trans Mädchen fast totgeprügelt: Auf dem Friedhof zurückgelassen

Drei Kinder sollen ein trans Mädchen so schwer verletzt haben, dass sie in Lebensgefahr schwebte. Das Motiv soll Transfeindlichkeit gewesen sein.

Blaue Rundumleuchte auf einem Polizeiauto

Das schwere Verbrechen war mutmaßlich von Hass auf trans Menschen getrieben Foto: Michael Gstettenbauer/imago

BERLIN taz | Schwer verletzt und alleine auf dem Friedhof: In diesem Zustand sollen drei Jungen im Alter von 12 und 13 Jahren ein 15-jähriges trans Mädchen in Herne zurückgelassen haben. Ein Zeuge hatte die schwer verletzte Jugendliche am Samstagmorgen des 26. März am Tatort entdeckt. Das polizeibekannte Trio soll das Mädchen mit Tritten und Schlägen in einen lebensgefährlichen Zustand versetzt haben. Nach Abschluss ihrer Vernehmungen wurden die Verdächtigen wieder ihren Erziehungsberechtigten übergeben.

Nach Erkenntnissen von RTL und queer.de handelte es sich bei dem Motiv für die Tat um Transfeindlichkeit. Bei ihrer Geburt war dem Mädchen namens Jess das männliche Geschlecht zugeordnet worden. Dies entsprach allerdings nicht dem Geschlecht, zu dem sich das Mädchen zugehörig fühlte. RTL berichtete, dass die drei Jungen die Transidentität des Mädchens nicht akzeptieren wollten.

Mari Günther vom Bundesverband Trans* e. V. erklärt, dass ein solches Bedrohungsszenario für viele trans Jugendlichen keine Seltenheit sei. „Es gehört für trans Jugendliche zum Alltag, so eine Situation zu befürchten“, so die Sprecherin. „Daher muss jetzt endlich der Diskriminierungsschutz aktiv werden und die Pathologisierung ein Ende finden.“

Laut Günther trage die Pathologisierung von trans Identität, also die Fehlannahme, dass das transgeschlechtliche Leben eine psychische Erkrankung sei, zur Diskriminierung bei. „Es befeuert viele gesellschaftliche Reflexe. Nämlich, dass man trans Personen nicht ernst nehmen müsste, dass man sie ausstoßen könnte.“

Bildungsarbeit in der Kita und Schule notwendig

Ferner gäbe es weitere Fehlannehmen wie die einer sozialen Infektion, was impliziert, dass Transgeschlechtigkeit übertragbar, also „ansteckend“ wäre. Aus Angst vor einer solchen „Ansteckung“ werden trans Menschen bedroht.

Um trans Leben besser zu schützen, sei daher Aufklärung und Einbindung dieser Thematik in der Bildung sehr wichtig. Das Thema müsse im Schulunterricht vorkommen und Jugendlichen so nähergebracht werden. Denn laut Günther gehe es nicht nur um Inhalte. „Es geht auch um Haltung. Also dass man das Thema der geschlechtlichen Vielfalt nicht nur in der Sexualkunde aufgreift, sondern dass auch das Lehrpersonal ihre eigene Einstellung und Haltung reflektiert.“

Der Zustand des verletzten Mädchens hat sich nach Abgaben von queer.de wieder stabilisiert. Zuvor sei sie mehrere Tage im Koma gewesen. Mittlerweile äußerte sie sich selbst zu dem Fall und forderte Gerechtigkeit und Akzeptanz. Sie wünsche sich, dass „die Leute draußen auch verstehen, was ich sein möchte.“

Derweil wird es nicht zu einer Verurteilung der 12- bis 13-jährigen Tatverdächtigen kommen. Die Staatsanwaltschaft Bochum leitete ein Ermittlungsverfahren wegen versuchten Totschlags ein, die Jungen sind jedoch nicht strafmündig. Sie sollen mittlerweile getrennt in einer geschlossenen Psychiatrie untergebracht sein.

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