Große Nachfrage nach Wärmepumpen: Warten statt heizen

Die Nachfrage nach Wärmepumpen steigt. Doch für einen 1,5-Grad-Pfad reicht es nicht – auch weil Hand­wer­ke­r*in­nen und Komponenten fehlen.

Eine Miarbeiterin montiert eine Wärmepumpe

Derzeit sehr nachgefragt: Wärmepumpen wie diese der Firma Vaillant Foto: Roberto Pfeil/dpa

BERLIN taz | Klimaschützer*innen, Robert Habeck, die Vereinten Nationen: Alle wollen, dass mehr Wärmepumpen gebaut werden. Sie verbrauchen viel weniger Energie als andere Heizungen und werden mit Strom betrieben, der aus erneuerbaren Quellen erzeugt werden kann.

Im Haushalt fallen 80 Prozent des Energieverbrauchs bei der Wärmegewinnung an, also kommt der Dekarbonisierung des Wärmesektors eine wichtige Rolle im Kampf gegen den Klimawandel zu. Wärmepumpen bedeuten darüber hinaus eine größere Unabhängigkeit von russischer Energie, weil aktuell vor allem mit Gas und Öl geheizt wird. Das könnte wiederum dafür sorgen, dass global die Energiepreise sinken – deswegen forderten jüngst die Vereinten Nationen mehr Wärmepumpen in Europa, um Entwicklungsländer zu entlasten.

Damit mehr Wärmepumpen installiert werden, gibt es staatliche Förderungen und Zielvorgaben. Im Entlastungspaket der Bundesregierung ist vorgesehen, dass ab 2024 nur noch Heizungen mit mehr als 65 Prozent Erneuerbaren-Anteil verbaut werden dürfen, de facto also ausschließlich Wärmepumpen und einige Holzheizungsarten. 2021 waren 70 Prozent der rund 900.000 neu installierten Heizungen Gaskessel. Sogar der Industrie-Lobbyverband BDI geht in einer Studie davon aus, dass keine neuen fossilen Heizungen installiert werden dürfen, um das Klimaziel der Bundesregierung für 2030 zu erreichen.

Die Nachfrage nach Wärmepumpen geht deswegen „einigermaßen durch die Decke“, sagt Wolfgang Rogatty vom Heizungshersteller Viessmann. Der Anstieg der Bestellungen bei Viessmann liege im „hohen zweistelligen Prozentbereich“. Bei einem anderen Hersteller, Stiebel Eltron, sind nach eigenen Angaben allein im ersten Quartal 2022 rund 70 Prozent der Auftragsmenge des gesamten Jahres 2021 eingegangen.

Stahl, Kupfer und Kunststoffe fehlen

Doch wie in vielen anderen Industrien fehlen wegen vergangener und aktueller Lockdowns Komponenten, vor allem Halbleiter aus Ostasien, aber auch Stahl, Kupfer und Kunststoffe. In einer Umfrage des Zentralverbands Sanitär Heizung Klima ZVSHK gaben 92 Prozent der Betriebe an, Lieferschwierigkeiten ausgesetzt zu sein. Engpässe seien das nicht, sagt Viessmann-Sprecher Rogatty, aber es führe zu längeren Wartezeiten.

Henning Schulz von Stiebel Eltron geht von einer Wartezeit zwischen zwei Wochen und sechs Monaten aus, je nachdem, welche Anforderungen man an die Elektronik hat. Beliebtere Produkte werden eher mit den raren Halbleitern versorgt als weniger oft nachgefragte. Bei den Produzenten finde zudem aktuell ein Umdenken statt: Bislang habe es als verschwenderisch gegolten, Bauteile auf Lager zu halten. Jetzt bauen die Firmen wieder Bestände auf, wo sie können. Außerdem investieren alle Wärmepumpenhersteller Millionen in neue Produktionskapazitäten.

Neben den fehlenden Vorprodukten hakt der Wärmepumpen-Ausbau in Deutschland an einem Mangel an Heizungsinstallateur*innen. Durchschnittlich 13 Wochen warte man aktuell auf ei­ne*n Handwerker*in, sagt Frederic Leers vom Bundesverband der Deutschen Heizungsindustrie. Dazu komme, dass eine Wärmepumpe einzubauen etwa doppelt so lang dauert, wie einen Gaskessel zu installieren. Je mehr Erfahrung die Hand­wer­ke­r*in­nen sammeln, desto schneller dürfte die Installation aber vonstattengehen.

Wirtschaftsministerium setzt auf ausländische Fachkräfte

Außerdem arbeiten die Wärmepumpenhersteller daran, die Installation zu vereinfachen. Trotzdem, sagt Leers, müsse die Politik die Attraktivität des Berufs bewerben: „Wenn man Ausbauziele ausruft, muss man auch beantworten, wie man das schaffen will.“ Der ZVSHK fordert deshalb, dass die Bundesregierung ein „Kompetenzzentrum Stärkung klimaschutzrelevante Handwerke“ einrichtet, das Weiterbildungen, Umschulungen und die Vermittlung von Jugendlichen an Handwerksbetriebe koordinieren und fördern soll.

Das Bundesministerium für Wirtschaft und Klima setzt als kurzfristige Lösung des Fachkräftemangels auf Einwanderung. Es fördere Pilotprojekte zur Rekrutierung von ausländischen Fachkräften, außerdem gebe es bereits ein Kompetenzzentrum Fachkräftesicherung, das ähnliche Aufgaben wie das vom ZVSHK vorgeschlagene Zentrum hat, nur eben ohne Klimafokus. Mit Blick auf „Vernetzung, Digitalisierung und Nachhaltigkeit“ modernisiere das Ministerium ferner die Ausbildungs- und Prüfungsordnungen.

Henning Schulz der Firma Stiebel Eltron verweist beim Thema Fachkräftemangel auf die Zahlen: Von den mehr als 900.000 im Jahr 2021 verbauten Heizungen waren nur 150.000 Wärmepumpen. Das Potenzial, mehr Wärmepumpen und weniger Gasheizungen einzubauen, sei also da: „Es ist deswegen umso wichtiger, dass man mit dem Personal, das man hat, voll auf die Wärmepumpe setzt.“

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