Zahl der Kirchenmitglieder nimmt ab: Wandel oder Untergang

Halt geben in Zeiten der Krise, das war mal Aufgabe der Kirche. Heute verliert sie an gesellschaftlicher Bedeutung, weil sie den Wandel verweigert.

Violetter Pileolus (Bischofsmütze) liegt auf zusammengefalteter Stola auf einem Tisch

Die Bedeutung der katholischen Kirche nimmt in Deutschland weiter ab Foto: imago images

In Zeiten wie diesen bin ich ganz besonders auf der Suche nach Orten des Friedens. Eine Unterbrechung der Ängste, Besinnung auf das Wesentliche und Momente des Kraftschöpfens. Orte des Glaubens.

Auch als Gesellschaft brauchen wir solche Orte, moralische Wegmarker, die zwischen all den Krisen stabilisierend wirken. Früher hatten die Kirchen diese Aufgabe, heute haben sie ihre gesellschaftliche Bedeutung weitgehend verloren. Und vielleicht ist das auch gut so. Denn eine Kirche, die sich nicht wandelt und nicht dazulernt, schafft sich selber ab.

Seit Jahrhunderten ist zum ersten Mal mehr als die Hälfte der deutschen Bevölkerung weder römisch-katholisch noch evangelisch und über vierzig Prozent sind konfessionslos. Ein Trend, der sich seit Längerem abzeichnet, in den letzten Jahren aber deutlicher sichtbar wurde.

Skandale und die schlechte Aufarbeitung sexualisierter Gewalt in der katholischen Kirche führen zu hohen Austrittszahlen. Viele Menschen können ihre Wertevorstellungen nicht mehr mit einer Kirche vereinbaren, die offensichtlich nicht bereit ist, die strukturellen Gründe für Machtmissbrauch und sexualisierte Gewalt zu beseitigen. Die Gläubigen dulden diese Diskriminierungen nicht mehr. Doch die Kirche sollte sich nicht ändern, um Menschen zu halten, sondern weil es richtig ist und Gerechtigkeit und Gleichberechtigung keine Maximalforderungen sind.

Wie wichtig könnte in der heutigen Zeit die Stimme einer Kirche sein, die sich glaubhaft über staatliche Interessen hinweg für Frieden und Gerechtigkeit einsetzt. Wie leise wird jedoch diese Stimme, wenn ihr durch ein enges, realitätsfernes und menschenfeindliches Wertekorsett die Luft abgeschnürt wird.

Die Menschen haben ihren Glauben nicht verloren, er findet nur keine Heimat mehr in einer Kirche, die sich immer weiter von den Menschen entfernt. Wir brauchen daher eine Kirche, die dazulernt. Sie könnte, in all den Krisen, die einen schon mal den Glauben verlieren lassen, Heimat und Stütze sein. Wenn sie es denn wirklich wollte.

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Daniela Ordowski

ist 28 Jahre alt, Bundesvorsitzende der Katholischen Landjugendbewegung Deutschlands (KLJB)

und Mitglied des Synodalen Wegs.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.