Ausgaben im Ergänzungshaushalt: Krieg und Corona treiben Schulden hoch

Die Ampel-Regierung plant fast 140 Milliarden Euro an neuen Krediten im Bundes­haushalt. Trotz sinkender Spritpreise hält sie am Tankrabatt fest.

Einfahrende Straßenbahn an einem frühen Morgen

2,5 Millionen soll der verbilligte Nahverkehr kosten: Straßenbahn in Düsseldorf Foto: Olaf Döring/imago

BERLIN taz | Der russische Angriff auf die Ukraine und die Ausläufer der Coronapandemie lassen die Neuverschuldung im Bundeshaushalt 2022 weiter steigen. Nachdem Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP) kürzlich von mindestens 24 Milliarden Euro zusätzlicher Kredite sprach, sollen es nun 39,2 Milliarden Euro sein. Diese neuen Schulden will das Bundeskabinett am kommenden Mittwoch als sogenannten Ergänzungshaushalt beschließen.

Die neuen Ausgaben werden dann bis Mitte Mai in den gesamten Haushaltsentwurf für dieses Jahr eingebaut. Die komplette Neuverschuldung 2022 soll damit 138,9 Milliarden Euro erreichen – etwa 30 Prozent des Etats. Vergangenes Jahr waren es 215 Milliarden Euro. Derart hohe Kredite sind möglich, weil die Schuldenbremse im Grundgesetz seit 2020 wegen Corona ausgesetzt ist.

Begründend kam in diesem Jahr der Krieg in der Ukraine hinzu. Aber 2023 will die Ampelkoalition aus SPD, Grünen und FDP die Schuldenbremse wieder einhalten. Dabei sollen zwei Haushaltstricks helfen. 60 Milliarden Euro nicht benötigter Kredite hat die Regierung bereits in ihrem Klimafonds zur Finanzierung der Energiewende geparkt. Nun kommt ein weiteres Sondervermögen von 100 Milliarden Euro zur Ausrüstung der Bundeswehr hinzu. Diesen Betrag will die Ampel extra im Grundgesetz verankern, damit er künftig per Definition nicht unter die Schuldenbremse fällt – neue Kredite wären es gleichwohl. Ob die dafür nötige Zweidrittelmehrheit mit der Union im Bundestag zustande kommt, erscheint noch unklar.

Der Ergänzungshaushalt enthält zusätzliche Ausgaben von etwa 5 Milliarden Euro für Hilfen an hiesige Unternehmen, um die hohen Energiepreise abzufedern. Hinzu kommen verminderte Staatseinnahmen, unter anderem durch niedrigere Steuern auf Benzin und Diesel, außerdem die Energiepauschale von 300 Euro pro Kopf für alle steuerpflichtigen Erwerbstätigen. Vor einigen Wochen beschloss die Koalition weitere Entlastungen für Privathaushalte, etwa das 9-Euro-Ticket für den öffentlichen Nahverkehr (2,5 Milliarden Euro Kosten), Zuschüsse für Hartz-IV-Empfänger und Kinder. Bereits in dieser Woche ist im Bundestag die Abschaffung der Ökostromumlage auf der Tagesordnung, was ebenfalls den Anstieg der Energiepreise dämpft.

Die Steuersenkung würde den Preis Richtung 1,60 Euro pro Liter Benzin drücken.

Die Unterstützung der Flüchtlinge aus der Ukraine kostet 1,4 Milliarden, die Waffenlieferung rund 2 Milliarden. Medikamente gegen Corona, Unterstützung für Krankenhäuser, die Kosten für Tests und Impfungen schlagen mit weiteren Milliardenbeträgen zu Buche.

Kein Widerstand von den Grünen

In der öffentlichen Diskussion strittig ist augenblicklich, ob die Koalition an der geplanten Senkung der Mineralölsteuer festhalten soll. Die FDP wünscht sich die vorübergehende Reduzierung um 30 Cent pro Liter Benzin und 14 Cent beim Diesel. Nun aber sinken die Preise von allein. Benzin liegt an vielen Tankstellen wieder unter 2 Euro pro Liter, Diesel leicht darüber. Die Steuersenkung würde den Preis Richtung 1,60 pro Liter Benzin heruntersubventionieren. FDP-Fraktionschef Christian Dürr plädierte jedoch dafür, die Verringerung umzusetzen.

Von den Grünen ist kein Widerstand zu erwarten – wahrscheinlich aus Koalitionsräson, aber auch, um im Gegenzug nicht das 9-Euro-Ticket für den Nahverkehr zu gefährden. „Wir haben uns im Koalitionsausschuss geeinigt auf ein breit aufgelegtes Entlastungspaket und für uns ist klar, dass alle Punkte aus diesem Paket gemeinsam umgesetzt werden sollen“, sagte Parteichefin Ricarda Lang am Montag. Lang erwähnte auch die steigenden Lebensmittelpreise, wegen denen der grüne Landwirtschaftsminister Cem Özdemir gerne die Mehrwertsteuer auf Obst und Gemüse aussetzen würde. Lang sagte bezüglich der steigenden Preise: „Auch darauf müssen wir natürlich einen sehr genauen Blick haben.“ Zur Finanzierung möglicher weiterer Entlastungen äußerte sie sich nicht.

Eine weitere offene Frage betrifft die Rentner:innen. Die Ampel will sie bislang nicht mit einer gezielten Energiekostenunterstützung bedenken. Wirtschaftsforschungsinstitute und Sozialverbände sprachen sich unlängst aber dafür aus, auch die Emp­fän­ge­r:in­nen von Altersbezügen zusätzlich zu entlasten.

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