US-Reaktionen auf Butscha: Kleine Konsequenzen

US-Präsident Biden musste auf die Kriegsverbrechen der russischen Armee in Butscha reagieren. Es gibt nun härtere Sanktionen – außer im Energiesektor.

Biden erlässt neue Sanktionen gegen Russland.

US-Regierung erlässt neue Sanktionen gegen Russland Foto: reuters

Nach den Bildern aus dem Kiewer Vorort Butscha musste US-Präsident Joe Biden reagieren: Die USA haben nach den Berichten über russische Gräueltaten am Mittwoch ein neues Sanktionspaket gegen Russland erlassen. Es ist ein starkes Signal – reicht aber nicht.

Das Paket besteht aus einem Verbot neuer US-Investitionen in Russland, Strafmaßnahmen gegen die Töchter des Präsidenten Wladimir Putin sowie Sanktionen gegen die Großbanken Sberbank und Alfa Bank. Vor allem die Maßnahmen gegen die Sberbank dürften wehtun. Das mehrheitlich vom russischen Staat kontrollierte Geldhaus ist ein zentraler Pfeiler des Bankensystems des Landes.

„Mehr als die Hälfte der russischen Löhne und Renten werden über die Bank ausgezahlt, und sie hält 45 Prozent der Einlagen aller russischen Haushalte“, schreiben die Forscher Edward Fishman und Chris Miller. Sie plädierten vor wenigen Tagen in einem Artikel dafür, nun endlich Russlands Schlupflöcher in den Sanktionen des Westens zu stopfen und auf den Finanz- sowie den Energiesektor zu zielen.

Haben die USA nun damit angefangen? Leider nur zum Teil. An diesem Donnerstag will die US-Regierung etwa eine Liste mit Staatsunternehmen veröffentlichen, denen Strafmaßnahmen auferlegt werden: US-Amerikaner:innen können dann keine Geschäfte mehr mit diesen Firmen machen, außerdem würden ihre Vermögenswerte in den USA eingefroren, erklärte das Weiße Haus. Ex­per­t:in­nen gehen jedoch davon aus, dass auch hier wegen der europäischen Abhängigkeiten wahrscheinlich die Energiekonzerne ausgespart sein werden – ähnlich wie die Gazprombank es im Finanzsektor bei den bisherigen Sanktionen in weiten Teilen wurde.

Den Eu­ro­päe­r:in­nen gehen derweil die Rechtfertigungen aus. Das geplante fünfte EU-Sanktionspaket enthält bereits ein Importverbot für russische Kohle – „und ich denke, dass Maßnahmen gegen Öl, und sogar Gas, früher oder später benötigt werden“, twitterte Ratspräsident Charles Michel dazu am Mittwoch.

Früher oder später? Die Ukraine hat dafür keine Zeit. Und nebenbei auch die US-Regierung nicht. So furchtbar der Gedanke ist, wenn Menschenleben auf dem Spiel stehen: Staats- und Regierungschefs müssen ihren Bür­ge­r:in­nen nun einmal Maßnahmen rechtfertigen, die dem eigenen Land wehtun könnten. Ein Angriff auf den Energiesektor, ein Exportstopp von russischem Öl und Gas in der EU etwa hätte auch massive Auswirkungen auf die Vereinigten Staaten.

Dort steht Biden wegen der jetzt schon stark gestiegenen Benzinpreise sowie der Inflation in der Kritik, die politische Geg­ne­r:in­nen von der republikanischen Partei „Bidenflation“ getauft haben. Zynisch, aber wahr: Das Fenster für weitere Sanktionen könnte sich schließen, wenn die Schrecken von Butscha aus der öffentlichen Aufmerksamkeit schwinden.

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

*1985, seit November 2017 Redakteurin für europäische und globale Politik im taz-Auslandsressort. Hat seit 2014 immer mal wieder für die taz gearbeitet, meistens für das Ressort Wirtschaft und Umwelt, und schreibt gern über die EU und über Entwicklungspolitik.

Wir alle wollen angesichts dessen, was mit der Ukraine derzeit geschieht, nicht tatenlos zusehen. Doch wie soll mensch von Deutschland aus helfen? Unsere Ukraine-Soli-Liste bietet Ihnen einige Ansätze fürs eigene Aktivwerden.

▶ Die Liste finden Sie unter taz.de/ukrainesoli

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.