Rechtsextremisten planen Ausreise: 27 Neonazis wollen in den Krieg

Mehrere Rechtsextreme wollen sich an den Kämpfen in der Ukraine beteiligen. Gestoppt wurden aber auch ein Tierschützer und ein russischer Reservist.

Aktivisten der Neonazi-Partei III. Weg bei einer Kundgebung

Deutsche Rechtsextremisten wie die Partei „Der III. Weg“ schlagen sich auf Seiten der Ukraine Foto: Christian Spicker/imago

BERLIN taz | Verfassungsschutzpräsident Thomas Haldenwang sprach zuletzt von „Maulhelden“. Die rechtsextreme Szene diskutiere zwar Ausreisen ins Kriegsgebiet der Ukraine – dabei bleibe es aber auch. Allerdings: Inzwischen gab es doch einige Ausreisen, von denen die Behörden wissen.

Das Bundesinnenministerium von Nancy Faeser (SPD) spricht aktuell von inzwischen 27 Rechtsextremisten, zu denen Hinweise auf Reisebewegungen oder Reiseabsichten in die Ukraine vorlägen. Zuerst hatte die Süddeutsche Zeitung darüber berichtet. Nach taz-Informationen planten aber nur drei von ihnen tatsächlich, sich an den Kämpfen zu beteiligen. Der Rest gab vor, sich humanitär oder journalistisch engagieren zu wollen, so das Innenministerium. 12 der Rechtsextremisten sei auch bereits wieder aus der Ukraine zurückgekehrt.

Auch Pässe werden entzogen

Die rechtsextreme Szene ist über den Krieg in der Ukraine zerstritten. Ein Teil hält weiterhin zu Russland und sieht die Nato für den Krieg verantwortlich. Ein anderer Teil, darunter die Neonazi-Partei „Der III. Weg“, stellt sich auf Seiten der Ukraine wegen des dortigen nationalistischen Asow-Batalloins – das indes nur einen marginalen Teil der Streitkräfte ausmacht. In Telegramkanälen wurde wiederholt über Ausreisen in die Ukraine diskutiert.

Bei den Zahlen des Innenministeriums bleibt offen, wie viele Rechtsextremisten womöglich unbemerkt in das Kampfgebiet einreisten. Faeser hatte zuletzt erklärt, Ausreisen von Extremisten „sehr stark im Blick“ zu haben und „verhindern“ zu wollen.

Werden Verfassungsschutz oder Polizei solche Pläne bekannt, kann die Bundespolizei Fahndungsnotierungen verhängen oder Gefährderansprachen führen. Geben es die rechtlichen Möglichkeiten her, können auch Reisepässe eingezogen werden. Laut Innenministerium seien bisher Ausreisen „im einstelligen Bereich“ verhindert worden.

Und das nicht nur rechtsaußen. So zählen die Sicherheitsbehörden nach taz-Informationen bisher insgesamt 22 Extremisten verschiedener politischer Coleur, die sich aktiv am Krieg beteiligen wollten. Gestoppt wurde etwa ein militanter, mehrfach vorbestrafter Tierschützer, der für die Ukraine kämpfen wollte. Oder ein Deutschrusse, der über Reservistenpapiere der russischen Armee verfügte und sich über Moskau Streitkräften anschließen wollte. Beide Männer sollen auch militärisches Equipment im Gepäck gehabt haben.

Deutschukrainern dagegen, die in der Ukraine als Freiwillige in den staatlichen Streitkräften oder Freiwilligenkorps mitkämpfen wollen, gewährt die Bundespolizei die Ausreise. Das ist nach deutschem Strafrecht auch erlaubt – soforn die Betroffenen sich offiziellen Streitkräften anschließen, als Kombattanten erkennbar sind und sich nicht an Kriegsverbrechen beteiligen.

Waffen könnten auch hierzulande in Umlauf geraten

Verfassungsschutzchef Haldenwang spricht bei den Ausreisen von bisher noch überschaubaren Zahlen, man dürfe das „nicht überschätzen“. In Sicherheitskreisen wird jedoch gewarnt, dass Kampfbeteiligungen von deutschen Extremisten auch deren Verrohung und einen geübten Umgang mit Waffen bedeuten könne. Zudem könnten Waffen über diesen Weg auch hierzulande in der Szene in Umlauf geraten.

Die Linken-Innenexpertin Martina Renner hatte deshalb die Sicherheitsbehörden schon früh aufgefordert, „alles zu unternehmen“, um die Ausreisen von Rechtsextremen zu verhindern und einen Plan für mögliche Rückkehrer vorzubereiten.

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