Rote Liste wird ergänzt: Auch die Reptilien sterben

Eine neue Studie zeigt, dass jede fünfte Reptilienart gefährdet ist. Oft helfen ihnen aber die gleichen Maßnahmen wie Vögeln und Säugetieren.

Züngelnde Kobra

Züngelnde Kobra Foto: Marina Kovacevic/Alamy

BERLIN taz | Jede fünfte Reptilienart ist vom Aussterben bedroht. Zu diesem Ergebnis kommt eine Studie, die am Mittwoch im Fachmagazin Nature erschien und 10.196 Kriechtierarten untersucht hat. Erstmals wurden die Reptilien damit umfassend auf die Rote Liste der Weltnaturschutzunion IUCN gesetzt. Besonders gefährdet sind Reptilienarten in Südostasien, Westafrika, der Andenregion und der Karibik, weniger in Nordeuropa. Proportional zur Zahl der Arten sind Reptilien zwar seltener als Amphibien und Säugetiere vom Aussterben bedroht, aber häufiger als Vögel. „Von überwältigend vielen Spezies wussten wir gar nicht, dass sie gefährdet sind“, sagte Neil Cox, einer der Stu­di­en­au­to­r*in­nen, bei der Präsentation der Studie.

Besonders betroffen sind in Wäldern heimische Reptilien: Jede vierte dort lebende Art ist bedroht. Waldhabitate gehen vor allem aufgrund von Rodungen und landwirtschaftlicher Nutzung verloren. Diese Landnutzungsänderung ist die größte Bedrohung für Reptilienarten. Der Klimawandel trägt laut Studie nur bei zehn Prozent der gefährdeten Arten zu deren Verschwinden bei. Studienautor Bruce Young vermutet aber einen größeren tatsächlichen Einfluss, weil die Rote Liste nur auf die nächsten zehn Jahre oder drei Generationen der jeweiligen Arten blicke und deswegen die mittelfristigen Auswirkungen wie der Anstieg des Meeresspiegels unberücksichtigt bleiben.

Die Gründe für das Reptiliensterben – Landnutzungsänderung, Jagd und Klimawandel – sind dieselben wie für das Artensterben unter den anderen Landwirbeltieren. Deswegen profitierten sie über die vergangenen Jahre auch von den Maßnahmen, die eigentlich zum Schutz von Säugetieren, Vögeln und Amphibien gedacht waren.

Eine Ausnahme stellen Reptilienarten dar, die lokal begrenzt vorkommen, zum Beispiel auf Inseln. Sie sind häufig von invasiven Arten wie Ratten und Schleichkatzen bedroht, die ursprünglich vom Menschen zur Schädlingsbekämpfung ausgewildert wurden. Zu den derart gefährdeten Arten zählt zum Beispiel die Meerechse, die nur auf den Galapagos-Inseln vorkommt. Sie hat sich isoliert von anderen Arten innerhalb der letzten fünf Millionen Jahren zur weltweit einzigen Echse entwickelt, die ihre Nahrung aus dem Meer sucht.

Reptilienforschung fehlt es am Geld

Deswegen betonen die Stu­di­en­au­to­r*in­nen, dass zwar viele Reptilienarten vom Schutz anderer Landwirbeltiere profitieren, aber Kriechtiere besondere Aufmerksamkeit auf der im Herbst stattfindenden Weltbiodiversitätskonferenz in Kunming verdienen. Young sagte, die Studie anzufertigen, habe vor allem deswegen 15 Jahre gedauert, weil Interesse und damit auch Forschungsgelder für Reptilien geringer als für Säugetiere und Vögeln seien: „Reptilien sind nicht sehr charismatisch, der Fokus liegt oft auf den Tieren mit Fell oder Federn.“

Allein mit dem Aussterben der derzeit gefährdeten Reptilienarten würden, neben ihrer Funktion in den Ökosystemen, 15,6 Milliarden Jahre evolutionäre Entwicklung verlorengehen.

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