Willkommensklassen für Geflüchtete: Zusammenrücken für die Integration

4.000 weitere Schulplätze für Geflüchtete kündigt Staatssekretär Slotty an. Teils sollen die in Volkshochschulen und Stadtteilzentren entstehen.

Andrii Tsybukh ist Deutschlehrer aus Charkiw. Jetzt unterrichtet er eine Willkommensklasse Foto: dpa

BERLIN taz | Gerade mal der zweite Schultag in Berlin ist es für die 15 geflüchteten Jugendlichen aus der Ukraine, die am Mittwoch in der Willkommensklasse am Willi-Graf-Gymnasium in Lichterfelde sitzen. Im Kunstraum haben sie T-Shirts bedruckt: Herzen, die jeweils zur Hälfte aus der deutschen und der ukrainischen Flagge bestehen. Einer hat auf sein T-Shirt in Kyrillisch und auf Deutsch gedruckt: „Ich spreche kein Deutsch.“

Das soll sich schnell ändern – nicht nur für die T-Shirt-Künstler*innen am Willi-Graf-Gymnasium: 4.000 weitere Schulplätze für ukrainische Geflüchtete kündigt Bildungsstaatssekretär Alexander Slotty am Rande seines Unterrichtsbesuchs an, zusätzlich zu den 2.000, die man bereits „aus dem Stegreif“ geschaffen habe.

Insgesamt 200 Lehrkräfte habe man für die Willkommensklassen, wie die Deutsch-Lerngruppen heißen, gewinnen können. Weitere 300 sollen in den nächsten Tagen für den „herkunftssprachlichen Unterricht“ engagiert werden – also für fachlichen Unterricht auf Ukrainisch. Zwar seien erst 30 Verträge fix unterschrieben, so Slotty. Das liege auch daran, dass „nicht jeder Geflüchtete unbedingt sein Zeugnis im Gepäck habe“. Man wolle aber „sehr unbürokratische Wege gehen“ bei der Einstellung der neuen Lehrkräfte, versprach er.

Etwas anderes kann sich die Bildungsverwaltung auch kaum erlauben: 10.000 bis 15.000 Kinder könnten mittelfristig in die Berliner Schulen zu integrieren sein – angesichts ohnehin knapper Raum- und Personalressourcen eine Herausforderung.

„Luft“ bis Schuljahresende

Am Willi-Graf-Gymnasium löst man die durch „Zusammenrücken“, sagt Schulleiter Hans Steinke. Für die 15 Schüler*innen, die seit Dienstag an seiner Schule sind, hat er noch einen Fachraum aufgetan. Das gehe, sagt Steinke, weil der Abiturjahrgang seit dieser Woche in den Abschlussprüfungen sitze und keinen Unterricht mehr habe: „Bis zum Schuljahresende haben wir Luft.“

Auch im Bezirk Steglitz-Zehlendorf sieht die regionale Schulaufsicht noch etwas „Luft“, so der zuständige Referatsleiter Holger Henzler-Hübner. Rund 200 geflüchtete Schü­le­r*in­nen habe man bereits mit Schulplätzen versorgt, „davon etwa 100 in Willkommensklassen“. Die anderen habe man in normalen Klassen untergebracht: Gerade bei jüngeren Grundschulkindern gehe das gut. Etwa noch mal so viele Kinder, schätzt Henzler-Hübner, könne man im Bezirk an den Schulen aufnehmen. „Darüber hinaus wird es schwierig.“

Man wolle „sehr unbürokratische Wege gehen“ bei der Einstellung der neuen Lehrkräfte, verspricht Bildungsstaatssekretär Alexander Slotty

Andere Bezirke äußerten sich bereits weniger entspannt: In Mitte beklagte Schulstadträtin Stefanie Remlinger (Grüne) unlängst das „ohrenbetäubende Schweigen“ der Bildungsverwaltung auf ihren Hilferuf nach Raumkapazitäten. Slotty sagte zu den 4.000 versprochenen Plätzen, diese würden verstärkt in Volkshochschulen, Stadtteil- und Jugendzentren realisiert.

Die Lehrkräfte, die sich für den Job in den ukrainischen Willkommensklassen melden, seien sowohl Geflüchtete als auch Menschen, die schon länger hier sind, so Slotty. Die meisten meldeten sich „tatsächlich über die eigens eingerichtete Mailadresse der Bildungsverwaltung“. Unterrichtet werde übrigens – auf Deutsch wie auf Ukrainisch – nach dem Berliner Rahmenlehrplan. Den Wunsch von ukrainischen Offiziellen nach dem ukrainischen Lehrplan habe man vernommen, sagte Slotty. Aber: Integration beginne am besten „hier und jetzt“.

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