Der Kampf um Mariupol: Es geht um die Existenz der Ukraine

Russland fordert die ukrainische Stadt Mariupol zur Kapitulation auf – vergeblich: Sie steht inzwischen für den erfolgreichen ukrainischen Widerstand.

Eine zerrissene ukrainische Flagge vor einem zerstörten Haus

Trotz Bombardierungen und Zerstörung: Die Ukraine gibt nicht nach Foto: Nacho Doce/reuters

BERLIN taz | Könnte der Krieg in der Ukrai­ne doch noch auf dem Verhandlungsweg enden? Erneut haben am Montag Vertreter Russlands und der Ukraine per Video miteinander gesprochen – gut anderthalb Stunden, sagte der Fraktionschef der ukrainischen Präsidentenpartei „Diener des Volkes“, David Arachamija, laut Ukrajinska Prawda. Danach seien die Beratungen in Arbeitsgruppen weitergegangen.

Doch eine Annäherung ist nicht in Sicht. Offiziell verlangt Russland von der Ukraine unter anderem eine Neutralitätserklärung, eine weitreichende Demilitarisierung und einen Verzicht auf die Krim und den Donbass; die Ukraine will Zusagen nur gegen bindende Sicherheitsgarantien abgeben. Auf Twitter fasst ein Beobachter den Dissens einfacher zusammen: „Die Ukraine will ein Ende des Krieges – Russland will ein Ende der Ukraine.“

Am Sonntagabend hatte die ukrainische Seite eine russische Forderung abgelehnt, die belagerte und weitgehend zerstörte Stadt Mariupol möge kapitulieren. Wenn die ukrainischen Streitkräfte ihre Waffen niederlegen, würde Russland einen „humanitären Korridor“ nach Mariupol öffnen, hatte es aus Moskau geheißen; eine Frist bis Montag, 5 Uhr wurde gesetzt. „Von einer Kapitulation und einer Niederlegung der Waffen kann keine Rede sein“, hatte Vizepremierministerin Iryna We­reschtschuk noch am Sonntagabend dazu gesagt.

Das russische Angebot bedeutete im Umkehrschluss auch, dass die russischen Truppen keine humanitäre Hilfe nach Mariupol durchlassen, solange die Stadt weiterkämpft – eine Taktik des Aushungerns, wie Russland sie bereits in Syrien angewandt hat. Die Schlacht um Mariupiol hat aus ukrainischer Sicht aber auch einen militärischen Vorteil: Sie bindet einen erheblichen Teil der russischen Kampfkraft, die damit nicht an anderen Fronten zur Verfügung steht. Das russische Ziel, den gesamten Donbass zu erobern, ist unerreichbar, solange Mariupol nicht gefallen ist. Auch deswegen, nicht nur wegen der Situation in der Stadt, wird Mariupol jetzt zu einem Symbol dieses Krieges: Es steht für den erfolgreichen Widerstand der gesamten Ukraine.

Anderswo sind Russlands Truppen mittlerweile sogar in der Defensive. Aus Satellitenbildern geht hervor, dass sie nördlich von Kiew Verteidigungsstellungen errichten. Nur den Luftkrieg gegen zivile Ziele setzt Russland unvermindert fort.

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