Über die Verantwortung der Verhütung: Männer, nutzt euren Einfluss

Oftmals handeln Männer sehr sorglos, wenn es um das Thema Verhütung geht. Dabei wäre es doch nicht nur woke, sich damit endlich auseinanderzusetzen.

Ein Schnuller in Frauenhänden

„Komm, nur kurz, nur ein bisschen!“ Foto: Panthermedia/imago images

Stell dir vor, dein Körper ist in der Lage, andere Menschen zu schwängern. Und wenn das passiert, liegt es komplett in der Hand der anderen Person, ob sie die Schwangerschaft abbrechen oder fortführen möchte. Einmal nicht richtig aufgepasst und – zack – für immer ein Kind an der Backe. Oder zumindest Unterhalt zahlen. In der untersten Gehaltsstufe sind das übrigens 396 Euro im Monat, der Betrag steigt mit dem Alter des Kindes bis auf 569 Euro im Monat.

Das einzige nichtpermanente Verhütungsmittel, das dir zur Verfügung steht, sind Kondome und die können reißen. Stell dir vor, du hast einen One-Night-Stand und deine Lebensplanung und finanzielle Situation der kommenden 25 Jahre hängen davon ab, ob diese dir unbekannte Person wirklich an keinem Tag vergessen hat, die Pille zu nehmen, ob sie wirklich täglich ihre Temperatur kontrolliert, ob sie im Notfall die Pille danach nehmen würde und ob sie bereit wäre, abzutreiben.

Angesichts dieser abhängigen Situation würde ich erwarten, dass hetero Cis-Männer ohne akuten Kinderwunsch stets Kondome in der richtigen Größe und mit aktuellem Haltbarkeitsdatum in einem kleinen Metalletui mit sich führen, in dem sie nicht beschädigt werden können.

Sorglos, weil Frauen Sorge tragen

Dass sie keine potenziell schwanger werdende Person an ihre Unterhose lassen, ohne vorher ein Gespräch über Verhütung zu führen. Dass sie sich Zyklus-Apps herunterladen, um zu wissen, wann sich der Eisprung ihrer Freundin nähert. Dass sie bei einer Verhütungspanne selbst in die nächste Apotheke laufen, um die Pille danach zu holen. Dass sie sich freudig an den Kosten der Spirale beteiligen oder einen Pillen-Blister in ihrer Kulturtasche aufbewahren, für den Fall, dass die Partnerin vergisst, sie mit in den Urlaub zu nehmen.

Stattdessen höre ich immer wieder von Cis-Männern, denen beim Sex mit Frauen plötzlich einfällt, dass sie mit Kondom ja gar nichts spüren oder dass sie leider keins dabei haben, aber egal, komm, nur kurz, nur ein bisschen. Diese Sorglosigkeit können sie sich leisten, weil wir die Sorgen tragen. Weil wir tagelang Katastrophenszenarien durchspielen, wenn sich unsere Periode verspätet und wir mit flachem Atem auf das Ergebnis des Schwangerschaftstests warten.

Sie wissen – auch wenn es sich vielleicht die wenigsten bewusst machen –, dass die Konsequenzen einer ungewollten Schwangerschaft für die Schwangeren immer unvergleichlich höher sind als für die Mitverursacher. Und dass wir, die wir schwanger werden können, deshalb schon aufpassen werden.

Männers, ihr seid doch sonst auch so gerne unabhängig. Nutzt euren Einfluss, eure Bildung, euer Geld und sorgt für mehr Forschung zu männlicher Verhütung. Geht dafür auf die Straße. Oder übernehmt zumindest in euren sexuellen Beziehungen Verantwortung. Das wäre nicht nur woke, sondern auch emanzipiert.

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Lou Zucker ist Journalistin und Autorin. Als Redakteurin arbeitete sie für neues deutschland, Supernova, bento und Der Spiegel, derzeit ist sie Chefin vom Dienst bei taz nord in Hamburg. Ihr Buch „Clara Zetkin. Eine rote Feministin“ erschien in der Eulenspiegel Verlagsgruppe.

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