen, kritisierte Hoffmann. Damit habe sie die Journalisten dabei behindert, sich ein umfassendes Bild der Vorgänge zu verschaffen. Überdies hätten die Betroffenen die Versammlung nicht gestört, sondern lediglich darüber berichtet.

Die Polizeibehörden hatten ihr Vorgehen unter Hinweis auf das Berliner Versammlungsfreiheitsgesetz gerechtfertigt. Demnach „darf die Versammlungsleitung Personen, die die Ordnung der Versammlung erheblich stören, aus der Versammlung ausschließen. Wer aus der Versammlung ausgeschlossen wird, hat sich unverzüglich zu entfernen.“

Der Sprecher des Deutschen Journalisten-Verbands (DJV), Hendrik Zörner, betonte am Montag, dies gelte nur für Versammlungen in privaten Räumen. Bei Versammlungen im öffentlichen Raum gebe es kein entsprechendes Hausrecht.

Journalisten seien keine Versammlungsteilnehmer, erklärte auch der DJV-Vorsitzende Frank Überall: „Als solche können sie nicht ausgeschlossen werden.“

Versammlungsleiter könnten viele Wünsche äußern, sagte Überall. Im Fall von Demonstrationen müsse jedoch „juristisch fein unterschieden werden“ zwischen Teilnehmenden und Journalisten. Er forderte eine Aufklärung der Darstellung der Polizei, nach der der Ausschluss rechtens war. „Wenn Gefahr besteht, müssen verschiedene Rechtsgüter abgewogen, werden. Pressefreiheit ist ein starkes Recht“, mahnte Überall.

„Wo wir nicht mehr die Möglichkeit haben zu berichten, stirbt ein Stück Demokratie“, warnte der DJV-Vorsitzende. Ärger über Berichterstattung sei menschlich nachvollziehbar. Man müsse aber „in einer Demokratie unterschiedliche Ansichten und Darstellungen aushalten“.

Laut Medienberichten hatten am Samstag in Berlin bis zu 500 Menschen in Solidarität mit Palästina und gegen Israel demonstriert. Aus dem Demonstrationszug heraus sei wiederholt „Stoppt die Waffen, stoppt den Krieg, Intifada bis zum Sieg“ skandiert worden. Die Dokumentations- und Analyseplattform „Democ“ berichtete zudem von antisemitischen Äußerungen wie „Drecksjude“. Das hatte breite Empörung ausgelöst.

Am Montag wertete die Polizei Videos aus, um mögliche Täter zu identifizieren, wie ein Sprecher erklärte. Er wies Kritik daran zurück, dass insbesondere die Demonstration am Samstag in Neukölln nicht beendet worden sei. Es komme darauf an, ob die antisemitischen Rufe und Parolen von Einzelnen, Gruppen oder aus einer ganzen Demonstration heraus erfolgten, so der Polizeisprecher.

Mit Dolmetscher vor Ort

Man habe die Situation vor Ort beobachtet und eigens einen Dolmetscher dabei gehabt, der arabische Parolen übersetzt habe. Anderseits könne die Polizei bei einer Demonstration mit vielen Hundert Teilnehmern nicht alles sehen und hören. Auch am 1. Mai werde die Polizei mögliche antisemitische Plakate oder Parolen aus dem ersten Block der linken Gruppe „Migrantifa“ sehr genau im Auge haben. Im vergangenen Jahr waren in dem Demonstrationsblock junger Migranten antisemitische Vorfälle beobachtet worden.

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