Zwölf Thesen: Warum Masken super sind

Viele Coronabeschränkungen laufen weitgehend aus, darunter auch die Maskenpflicht. Dabei gibt es genug Gründe, warum wir weiter Maske tragen sollten.

2 Frauen mit Beschrifteten Masken: Male Love not War

Masken kann man auch für Statements nutzen, wie hier auf der Friedensdemo in Köln im Februar Foto: Daniel Biskup

Pünktlich zum „Freedom Day“ an ­diesem Sonntag brechen die täglichen Neuinfektionen sämtliche ­Rekorde. Trotzdem will die Bundesregierung die geltenden Coronabeschrän­kungen weitgehend lockern – ­inklusive Maskenpflicht. Dabei gibt es genügend Gründe, warum man sich die Maske nicht voreilig vom Gesicht reißen sollte.

Schau mir in die Augen

Vielleicht können Sie sich noch an den all­täglichen Sexismus in der vorpandemischen Zeit erinnern. Damals verfingen sich die Augen des ­Gegenübers mit Vorliebe dort, wo sie nichts zu ­suchen ­hatten. Mal saugten sie sich am Hintern fest, dann ­krochen sie einem tief in den Ausschnitt, um im Anschluss daran eine nähere Untersuchung des Rachenraums vorzunehmen. Und das, obwohl man selbst nichts anderes im Sinn hatte, als sich auf Augenhöhe zu unterhalten. Doch dann kam die Maske und mit ihr die Erleichterung. Seitdem der Mund hinter einem Stück Stoff verborgen ist, liegt der Fokus derart auf den Augen, dass sogar die hartnäckigsten Glotzer manchmal hineinschauen. Und das soll bitte auch so bleiben!

Urlaub vom Dauergrinsen

Schon Kindern wird vermittelt, dass sie ein fröhliches Gesicht machen müssen, damit sie keine Zumutung für ihre Umgebung sind. Doch seit der Maskenpflicht können wir unsere verkrampften Mundwinkel auch im öffentlichen Raum mal so richtig schön hängen lassen. Bleiben wir doch noch ein wenig dabei, vor allem, weil es momentan sowieso nicht viel zu lachen gibt.

Endlich Knoblauch en masse

Die Maske ist auch deshalb so super, weil man dank ihr endlich so viel Knoblauch essen kann, wie man möchte, ohne dass man zur Geruchsbelästigung für andere wird: Dank FFP2 atmet man seinen Odeur nunmehr vor allem selbst ein. Wer das nicht aushält: Immer auch eine Packung Kaugummi dabeihaben. Die hat schon so manchen Theaterabend gerettet.

Leise ist das neue Laut

Wie angenehm leise es seit der Pandemie in den Zugabteilen oft zugeht. Keine nervigen Telefonate mehr, bei denen man jedes Wort mithört, keine passiv-aggressive Familienkommunikation. ­Stattdessen Ruhe, Frieden, Durchatmen. Nicht, dass nun gar nicht mehr gesprochen würde. Vielmehr hat sich das Material der Masken wie eine dicke, fette Decke über das Gerede gelegt. Himmlisch.

Weniger schlaflose Nächte

Wenn ich schon als 37-Jährige ohne Vorerkrankungen Angst vor dem Virus hatte, wie ist es dann erst Menschen über 80 oder solchen mit einer Herz-Kreislauf-Erkrankung in den vergangenen zwei Jahren ergangen? Erst die Angst vor Tröpfchen, dann der Horror vor Aerosolen. Und jetzt, da mehr als je zuvor herumschwirren, sollen wir die Maske wieder ablegen? Da sind durchwachte Nächte doch vorprogrammiert.

Maske als Schnelltest

Trägt jemand im Supermarkt keine Maske – oder nur einen zur Maske umfunktionierten ­Stringtanga –, kann man sich zu 99,9 Prozent sicher sein, dass es sich um ein ignorantes Arschloch handelt, dem andere Menschen egal sind. Baumelt die Maske hingegen unter der Nase, ist die Wahrscheinlichkeit sehr hoch, dass sich da jemand, egal welchen Alters, immer noch in der Pubertät befindet. Und dann gibt es noch all die Held*innen, die die Maske zwar tragen, sie aber zum Niesen kurz runterziehen. Wollen wir diesen schönsten aller Covidioten-Indikatoren allen Ernstes abschaffen?!

Grippe adé

Selbst hartgesottene Co­ro­nal­eug­ne­r*in­nen würden wohl kaum abstreiten, dass Husten, Schnupfen und Heiserkeit existieren. Und unbeschadet durch die Grippesaison bringt uns, genau, die Maske. Durch den speziellen Filterstoff der FFP2-Masken (nein, OP- und Stoffmasken zählen nicht!) können uns auch die Bakterien und Viren anderer Hals-, Nasen- und Rachenerkrankungen kaum etwas anhaben. Es sei denn, man hat mal wieder Lust auf eine richtig schöne Influenza.

Heute mal inkognito

Vielleicht sollte man die Maske viel mehr feiern, bietet sie uns doch den besten Schutz vor ungewollten Blicken. Zieht man dazu noch eine Sonnenbrille und eine Kapuze auf, fühlt man sich ein bisschen wie ein Promi, der Selfies mit Fans aus dem Weg gehen möchte. Und muss den unangenehmen Nachbarn nicht grüßen.

So kuschelig

Bevor es die Maske gab, habe ich mich öfter gefragt, wie ich dieses einzigartige Gefühl, das ich immer nur dann habe, wenn ich gerade unter meiner fluffig weichen und super kuscheligen Bettdecke liege, in meinen harten, zackigen Alltag integrieren kann. Dann zog ich zum ersten Mal eine FFP2-Maske auf, und – Bäm! –, da war es, im handlichen Pocket-Format.

Segelohren für alle

Meine Schwester liebt Segelohren und befindet sich deshalb gerade auf Wolke 7. Denn dank der elastischen Schlaufen, mit denen die Maske an den Ohren befestigt wird und sie dabei etwas nach vorne zieht, sehen wir alle ein bisschen aus wie Teletubbies. Doch nicht nur meiner Schwester gefallen die Maskengesichter gut, auch eine Studie besagt, dass wir insgesamt attraktiver mit Maske erscheinen. Na dann: Behalten wir sie doch einfach für immer auf.

The Masked Singer

Lieblings-Karaokebar geschlossen? Keine Zeit für Party aufgrund von Alltagsverpflichtungen? ­Einfach in die U-Bahn setzen, Spotify einschalten und hinter der Maske lautlos mitsingen. Das macht mindestens so viel Spaß, wie den Mitfahrenden heimlich die Zunge rausstrecken. ­Ehrenwort!

Sorry, es ist noch nicht vorbei

Und, ähm, war da nicht was? Existiert nicht seit zwei Jahren dieses Virus? Mehr als 6 Millionen Tote und 462 Millionen Erkrankte gab es bisher weltweit – und ein Ende ist nicht in Sicht. Klar, es gibt seit Längerem die Impfung, die bei den meisten von uns das Schlimmste wohl verhindern wird. Ebenso klar ist, dass wir das Virus nicht mehr loswerden und deshalb mit ihm leben müssen. Das heißt aber nicht, dass nun alles wieder normal ist: Wer trotz der aktuellen Zahlen, die in Deutschland so hoch sind wie noch nie, die Maske in den Müll werfen will, hat den Verstand verloren.

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Hat mal Jura studiert und danach Kreatives Schreiben am Literaturinstitut Hildesheim. Hat ein Volontariat bei der Märkischen Oderzeitung gemacht und Kulturjournalismus an der Universität der Künste Berlin. Schreibt über feministische Themen, Alltagsphänomene, Theater, Literatur und Film.

Die Coronapandemie geht um die Welt. Welche Regionen sind besonders betroffen? Wie ist die Lage in den Kliniken? Den Überblick mit Zahlen und Grafiken finden Sie hier.

▶ Alle Grafiken

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.