Berlins Regierende Bürgermeisterin: Instrumentalisierte Ukrai­ne­r:in­nen

Franziska Giffey lobt den Arbeitswillen ukrainischer Geflüchteter und impliziert, andere Geflüchtete fragten zunächst nach Sozialleistungen. Belege? Fakten? Nope.

Franziska Giffey

Franziska Giffey (SPD) und der alltägliche Rassismus Foto: Paul Zinken/dpa

Heute morgen bin ich wütend aufgewacht, weil Franziska Giffey – Berlins regierende Bürgermeisterin – mal wieder feinstes rassistisches Dogwhistling betreibt. Völlig ohne Not. Nicht, dass es dafür jemals eine Notwendigkeit gäbe. Vor einigen Monaten, als die Zahlen der Geimpften nur langsam anstiegen, mutmaßte sie ohne jegliche Beweise, dass Menschen mit Migrationshintergrund impfkritischer wären. Ihre Behauptungen ließen sich merkwürdigerweise nie belegen. Keine Befragung, keine Studien, keine Fakten. Alles nur Gefühle und Vibes von Frau Giffey. Cool und normal.

Dann behauptete sie am Donnerstag nach einer Bund-Länder-Schalte Folgendes: „Wir hören aus der ukrainischen Community, dass viele, die hier ankommen, nicht als Erstes die Frage stellen: Wo kann ich Leistungen beantragen.“ Sie stellten vielmehr als Erstes die Frage: Wo kann ich arbeiten?

Damit impliziert sie (obwohl es eigentlich fast schon explizit ist), dass es andere Geflüchtete gäbe, die bei der Ankunft in Deutschland als Erstes nach Leistungen fragten. Belege? Fakten? Nope, hier reichen auch wieder nur rassistische Vibes. Hut ab, Frau Giffey!

Wir haben ausführlich gelesen, wie nichtweiße Geflüchtete an Grenzen behandelt wurden und wie ihnen die Flucht erschwert wurde. Wir haben CBS-Reporter gesehen, die zwischen zivilisierten und unzivilisierten Geflüchteten unterschieden. Wir haben europäische Politiker gehört, die von blauen Augen und blonden Haaren sprachen, die eine kulturelle Nähe suggerieren sollten.

Natürlich ist jemand aus einem Nachbarland einem kulturell näher, aber es macht die Person ja nicht menschlicher als eine andere, die einem vermeintlich kulturell nicht so nah ist. Bitte nicht falsch verstehen: Ich finde die Solidarität mit den ukrainischen Geflüchteten schön, wichtig und vor allem richtig. Ich wünschte nur, sie würde für alle Geflüchteten gelten.

Inmitten von alldem kommt jetzt also Giffey mit rassistischen und vor allem unwahren Behauptungen um die Ecke, die das Bild der faulen PoC-Geflüchteten im Kontrast zu den fleißigen weißen Geflüchteten aufrechterhalten sollen.

Es macht mich deshalb wütend, weil Deutschland es den 2015 ankommenden Geflüchteten und denen davor nie leicht gemacht hat, zu arbeiten. Solange dein Aufenthaltsstatus nicht geklärt war, war arbeiten, studieren und vieles mehr unmöglich. Wie kann man es ihnen dann später zum Vorwurf machen? Und wie zynisch muss man sein, um die ukrainischen Geflüchteten für seine eigene rassistische Agenda zu instrumentalisieren?

Wenn unsere Po­lit­ke­r*in­nen solche gefährlichen und unwahren Behauptungen in den Raum stellen und sich später dann über gesellschaftliche Spaltung beschweren, dreht sich mein Kopf.

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Journalistin, Speakerin und freie Kreative. Kolumne: "Bei aller Liebe". Foto: Pako Quijada

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