+++ Nachrichten zum Ukrainekrieg +++: Russland bietet Verhandlungen an

Kreml-Sprecher Peskow spricht von „klaren und ausgefeilten Formulierungen“. Laut Peskow gibt es keine Frist. Wann verhandelt werden könnte, ist unklar.

Mann legt Blumen an den Stacheldrahtzahn der ukrainischen Botschaft in Moskau ab

Ein Mann legt Blumen an der ukrainischen Botschaft in Moskau ab Foto: Gavrili Grigorov/Tass

Russland bietet Ukraine Verhandlungen an

Russland setzt seine Luftangriffe in der Ukraine unvermindert fort und bietet dem angegriffenen Nachbarland zugleich schriftlich neue Verhandlungen an. „Jetzt wurde der ukrainischen Seite unser Entwurf des Dokuments übergeben, der absolut klare und ausgefeilte Formulierungen beinhaltet“, sagte Kremlsprecher Dmitri Peskow der Agentur Interfax zufolge. Angaben zum Inhalt machte er nicht.

Wann es neue Verhandlungen zwischen Russland und der Ukraine geben könnte, ist noch offen. Peskow erklärte, es gebe zwar keine Frist, bis wann Kiew auf das Angebot antworten müsse. Doch zugleich machte er deutlich, dass Moskau mit dem bisherigen Verhandlungstempo unzufrieden sei. „Wir haben schon mehrmals gesagt, dass die Dynamik der Arbeit der ukrainischen Seite zu wünschen übrig lässt“, sagte Peskow. Nun sei „der Ball auf der Seite“ der Ukrainer.

Die Verhandlungen zwischen Moskau und Kiew hatten am 28. Februar begonnen, vier Tage nach dem von Russlands Präsident Wladimir Putin befohlenen Angriff auf die Ukraine. Russland forderte bisher unter anderem die Neutralität der Ukraine und die Abtretung der Gebiete Donezk und Luhansk sowie die Anerkennung der Halbinsel Krim als russisch. Kiew lehnt es kategorisch ab, auf eigenes Staatsgebiet zu verzichten. (dpa)

Saskia Esken trifft ukrainischen Botschafter

Die SPD-Co-Vorsitzende Saskia Esken und der ukrainische Botschafter Andrej Melnyk haben sich am Mittwoch zu einem rund einstündigen Gespräch getroffen. Aus Teilnehmerkreisen heißt es danach nur, dass Vertraulichkeit vereinbart worden sei, es aber ein „angenehmes und zugewandtes“ Gespräch gewesen sei. Man wolle weiter im guten Austausch bleiben. Melnyk hatte der SPD zuvor zu große Russland-Nähe und der Bundesregierung eine zu zögerliche Haltung etwa bei Waffenlieferungen an sein Land vorgeworfen. (rtr)

Selenski: Vormarsch auf Slowjansk gestoppt

Ukrainische Truppen haben nach Angaben eines Beraters von Präsident Wolodimir Selenski den Vormarsch russischer Truppen auf die Stadt Slowjansk gestoppt. Die russischen Einheiten seien aus der nordöstlich gelegenen Stadt Isjum gekommen, erklärt Berater Olexij Arestowytsch in einer Videoansprache. „Sie haben ihre Kräfte dort konzentriert. Dort versuchen sie voranzukommen, aber bisher gelingt es ihnen nicht.“ In der eingekesselten Hafenstadt Mariupol hielten ukrainische Soldaten trotz anhaltender Angriffe auf das Stahlwerk Asowstal aus, sagt Arestowytsch weiter. (rtr)

UN: Mehr als fünf Millionen Menschen verlasen Ukraine

Seit Beginn der russischen Invasion am 24. Februar sind nach Angaben der Vereinten Nationen inzwischen mehr als fünf Millionen Menschen aus der Ukraine geflohen. Das UN-Flüchtlingshilfswerk UNHCR beziffert die Zahl der ukrainischen Kriegsflüchtlinge im Ausland am Mittwoch auf 5.010.971. (rtr)

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Baerbock: Gepanzerte Fahrzeuge für Ukraine „kein Tabu“

Bundesaußenministerin Annalena Baerbock hält deutsche Lieferungen von gepanzerten Fahrzeugen an die Ukraine grundsätzlich für möglich. „Das ist auch für uns kein Tabu, auch wenn es in der deutschen Debatte manchmal so klingt“, sagte Baerbock am Mittwoch in Riga. Es sei mittlerweile klar geworden, dass der russische Präsident Wladimir Putin vor nichts halt mache. Daher sei für sie klar: „Ein Ende dieses Krieges wird es nur geben, wenn die Ukraine es erzwingt und erkämpft“, sagte die Grünen-Politikerin. Daher müsse der Ukraine alles zur Verfügung gestellt werden, was sie zur Verteidigung brauche.

Für die Bundesregierung sei zugleich aber auch klar, dass ein Land allein durch Waffenlieferungen nicht zur Kriegspartei werde, sagte Baerbock nach Beratungen mit dem lettischen Außenminister Edgars Rinkevics. Deutschland könne nach Angaben der Bundeswehr derzeit nicht mehr liefern, betonte die Ministerin. Wo andere Partner jetzt allerdings Artillerie liefern könnten, werde Deutschland mit Ausbildung und Wartung helfen. Zugleich verwies sie auf eine Art „Ringtausch“: Partner mit schweren Waffen sowjetischer Bauart im Depot sollten diese liefern, Deutschland werde dann dafür sorgen, dass diese Waffen bei den Alliierten wieder aufgefüllt würden. (rtr)

„Alles geliefert, was Bundeswehr entbehren kann“

Die Bundesregierung sieht keine Möglichkeiten mehr, aus den Beständen der Bundeswehr Waffen an die Ukraine zu liefern. Deshalb müsse man andere Wege etwa über die Finanzierung von Käufen bei der Rüstungsindustrie gehen, sagt Regierungssprecher Steffen Hebestreit. „Die Bundeswehr hat alles geliefert, was sie entbehren kann.“ Hebestreit verweist auf Gespräche mit der Ukraine und der Industrie, was geliefert werden soll und kann. Es gebe keine Verzögerung von Waffenlieferungen von deutscher Seite, betont er. (rtr)

EU-Ratspräsident Charles Michel zu Besuch in Kiew

EU-Ratspräsident Charles Michel ist überraschend zu einem Besuch in der ukrainischen Hauptstadt Kiew eingetroffen. „In Kiew heute“, twittert Michel und veröffentlichte dabei ein Foto, dass ihn an einem Bahnhof zeigt. „Im Herzen eines freien und demokratischen Europas“, schreibt er weiter. Der Besuch war nicht angekündigt. Erst kürzlich war auch EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen nach Kiew gereist, um der Ukraine die Unterstützung der Europäischen Union im Kampf gegen die russische Invasion zu bekräftigen. (rtr)

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Luftwaffe holt weitere Kriegsverletzte nach Deutschland

Die Bundeswehr will weitere kriegsverletzte Ukrainer zur Behandlung nach Deutschland bringen. Dazu startete am Mittwoch ein Evakuierungsflug von Köln zum Flughafen der polnischen Stadt Rzeszow, wie die Deutsche Presse-Agentur erfuhr. Mit dem Spezialflugzeug A310 MedEvac sollen – wie schon Anfang vergangener Woche – Kinder und Erwachsene ausgeflogen werden, um in Deutschland schwerste Verletzungen besser medizinisch versorgen zu können.

Der A310 MedEvac ist die fliegende Intensivstation der Luftwaffe. Verletzte werden in der Luft von Sanitätssoldaten weiterbehandelt. In der Vergangenheit waren auch verwundete ukrainische Soldaten nach Deutschland gebracht worden. Außerdem gab es zivile Hilfstransporte. Die Stadt Rzeszow liegt rund 90 Kilometer von der ukrainischen Grenze entfernt und ist ein wichtiges Drehkreuz für die Unterstützung der Ukraine. (dpa)

Panzer, um den Soldaten stehen

20. April 2022: Ein Airbus A310 MedEvac der Bundeswehr startet vom Flughafen Köln/Bonn Foto: Jalub Szymczak Kprp/rap

🐾 Vertrauen dauerhaft zerstört

Die Stiftung für Klima- und Umweltschutz MV könnte die Landeschefin zu Fall bringen. Mitgetragen haben sie aber auch Union und Linke. Den Kommentar unseres Redakteurs Malte Kreutzfeldt lesen Sie hier. (taz)

Noch mindestens 100.000 Zi­vi­lis­t:in­nen in Mariupol

Die Ukraine hofft, am Mittwoch 6.000 Frauen, Kinder und ältere Menschen aus dem eingeschlossenen Mariupol herauszubringen. Dazu sollten 90 Busse nach Mariupol geschickt werden, sagt Bürgermeister Wadym Boischenko, der selbst die Stadt verlassen hat. Es befänden sich noch etwa 100.000 Zivilisten in der südostukrainischen Hafenstadt am Asowschen Meer. Zehntausende seien bei der Belagerung durch russische Truppen ums Leben gekommen. (rtr)

Ukrainische Truppen in Mariupol bitten um Evakuierung

In einem dramatischen Appell hat der ukrainische Kommandeur der verbliebenen Marineinfanteristen in der schwer umkämpften Hafenstadt Mariupol um eine Evakuierung in einen Drittstaat gebeten. „Der Feind ist uns 10 zu 1 überlegen“, sagte Serhij Wolyna, Kommandeur der ukrainischen 36. Marineinfanteriebrigade, in einer am frühen Mittwochmorgen auf Facebook veröffentlichten einminütigen Videobotschaft. „Wir appellieren an alle führenden Politiker der Welt, uns zu helfen.“

Russland habe Vorteile in der Luft, bei der Artillerie, den Bodentruppen, bei Ausrüstung und Panzern, sagt Wolyna weiter. Die ukrainische Seite verteidige nur ein Objekt, das Stahlwerk Asowstal, wo sich außer Militärs noch Zivilisten befänden. Wolyna bittet, das „Verfahren der Extraktion“ anzuwenden und alle – das Militär der Mariupol-Garnison, mehr als 500 verwundete Kämpfer und Hunderte Zivilisten – auf dem Territorium eines Drittlandes in Sicherheit zu bringen. „Das ist unser Appell an die Welt“, sagte Wolyna. „Das könnte der letzte Appell unseres Lebens sein.“ (dpa)

Norwegen liefert 100 Luftabwehrrakten

Norwegen liefert der Ukraine rund 100 Luftabwehrraketen vom Typ Mistral. Die Waffen seien bereits verschifft worden, teilt das norwegische Verteidigungsministerium mit. (rtr)

Frankreich pocht auf Importstopp für russisches Erdöl

Frankreichs Wirtschaftsminister Bruno Le Maire pocht auf einen europäischen Importstopp für russisches Erdöl. Außer für den bereits verhängten Einfuhrstopp für Kohle aus Russland habe die Regierung von Präsident Emmanuel Macron diesen immer auch für Erdöl gefordert, sagte Le Maire am Dienstag dem Sender Europe 1. Denn die erste Devisenquelle von Kremlchef Wladimir Putin sei seit einigen Jahren nicht das Gas, sondern das Öl. Ohne die zögerliche Haltung einiger Länder wäre das Ölembargo längst in Kraft, meinte Le Maire, ohne die entsprechenden Länder beim Namen zu nennen. „Wir müssen unsere europäischen Partner noch überzeugen.“

Verdichterstation einer Erdgas-Pipeline

Eine Verdichterstation an einer Erdgaspipeline in Brandenburg Foto: Patrick Pleul/dpa

Wegen des russischen Angriffs auf die Ukraine hat die EU inzwischen einen Importstopp für russische Kohle beschlossen und weitere beispiellose Sanktionen verhängt. Immer wieder wird auch über einen sofortigen Ausstieg aus russischem Gas oder Öl diskutiert. Davor schrecken Deutschland und andere Länder aber aus Furcht vor wirtschaftlichen Schäden bislang zurück. So hatte etwa die chemische Industrie auf ihren großen Verbrauch von Öl und Gas verwiesen und vor schwerwiegenden Folgen für die Wertschöpfungsketten im Land gewarnt, sollte es zu längeren Ausfällen von Anlagen kommen. Etwa 95 Prozent aller Industrieerzeugnisse benötigten Chemieprodukte. (dpa)

Dänemark will sich vom russischen Gas unabhängig machen

Dänemark will sich mit Fernwärme, Wärmepumpen, Biogas und einem massiven Ausbau von Wind- und Solarenergie unabhängig von russischem Gas machen. Wie die dänische Regierung am Dienstag mitteilte, soll die Zahl der Solar- und besonders der Windanlagen bis 2030 vervierfacht werden. Bereits jetzt wird in dem skandinavischen Königreich die Hälfte des Stroms über Windenergie erzeugt.

Insgesamt heizen derzeit etwa 400.000 Haushalte in Dänemark mit Gas. Rund die Hälfte von ihnen soll bis 2028 auf Fernwärme oder Wärmepumpen umsteigen. Für die verbleibenden Haushalte und die Industrie sieht der Plan eine Entwicklung von Biogas aus erneuerbaren Quellen vor. Damit solle gewährleistet werden, dass Dänemark „frei von Putin“ werde, sagte der Minister für Klima und Energie, Dan Jörgensen.

Der Anteil von Gas am Energieverbrauch im Jahr liegt in Dänemark bei 18 Prozent. Die nationale Produktion deckte nach Angaben der dänischen Energieagentur 2019 knapp drei Viertel des Bedarfs. Russland gehörte zu den Hauptlieferanten bei den Importen.

Anfang März hatte die dänische Ministerpräsidentin Mette Frederiksen das Ziel ausgegeben, „so schnell wie möglich“ unabhängig von Gas aus Russland zu werden. Seit dem russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine versuchen die Mitgliedstaaten der Europäischen Union, Gas aus anderen Ländern zu beziehen. Russland liefert ungefähr 40 bis 45 Prozent des in die EU importierten Gases. (afp)

🐾 Nichts in der Pipeline

Welche Folgen hätte ein Gasembargo für Russland? Laut Experten ist das sibirische Gas zumindest mittelfristig kaum auf anderen Märkten zu verkaufen. Eine Analyse von taz-Redakteur Bernhard Pötter. (taz)

SPD-Chefin Esken: Bundeswehr kann nicht mehr liefern

SPD-Chefin Saskia Esken hat den Vorwurf der Zögerlichkeit ihrer Partei hinsichtlich der Lieferung schwerer Waffen an die Ukraine zurückgewiesen. Esken verwies am Dienstag im ZDF-Morgenmagazin darauf, dass die Bundesregierung bereits die Lieferung von Panzern aus NVA-Beständen aus Tschechien ermöglicht habe. Die Regierung arbeite weiter an der Liste der von der Ukraine genannten Waffen, betonte sie. „Wir werden alles versuchen, um Lieferungen auch möglich zu machen.“

Saskia Esken: Frau mit praktischem Kurzhaarschnitt steht an einem Rednerpult

Verweist bei Waffenlieferungen auf die Industrie und andere Länder: SPD-Chefin Saskia Esken Foto: Bernd von Jutrczenka/dpa

Die SPD-Vorsitzende verwies zugleich darauf, dass die Bundeswehr „aus eigenen Beständen nicht mehr lieferfähig“ sei. Es gebe aber andere Möglichkeiten, sagte Esken und nannte die Industrie sowie andere Partnerländer, die über in der Ukraine einsatzfähige Waffen verfügten.

Die Bundesregierung habe schon zu Beginn des russischen Angriffskriegs auf die Ukraine sowohl mit harten Sanktionen als auch mit Waffenlieferungen reagiert, sagte Esken. Diese seien immer wieder mit den europäischen Partnern und im transatlantischen Bündnis abgesprochen worden. Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) werde „auch heute wieder diese Gespräche führen, die notwendig sind, um die nächsten Schritte zu beraten“.

In der Ampelkoalition sind es vor allem Politikerinnen und Politiker von Grünen und FDP, die für die Lieferung schwerer Waffen plädieren. Die SPD ist hinsichtlich solcher Lieferungen eher skeptisch. Die Unionsfraktion erwägt nun, Scholz durch einen Antrag im Bundestag unter Druck zu setzen. (afp)

🐾 Japan übt Druck auf Russland aus

Japans Regierung nimmt überraschend viele ukrainische Geflüchtete auf. Zugleich treibt Premier Kishida die Abkehr vom Pazifismus voran. Den Bericht von taz-Korrespondent Martin Fritz lesen Sie hier. (taz)

Selenski: Erwartete russische Offensive hat begonnen

Im Osten der Ukraine hat nach den Worten des ukrainischen Präsidenten Wolodimir Selenski am Montag der erwartete russische Angriff begonnen. „Wir können jetzt sagen, dass die russischen Streitkräfte die Schlacht von Donbass begonnen haben, auf die sie sich lange vorbereitet haben“, sagte Selenski am Montagabend in einer Videoansprache. Schon in den Stunden zuvor hatte sich das Kommando der Streitkräfte ähnlich geäußert und auf zunehmenden Beschuss verwiesen. Stabschef Andrij Yermak sprach von einer „zweiten Phase des Krieges“, die jetzt begonnen habe. Auch die Kämpfe um die Hafenstadt Mariupol gingen weiter.

Der Sekretär des ukrainischen Sicherheitsrates, Alexej Danilow, sagte im Fernsehen, die russischen Streitkräfte hätten ab Montagmorgen fast entlang der gesamten Frontlinie in den östlichen Regionen Donezk, Luhansk und Charkiw versucht, die ukrainischen Verteidigungslinien zu durchbrechen.

Russland hat in den vergangenen Tagen seine Streitkräfte im Osten der Ukraine mit Truppen aufgestockt, die es aus dem Norden der Ukraine und dem benachbarten Weißrussland abgezogen hat.

Das Kommando der ukrainischen Streitkräfte erklärte, Russland konzentriere sich darauf, die Kontrolle über die Regionen Donezk und Luhansk zu übernehmen, die den als Donbass bekannten Landstrich bilden. „Die zweite Phase des Krieges hat begonnen. (…) Glaubt an unsere Armee, sie ist sehr stark“, schrieb Stabschef Yermak auf Telegram.

Ein Panzer im Wald, ukrainischer Soldat bedeckt ihn mit Ästen

Donbass: Ein ukrainischer Soldat bedeckt einen Schützenpanzer mit Ästen Foto: Diego Herrera/XinHua

Westliche Beobachter sagten zuletzt, es sei wohl nur noch eine Frage der Zeit, bis Russland eine neue Offensive im Osten der Ukraine starte. Russland war am 24. Februar in die Ukraine einmarschiert und hatte mehrere Städte unter Beschuss genommen, darunter auch die weiter westlich gelegene Hauptstadt Kiew. Anfang April waren die Kämpfe bei Kiew dann aber abgeebbt und die russischen Truppen formierten sich neu. Die Konzentration auf den Osten der Ukraine haben nach Einschätzung von Militäranalysten die Voraussetzungen für einen langwierigen Kampf geschaffen, der beiden Seiten schwere Verluste zufügen könnte.

Am Ostermontag hatte Russland seine Luftangriffe auf größere Städte nach Angaben der ukrainischen Behörden intensiviert. So wurden Raketeneinschläge in Lwiw gemeldet, bei denen sieben Menschen starben. Es seien die ersten zivilen Opfer in der Stadt im Westen des Landes gewesen, sagte Bürgermeister Andrij Sadowyj. Elf Personen seien verletzt worden. In Kiew berichtete ein Reuters-Reporter über mehrere Detonationen.

Die Lage in der eingekesselten und weitgehend zerstörten Hafenstadt Mariupol bezeichnete die Ukraine als extrem schwierig. Die Stadt sei aber noch nicht vollständig in russischer Hand. Auf dem Gelände des Stahlwerks Asowstal halten sich den Angaben zufolge noch ukrainische Soldaten verschanzt. Es sollen auch viele Zivilisten auf das Gelände geflohen sein. Die stellvertretende ukrainische Ministerpräsidentin Iryna Wereschtschuk rief Russland daher auf, dort schnell Fluchtkorridore zuzulassen. Eine Einnahme Mariupols wäre für Russland die erste größere Eroberung seit Beginn des Kriegs. Die Stadt am Asowschen Meer gilt als strategisch wichtig. Sie liegt zwischen den pro-russischen, selbst ernannten Volksrepubliken von Luhansk und Donezk und der von Russland 2014 annektierten Halbinsel Krim.

Zahlreiche Staaten sprechen von einem Angriffskrieg Russlands und Verbrechen gegen ukrainische Zivilisten. Die Regierung in Moskau bezeichnet ihr Vorgehen indes als Sondereinsatz zur Entmilitarisierung und Entnazifizierung und weist Vorwürfe zurück, Zivilisten anzugreifen. Über vier Millionen Menschen sind aus der Ukraine geflohen. Laut den Vereinten Nationen kamen seit Beginn des Krieges über 2.000 Zivilisten ums Leben. Über die Zahl der auf beiden Seiten getöteten Soldaten gibt es keine verlässlichen Angaben. (rtr)

🐾 Grüne in Erklärungsnot

In Rekordtempo legen die Grünen eine Kehrtwende hin. Sie sollten zu ihren früheren Falscheinschätzungen stehen. Den Kommentar von taz-Redakteurin Silke Mertins lesen Sie hier. (taz)

Nach Gräueltaten in Butscha: Putin ehrt russische Soldaten

Nach dem Abzug russischer Truppen aus der ukrainischen Stadt Butscha hat Präsident Wladimir Putin Soldaten geehrt, die dort im Einsatz waren. Der Kremlchef würdigte die 64. Motorschützenbrigade am Montag in Moskau für besondere Verdienste, Heldentum und Tapferkeit, wie der Kreml mitteilte. Die Bilder getöteter ukrainischer Zivilisten aus der Vorortgemeinde der Hauptstadt Kiew hatten Anfang des Monats rund um die Welt für Entsetzen gesorgt. Insgesamt wurden in Butscha mehr als 400 Leichen gefunden, teils mit auf den Rücken gebundenen Händen.

Die Ukraine wirft den russischen Soldaten deshalb schwerste Kriegsverbrechen vor. Der ukrainische Geheimdienst sprach von „Massenmord“, den die Angehörigen der 64. Motorschützenbrigade der 35. Armee der Russischen Föderation begangen hätten. Russland bestreitet, etwas mit den Gräueltaten zu tun zu haben. Inzwischen laufen internationale Ermittlungen. Es gibt zahlreiche Forderungen, die Verantwortlichen vor ein internationales Gericht zu stellen. (dpa)

Russische Behörden melden Beschuss

Gleichzeitig haben russische Behörden in der Region Belgorod an der Grenze zur Ukraine erneuten Beschuss aus dem Nachbarland beklagt. Getroffen worden sei diesmal das Dorf Golowtschino, es gebe Zerstörungen, eine Frau sei verletzt, teilte der Gouverneur des Gebietes Belgorod, Wjatscheslaw Gladkow, am Dienstag in seinem Kanal in dem sozialen Netzwerk Telegram mit. Die laut Behörden bereits mehrfach beschossene Region grenzt an das umkämpfte ukrainische Gebiet Charkiw.

Seit dem von Kremlchef Wladimir Putin am 24. Februar befohlenen Angriff Russlands auf die Ukraine kommt es in der Region Behörden zufolge immer wieder zu Zwischenfällen. Anfang April hatten den Angaben zufolge zwei ukrainische Kampfhubschrauber im Gebiet Belgorod auch ein Öllager beschossen und in Brand gesetzt. Die Ukraine hat das weder bestätigt noch dementiert. Russland hatte der Ukraine angesichts des Beschusses damit gedroht, in der Hauptstadt Kiew wieder verstärkt Kommandostellen für Raketenangriffe ins Visier zu nehmen. (dpa)

SPD trifft sich mit Melnyk

Nach erneut scharfer Kritik des ukrainischen Botschafters Andrij Melnyk an der Russlandpolitik der Sozialdemokraten hat sich die SPD-Spitze mit dem Diplomaten getroffen. „Gerade in Zeiten, in denen uns die Herzen schwer sind und die Debatten manchmal hitzig, ist es umso wertvoller, das offene und vertrauensvolle Gespräch zu pflegen“, twitterte die SPD-Vorsitzende Saskia Esken am Dienstagmorgen. Dazu stellte sie ein Bild, das sie und Co-Parteichef Lars Klingbeil an der Seite von Melnyk zeigt, und bedankte sich für das Gespräch.

Der Botschafter hatte in den vergangenen Wochen immer wieder mit scharfen Worten den früheren Russlandkurs der SPD verurteilt und mehr deutsche Waffenlieferungen an die Ukraine gefordert. Am Wochenende kam es zu einem harten Schlagabtausch, als der ehemalige Bundesaußenminister Sigmar Gabriel (SPD) in einem Gastbeitrag für den Spiegel „gezielte Angriffe“ auf Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier kritisierte und Melnyk „Verschwörungstheorien“ vorwarf.

Melnyks Behauptung, Steinmeier habe in seiner aktiven Zeit als Politiker „seit Jahrzehnten ein Spinnennetz der Kontakte mit Russland geknüpft“, die bis in die heutige Regierung hineinwirkten, unterstelle, dass der frühere Kanzleramts- und Außenminister die Interessenvertretung Russlands in Deutschland mitorganisiert habe. „Das ist wahrheitswidrig und bösartig“, schrieb Gabriel.

Melnyk reagierte bei Twitter auf Gabriels Beitrag mit den Worten: „Bösartig ist vor allem Ihre und Ihrer SPD-Kumpane jahrelange Putin-freundliche Politik gewesen, die den barbarischen Vernichtungskrieg gegen den Staat, Nation, Kultur, gegen Frauen und Kinder erst herbeigeführt hat.“ (dpa)

Sollen jetzt die sowjetischen Denkmal-Panzer weichen?

Sollten wegen des Ukrainekriegs die Panzer am Sowjetischen Ehrenmal in Berlin-Tiergarten entfernt werden? Der Vorstoß einer CDU-Abgeordneten ist in der Berliner Landesregierung auf Skepsis gestoßen. Nach Meinung von Berlins Umweltsenatorin Bettina Jarasch (Grüne) sollte das Ehrenmal bleiben, wie es ist. Nach Angaben ihres Sprechers weist sie den Vorstoß zurück, an der historischen Gestalt der Sowjetischen Ehrenmale aufgrund des aktuellen Geschehens etwas zu verändern.

Zuvor hatte die CDU-Abgeordnete Stefanie Bung angeregt, wegen des Kriegs in der Ukraine die Panzer in Tiergarten zu entfernen. Das Nachrichtenmagazin Der Spiegel hatte darüber berichtet.

Berlin habe nach dem Zwei-plus-Vier-Vertrag, der die außenpolitischen Folgen der Deutschen Einheit regelte, im Auftrag des Bundes die Pflege der Sowjetischen Ehrenmale übernommen, teilte Jarasch mit. „Hier geht es um das Gedenken der Toten des Zweiten Weltkriegs, in dem aufseiten der Roten Armee Soldaten vieler Nationalitäten der Sowjetunion, darunter etliche russische und ukrainische, im Kampf gegen das Nazi-Regime starben. Dieses Gedenken bleibt bedeutsam, auch in seiner historischen Gestalt.“

Das Ehrenmal an der Straße des 17. Juni erinnert an die im Zweiten Weltkrieg gefallenen sowjetischen Soldaten. In der Mitte steht eine Soldatenstatur, rechts und links je ein historischer Panzer. Im hinteren Teil liegen Gräber von rund 2.500 Soldaten. In der Hauptstadt gibt es mehrere Ehrenmale. Im Treptower Park befindet sich etwa ein weiteres und deutlich größeres Sowjetisches Ehrenmal – dort waren über Ostern neue Schmierereien aufgetaucht.

Die CDU-Politikerin Bung hatte sich dafür ausgesprochen, die Panzer in Tiergarten zu entfernen. Ihrer Meinung nach hat der russische Angriffskrieg auf die Ukraine den Blick auf das Denkmal verändert. Die Rote Armee habe einen wesentlichen Beitrag zur Befreiung vom Nazi-Regime geleistet, schrieb Bung, die eine der stellvertretenden Fraktionsvorsitzenden ihrer Partei im Berliner Abgeordnetenhaus ist. Deutschland sei vertraglich verpflichtet, Kriegsgräber und Soldatenfriedhöfe zu erhalten.

Heute stünden die Geschütze in Tiergarten aber nicht mehr nur für die Befreiung Deutschlands und Europas vom Nazi-Faschismus durch die Sowjetunion, sondern sie würden „zu Symbolen der aggressiven und territoriale Grenzen und Menschenleben missachtenden Kriegsführung des Putin-Regimes“. „Längst rollen russische Panzer in Europa – in der Ukraine –, dem Land, aus dem viele der im Tiergarten beigesetzten Soldaten ursprünglich stammten.“ Die Panzer müssten aus dem Berliner Stadtbild verschwinden. Bung will ihren Vorschlag mit ihrer Fraktion beraten und den Senat auffordern, sich beim Bund dafür einzusetzen, die Geschütze und Panzer zu entfernen. (dpa)

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