Erster Bundeshaushalt der Ampel: Lindner hofft auf Ende der Notlage

Die Regierung nimmt viel mehr Schulden auf als beabsichtigt. Als Reaktion auf Krieg und Inflation soll bald ein Ergänzungshaushalt folgen.

Windräder im Sonnenuntergang

Auch der Energie- und Transformationsfonds soll mit Krediten finanziert werden Foto: Christian Chasirius/dpa

BERLIN taz | Das gab es erst zwei Mal in der Geschichte der Bundesrepublik. 1967 und 2020 legten die jeweiligen Bundesregierungen einen Haushaltsplan vor, in dem wesentliche Teile fehlten. Nun greift die Ampelregierung wieder zu diesem Mittel: Das Bundeskabinett beschloss am Mittwoch den Entwurf des Bundeshaushalts für 2022 – doch bald schon folgt ein sogenannter Ergänzungshaushalt. Damit wollen SPD, Grüne und FDP nochmals auf den russischen Krieg und die Inflation der fossilen Energiepreise reagieren.

Augenblicklich umfasst der Etatentwurf 2022 Einnahmen und Ausgaben von 458 Milliarden Euro. Knapp 100 Milliarden Euro davon stammen aus neuen Schulden. Wegen Corona hatte schon die alte Regierung die im Grundgesetz verankerte Schuldenbremse ausgesetzt.

Auch weitere Posten will die Ampel teilweise oder ganz mit Krediten finanzieren, etwa den Energie- und Transformationsfonds und das neue Sondervermögen für die Bundeswehr. Die Mittel des Ergänzungshaushaltes werden ebenfalls aus neuen Schulden stammen – sie sollen unter anderem die hohen Energiekosten zugunsten von Privathaushalten und Firmen abfedern.

„Wir kennen die makroökonomischen Auswirkungen des Ukraine-Krieges nicht“, sagte Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP) zur Begründung des Ergänzungshaushaltes. Deshalb müsse man sich noch etwas Zeit lassen, um weitere Maßnahmen zu beschließen. „Das zweite Entlastungspaket wird kommen“, so Lindner.

Union kritisiert den Entwurf

„Der Haushalt ist geschönt und auf Sand gebaut“, kritisierte dagegen Christian Haase, der haushaltspolitische Sprecher der Union im Bundestag. „Infolge des Ukraine-Kriegs sind viele Positionen falsch oder im Zweifel noch gar nicht veranschlagt.“ So seien die Steuereinnahmen deutlich zu hoch angesetzt und Ausgaben für die Kosten für die Flüchtlinge nicht berücksichtigt, erklärte Haase.

Konkret sind im Haushaltsentwurf für 2022 nochmals rund 24 Milliarden Euro Mehrausgaben wegen Corona enthalten, etwa Hilfen für Unternehmen. Die Verkehrsinvestitionen sollen während der kommenden fünf Jahre in Richtung 20 Milliarden Euro jährlich zunehmen.

Für den Bau von Sozialwohnungen stellt die Koalition dieses Jahr zwei Milliarden zur Verfügung, ab 2025 dann schon 3,5 Milliarden. Insgesamt 50 Milliarden Euro sind jährlich für Investitionen eingeplant.

Im Bundeshaushalt 2023 will die Regierung die Schuldenbremse einhalten. „Das ist ein „Befehl unserer Verfassung“, sagte Lindner. Er hoffe, dass es nicht mehr nötig sei, eine Haushaltsnotlage zu beschließen – die Voraussetzung für die Lockerung der Schuldenbremse.

Um das zu schaffen, müssten die Ausgaben 2023 um rund 50 Milliarden Eurogegenüber 2022 sinken. Ob das gelingt, ist fraglich. Andererseits entwickeln sich die Steuereinnahmen gut. Nach Berechnungen des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW) lagen sie 2021 um 13 Prozent über dem Vorjahr. Die Wirtschaft erholte sich erstaunlich schnell von der Corona-Krise. Und in diesem Jahr steigen die Steuereinnahmen außergewöhnlich deutlich als Folge der Inflation.

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