Das kommt am 1. Mai in Berlin: Die Revolution fährt Rad

Das „Quartiersmanagement Grunewald“ organisiert am 1. Mai den Fahrradkorso in den Grunewald: für die Umverteilung von Reichtum.

Sie sind viele: Raddemo für Umverteilung in den Grunewald am 1. Mai 2021. 10.000 nahmen teil Foto: imago

BERLIN taz | Umverteilung dort fordern, wo das angehäufte Kapital sichtbar wird – das ist die Grundidee des „Quartiersmanagements Grunewald“. Bereits zum vierten Mal rufen die Ak­ti­vis­t*in­nen zum kreativen Massenprotest im Berliner Westen gelegenen Villenviertel auf. Nach der Rekordbeteiligung von über 10.000 Demonstrierenden im vergangenen Jahr soll es dieses Mal gleich drei Fahrradkorsos in den wohlhabenden Stadtteil geben.

Auf dem Grunewalder Johannaplatz wird es zudem eine mehrstündige Kundgebung geben, die teilweise im Livestream „Radio Freies Grunewald“ übertragen wird. Anschließend sollen die vereinigten Fahrradkorsos gemeinsam den Rückweg über die A100 antreten, wo sie schließlich pünktlich beim Startpunkt der Revolutionären Abenddemo endet. „Wir sehen uns als riesigen Zubringer“, erklärt Frauke Geldher vom Quartiersmanagement. Bei dem Namen handelt es sich um ein Pseudonym, mit dem die Gruppe gegenüber der Presse auftritt.

Samstag, 30. April

Von der Krise zur Enteignung

Kiezdemo „Hände weg vom Wedding“. U-Bahnhof Leopoldplatz, 15 Uhr

Take back the Night

FLINTA* (Frauen, Lesben, Inter, Nonbinary, Trans, Agender-Personen) – exklusive Demo. Mauerpark, Eingang Bernauer Straße, 20 Uhr

Sonntag, 1. Mai

DGB-Gewerkschaftsdemo

Nach zwei Jahren Pandemiepause findet erstmals wieder die traditionelle Gewerkschaftsdemo statt. Es wird auch einen radikalen klassenkämpferischen Block geben. Alexanderplatz 10.45 Uhr, Kundgebung Platz des 18. März 12 Uhr

Umverteilung oder Barbarei

Das „Quartiersmanagement Grunewald“ ruft zum Protest im Villenviertel auf. Drei Fahrradkorsos und eine Kundgebung. Treffpunkte der Fahrradkorsos zwischen 10 und 11 Uhr: Gesundbrunnen, Laskerstraße nahe Ostkreuz, Hohenstaufenplatz Neukölln. Kundgebung am Johannaplatz in Grunewald, 12 bis 16 Uhr. Die Fahhradkorsos enden gegen 17.30 Uhr in Neukölln

Revolutionäre 1.-Mai-Demo

Dieses Jahr unter dem Motto „Yallah Klassenkampf – No war but class war“. Kundgebung Hertzbergplatz ab 16.30 Uhr. Start der Demo 18 Uhr. Endpunkt Oranienplatz. (taz)

Dabei stellt der 1. Mai nur den Höhepunkt der ganzjährigen Bemühungen der Gruppe dar, den „abgehängten Problembezirk“ in die „solidarische Gesellschaft zu integrieren“, wie es auf der Webseite ironisch heißt. Zuletzt haben die Ak­ti­vis­t:in­nen einen „Audio-Walk“ produziert, mit dem auch an anderen Tagen des Jahres Ortsfremde in den Stadtteil im Südwesten der Stadt gelockt werden sollen. Schließlich gilt es, die „soziale Mischung“ in dem Bezirk wiederherzustellen.

Doch bei allem Augenzwinkern, das Kernanliegen der mygruni-Initiative ist ein ernsthaftes: „Wir betrachten das nicht als Satire“, stellt Geldher klar. Die Reichen seien zwar Ursache des Problems, könnten aber auch Teil der Lösung sein. Tatsächlich habe das Quartiersmanagement schon einige ernst gemeinte Anfragen von Ein­woh­ne­r:in­nen im Grunewald bekommen, die sich nach sozialverträglichen Investionsmöglichkeiten für ihr Vermögen erkundigen wollten, berichtet Geldher. Auch die Vermögenden-Initiative „Tax Me Now“, die für eine höhere Vermögensteuer wirbt, unterstützt in diesem Jahr die Aktion.

Foto: Grafik: infotext-berlin.de

Thematisch sieht das selbsternannte „Quartiersmanagement Grunewald“ trotz Kriege, Pandemie und sich verschärfender Klimakrise auch im vierten Jahr keinen Anlass, ihre Kernforderung nach einer gerechten Vermögensverteilung anzupassen. „Es ist ein Grundproblem, was sich in vielen Kämpfen wiederfindet“, betont Geldher.

So würden Reiche von Kriegen profitieren, seien für den Großteil der CO2-Emissionen verantwortlich und hätten in der Pandemie die großzügigsten Staatshilfen erhalten. „Solange es keine radikale Umverteilung von oben nach unten gibt, werden sich die derzeitigen Krisen weiter verschärfen“, fasst Geldher es zusammen. „Am Ende verlieren wir alle – auch die Grunewalder:innen.“

Darin, dass sie ihre radikalen Forderungen stets humorvoll und spaßbetont vorbringen, sehen die Ak­ti­vis­t:in­nen aber keinen Widerspruch. „Wir treten für das gute Leben für alle ein“, erklärt Geldher. Das solle sich auch schon in der Aktionsform widerspiegeln. Dementsprechend stießen in den vergangenen Jahren eher Sektgläser als Polizei und De­mons­tran­t:in­nen zusammen. „Politik bedeutet auch, gemeinsam positive Erlebnisse zu schaffen“, sagt die Sprecherin.

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