Staatsanwaltschaft lässt Scholz in Ruhe: Cum-Ex-Strafanzeige scheitert

Die Strafanzeige des Anwalts Gerhard Strate gegen Tschentscher und Scholz zum Cum-Ex-Steuerskandal will die Staatsanwaltschaft nicht verfolgen.

Olaf Scholz im Anzug mit schwarzer Maske

Hat er nun die Unwahrheit gesagt, oder nicht? Olaf Scholz Foto: Michael Kappeler/dpa

HAMBURG taz | Die Strafanzeige des Rechtsanwalts Gerhard Strate im Cum-Ex-Steuerskandal wird von der Hamburger Staatsanwaltschaft nicht verfolgt. Der prominente Strafverteidiger hatte Bundeskanzler Olaf Scholz angezeigt, weil er sich vor dem Cum-Ex-Untersuchungsausschuss der Hamburger Bürgerschaft einer uneidlichen Falschaussage schuldig gemacht habe.

Bürgermeister Peter Tschentscher (SPD) warf er Beihilfe zur Steuerhinterziehung vor. Mit seiner Anzeige knüpft er an Ermittlungen der Hamburger Staatsanwaltschaft gegen Scholz an, die drei Wochen vor der Bundestagswahl eingestellt wurden – mit einer aus Sicht Strates unbefriedigenden und nicht mehr aktuellen Begründung.

Bei Cum-Ex geht es um einen Steuerraub in Milliardenhöhe. Vehikel dafür waren Aktiengeschäfte, die in bewusst verschleiernder Weise so gestaltet wurden, dass am Ende unklar war, wer die Aktien zu einem bestimmten Zeitpunkt besaß und Kapitalertragsteuer bezahlt hatte, die er sich vom Finanzamt erstatten lassen konnte. Das Modell war darauf ausgelegt, dass sich auch Investoren die Steuer erstatten lassen konnten, die sie gar nicht bezahlt hatten.

Der Hamburger Ausschuss befasst sich insbesondere mit zwei Entscheidungen des Hamburger Finanzamts für Großunternehmen und der Finanzbehörde aus den Jahren 2016 und 2017. Beide Male wollten die Hamburger Steuerrückforderungen aus mutmaßlichen Cum-Ex-Geschäften der Warburg-Bank verjähren lassen. Dabei ging es insgesamt um 90 Millionen Euro Steuergelder. Der Ausschuss soll die Frage klären, ob die Senatsspitze diese Entscheidungen beeinflusst hat.

Staatsanwaltschaft sieht keinen Anfangsverdacht

In dem von Strate veröffentlichten Ablehnungsbescheid argumentiert die Staatsanwaltschaft, Tschentscher habe 2016 und 2017 als damaliger Finanzsenator gar keine Behilfe zur Steuerhinterziehung leisten können, denn die Steuerbescheide seien ja vor seiner Amtszeit in den Jahren 2011 und 2012 ergangen. Als die Bescheide 2016 und 2017 erneut geprüft wurden, seien die in Rede stehenden Taten „bereits materiell beendet“ gewesen.

„Das ist eine ebenso schlanke wie rechtlich unzutreffende Argumentation“, kommentiert Strate. Die Steuerbescheide 2011 und 2012 seien „unter dem Vorbehalt der Nachprüfung“ ergangen. Ob die Warburg-Bank die erstattete Kapitalertragssteuer behalten durfte, habe gerade nicht festgestanden. Somit sei die angezeigte Tat eben nicht abgeschlossen gewesen.

Die Erinnerungslücken von Olaf Scholz, der 2016 und 2017 Erster Bürgermeister war, und in denen Strate eine falsche uneidliche Aussage sieht, hält die Staatsanwaltschaft für durchaus verständlich. Schließlich habe sich der damalige Bürgermeister in diesen Jahren mit der Vor- und Nachbereitung des G20-Gipfels in Hamburg befassen müssen.

Und in seinen Jahren als Bundesfinanzminister habe er sich mit Skandalen wie den Paradise Papers und Wirecard auseinandersetzen müssen. „Auf die bloße subjektive Annahme der Falschheit einer Aussage lässt sich ein Anfangsverdacht nicht stützen“, resümiert die Staatsanwaltschaft.

Strate fällt dazu bloß soviel ein: Jeder Bürger könne sich mit Blick auf die Antwort der Staatsanwaltschaft selbst ein Bild davon machen, mit welchem Wohlwollen die Staatsanwaltschaft die Erinnerungslücken des ehemaligen Bürgermeisters beurteile. „Sie hat dafür den Segen der Stadtregierung, aber nicht den der denkenden und immer noch urteilskräftigen Bürger“, vermutet Strate.

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