Maskenpflicht in Berlin fällt weg: Abwarten ist keine Taktik

Hamburg und Mecklenburg-Vorpommern erklären sich zum Hotspot. Berlin will abwarten. Dabei gibt es nichts mehr zu verlieren. Ein Wochenkommentar.

So sieht Basisschutz aus: Masketragen in der U-Bahn Foto: picture alliance/dpa | Jörg Carstensen

Sogenannte „Basisschutzmaßnahmen“ lässt der Bund den Ländern noch aus der Bundesinfektionsschutzverordnung übrig – die Maskenpflicht in Innenräumen gehört nicht dazu. Auch in Berlin gilt seit Freitag nur noch in Krankenhäusern, Arztpraxen, Pflegeheimen sowie in Bussen und Bahnen die Pflicht zum Masketragen.

Doch warum ausgerechnet die Maske kein niedrigschwelliger „Basisschutz“ sein soll, insbesondere in den Schulen, wo die Impfquote unter den Kindern deutlich geringer ist als im Durchschnitt der Bevölkerung, versteht kaum jemand. Doch niemand tut etwas.

Weil niemand etwas tun kann, heißt es entschuldigend seitens der rot-grün-roten Landesregierung. „Wir erfüllen in Berlin die Voraussetzungen für einen Hotspot einfach nicht“, hat sich die Regierende Franziska Giffey (SPD) diese Woche wiederholt. Wenn eine Überlastung der Krankenhäuser droht oder die Inzidenzen deutlich in die Höhe schießen, können die Länder auch wieder Maskenpflicht oder 3G-Regel einführen.

Berlin will das nicht tun. Sie könne keine „exorbitant hohe Belastung der Krankenhausstruktur“ erkennen, argumentiert Giffey. Zudem hatte Berlin zuletzt die niedrigste Inzidenz bundesweit. Von den beiden großen landeseigenen Krankenhausgesellschaften Charité und Vivantes hieß es, die Personallage sei zwar angespannt, und geplante Operationen müssten nachwievor verschoben werden – was eigentlich ein Lauterbachsches Hotspot-Kriterium ist. Aber dramatisch sei die Lage eben noch nicht.

Da stellt sich die Frage: Was genau ist in dem Fall die Definition von „dramatisch“? Denn tatsächlich gibt der Bund keine fixen Werte vor, ab wann der Personalausfall in Kliniken oder die allgemeine Inzidenzlage ein kritisches Ausmaß erreicht haben.

Ein gewisser Handlungsspielraum

Was wiederum den Landesregierungen einen gewissen Handlungsspielraum lässt – sofern man ihn denn nutzen will: In Hamburg und Mecklenburg-Vorpommern haben die Parlamente kurzerhand eine Hotspot-Regel beschlossen, obwohl die Kliniken bisher nicht unter Personalschwund zusammenbrechen. Dass das die Gerichte beschäftigen wird, gilt als ausgemacht, wie auch Giffey sogleich mit Blick auf die renitenten Nordländer betonte – zugleich war es ein weiteres ihrer Argumente, warum man in Berlin erstmal abwarte.

Fragt sich, ob abwarten die richtige Taktik ist bei einer nachwievor „dynamischen“ Infektionslage. Oder ob eine mögliche juristische Niederlage nicht das kleinere Übel wäre – weil es eigentlich schon längst nichts mehr zu verlieren gibt für die Länder.

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Seit 2011 bei der taz. Leitet gemeinsam mit Sunny Riedel das Ressort taz.eins. Hier entstehen die ersten fünf Seiten der Tageszeitung, inklusive der Nahaufnahme - der täglichen Reportage-Doppelseite in der taz. Davor Ressortleiterin, CvD und Redakteurin in der Berliner Lokalredaktion. Themenschwerpunkte: Bildungs- und Familienpolitik.

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