Regierung hofft auf Umschuldung: Sri Lanka ist zahlungsunfähig

Wegen der verfehlten Wirtschaftspolitik wächst die Unzufriedenheit mit Präsident Rajapaksa. Von einem Rücktritt will er aber nichts wissen.

Fahrere schieben ihre Fahrzeuge in einer Schlange, um Benzin zu kuafen

Fahrer schieben ihre 3-Räder in einer Schlange für Benzin in Colombo Foto: Dinuka Liyanawatte/reuters

MUMBAI taz | Fahrzeugschlangen vor Tankstellen gehören zum derzeitigen Bild Sri Lankas. Ob im Norden oder in der Hauptstadt Colombo, der Mangel ist deutlich zu spüren. Dazu erschweren Stromausfälle den Alltag. Besonders betroffen ist Colombo. Selbst Milch wird aus dem fernen Aus­tralien importiert. Doch fehlen dem Staat jetzt Devisen für Importe sowie für die Einfuhr wie Düngemitteln, was die Krise nur verschärfte.

Am Dienstag erklärte das Finanzministerium, dass Sri Lanka seine nächste Rate an Auslandsschulden von 51 Milliarden Dollar nicht begleichen kann. Die Dollar-Reserven des Inselstaates seien praktisch aufgebraucht.

Die Zahlungsunfähigkeit überrascht nicht. „Warum haben wir so lange gewartet, sie anzukündigen,“ fragt die Journalistin Jamila Husain per Twitter. Die Insel steckt schon seit Monaten in der Krise. Inzwischen werden die Rufe nach einem Rücktritt von Präsident Gotabaya Rajapaksa immer lauter. Sein Rückhalt in der Bevölkerung, bei der er einst mit buddhistisch-singhalesischen Nationalismus punkten konnte, schwindet.

Viele scheinen erst jetzt seine desaströse Wirtschaftspolitik zu erkennen, die durch die Pandemie verstärkt wurde. Die sich früher auf den Tourismus stützende Wirtschaft war schon nach den Oster-Anschlägen 2019 geschwächt und brach in Folge der Pandemie ein. Auch Überweisungen der Arbeitsmigranten blieben aus.

Der „starke Mann“ hat in der Wirtschaftspolitik versagt

Rajapaksa, der als Ex-Militär den starken Mann verkörpert, versprach Disziplin und Aufschwung sorgen, lieferte aber nicht. Er „hat das Wohlwollen vieler verschiedener Seiten durch konstante Misswirtschaft verspielt“, sagt ein Geschäftsmann in Colombo. Doch ist Gotabaya Rajapaksa politisch nur schwer zu stoppen.

Oppositionsführer Sajith Premadasa droht mit einem Misstrauensvotum. Doch dafür wären zwei Drittel der Stimmen im Parlament nötig. Und den von Demonstranten geforderten Rücktritt hat der Präsident ausgeschlossen. Erst reagierte er mit der Verhängung des Ausnahmezustands und einer Ausgangssperre auf die Proteste. Beides nahm er inzwischen zurück und wechselte dafür fast sein gesamtes Kabinett aus.

Dabei vereint der Unmut über seine Politik religionsübergreifend Menschen zum Protest. Von den Jüngeren hin zu medizinischem Fachpersonal, das auf den Mangel von Schmerztabletten, Antibiotika und lebensnotwendiger Ausstattung aufmerksam macht. Diese fehle etwa in Säuglingsstationen, sagt Amila Fer­nando von der Perinatal Society of Sri Lanka mit. „Wir bitten Sie um Ihre Hilfe, um in dieser kritischen Situation Neugeborene in Sri Lanka zu retten“, heißt es in einem Schreiben.

Ist China zu einem Entgegenkommen bereit?

Der erst vor wenigen Tagen zum Amt des Finanzministers verdonnerte Ali Sabry soll nächste Woche mit dem Internationalen Währungsfonds (IWF) in Washinton verhandeln. Colombo hofft auf eine Umschuldung.

Sri Lanka hat sich bei teuren Infrastrukturprojekten mit Krediten aus China übernommen. Nun hofft die Regierung auf chinesisches Entgegenkommen. Doch wird Peking darauf eingehen, falls der IWF kein frisches Geld gibt? Und was wird Chinas Preis dafür sein?

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.