Sicherheitsvertrag China und Salomonen: „Klein-Kuba vor Australiens Küste“

China sichert sich Rechte in den Salomonen und löst in Australien und Neuseeland Ängste aus. Die USA sehen ihre geostrategische Interessen berührt.

Solomonen-Premier Manasseh Sogavare und Chinas Präsident Xi Jinping bei einem Treffen 2019 Foto: Imago

BERLIN taz | Die südpazifischen Salomonen und China haben ein umstrittenes Sicherheitsabkommen unterzeichnet. Das bestätigte der salomonische Premierminister Manasseh Sogavare am Mittwoch in der Hauptstadt Honiara. Schon am Vortag hatte Chinas Außenamtssprecher die Unterzeichnung bekannt gegeben.

Doch beide sagten weder wann und wo das Abkommen geschlossen wurde, noch machten sie Angaben zu dessen Details. Berichten zufolge sollen Inhalte nur mit gegenseitiger Zustimmung genannt werden dürfen.

Auffällig ist, dass die Unterzeichnung so kurz vor dem für diesen Donnerstag geplanten Besuch des Indo-Pazifik-Koordinators im Nationalen US-Sicherheitsrat, Kurt Campbell, bekanntgegeben wurde. Die USA hatten erst kürzlich angekündigt, ihre vor einigen Jahren geschlossene Botschaft wieder eröffnen zu wollen.

Bisher waren Beobachter noch von einer späteren Unterzeichnung des Abkommen zwischen Peking und Honiara ausgegangen worden. Das hatte dazu geführt, dass auch andere Regierungen noch versuchen wollten, Sogavare umzustimmen: Erst kürzlich hatte Australiens Entwicklungsministerin deshalb Honiara besucht.

Entwurf geleakt

Ein Entwurf des Abkommens war in den Salomonen Ende März in sozialen Medien geleakt worden. Er löste innenpolitische Proteste und regionale Sorgen aus. Unklar ist, wieweit der damalige Entwurf identisch mit dem jetzt geschlossenen Abkommen ist.

Laut dem Entwurf werde chinesischen Schiffen das Recht eingeräumt, Häfen der Salomonen anzulaufen, um dort versorgt zu werden. Zudem soll Peking auf Anforderung Honiaras bewaffnete Kräfte in den Inselstaat entsenden dürfen.

Dies führte insbesondere bei Australien, Neuseeland und den USA zur Sorge, dass bald chinesische Truppen auf den strategisch gelegenen Salomonen stationiert werden könnten. Sie galten bisher als Teil des australischen Hinterhofes. Doch die Beziehungen zwischen Canberra und Peking sind schon seit einiger Zeit auf einem Tiefpunkt.

„Wir wollen nicht unser kleines Kuba vor unserer Küste haben“, sagte Australiens Vizepremier Barnaby Joyce in Anspielung an die Kuba-Krise. In Australien fürchtet man, dass Chinas Militär samt Schiffen und Raketen dort bis auf 2.000 Kilometer heranrücken könnte.

Der salomonische Premier Sogavare wies solche Ängste am Mittwoch erneut zurück. Das Abkommen sei im „nationalen Interesse“ seines Landes, sagte er. Es trage zur Pluralisierung der Außen- und Sicherheitsbeziehungen bei. Eine Stationierung chinesischer Truppen sei nicht geplant, erklärte er zum wiederholten Male.

Neuseeland nennt Abkommen „unnötig“

Neuseelands Außenministerin Nanaia Mahuta nannte das Abkommen „unwillkommen und unnötig“. Sie sei enttäuscht, dass die Salomonen sich für ihre Sicherheit an eine Macht außerhalb der Region gewandt haben. Sie füchtet, dass es diese destabilieren könne.

Sogavare konnte mit seiner Beschwichtigungen auch den salomonischen Oppositionsführer Matthew Wale nicht überzeugen. Der fürchtet sogar, dass chinesische Sicherheitskräfte eines Tages innenpolitisch eingesetzt werden könnten.

In den Salomonen gibt es seit Jahren ethnisch-soziale Spannungen zwischen den Bewohnern der beiden Hauptinseln Guadalcanal und Malaita. Zwischen 1998 und 2003 sind dabei rund 200 Menschen zu Tode gekommen. Erst einer australischen Militärintervention gelang eine brüchige Befriedung.

Doch im letzten November entluden sich erneut Spannungen mit Gewalt. Hintergrund war der umstrittene außenpolitische Schwenk von Sogavare in der Ein-China-Politik. Er ließ den bisherigen Verbündeten Taiwan fallen, um dafür volle diplomatische Beziehungen mit Peking aufzunehmen.

China traniert jetzt salomonische Polizisten

Dies wurde in Malaita, das besonders von taiwanischer Hilfe profitierte, abgelehnt. Taipeh und Peking sollen jeweils mittels Dollardiplomatie um die Gunst der 700.000 Einwohner der Salomonen gebuhlt habe.

Bei der Gewalt im November, die sich an der China-Frage entzündet hatte und erst wieder von australischen und neuseeländischen Sicherheitskräften beendet werden konnte, gingen überwiegend chinesische Geschäfte in Flammen auf. Vier Personen starben.

Seitdem schulen von China entandte Ausbilder lokale Polizisten in Aufstandsbekämpfung. Doch die Opposition fürchtet, dass diese Polizisten eines Tages auch gegen sie eingesetzt werden könnten.

Dass die Salomonen, deren nördlicher Teil einst zur Kolonie Deutsch-Neuguinea gehörte, nicht so abgeschieden liegen, wie es auf den ersten Blick aus Europa scheint, zeigt die Geschichte: Wegen der geostrategischen Lage der Inselgruppe fand auf Guadalcanal 1942/43 zwischen Japan und den USA eine der entscheidenden Schlachten des Pazifikkriegs statt.

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