Regierungschefs besuchen Kiew: Unmissverständliche Solidarität

Dank der deutschen Zurückhaltung ist die Bedeutung der Länder Ostmitteleuropas im Ukrainekrieg politisch gewachsen. Deutschland gilt als Appeaser.

Barrikaden und Sandsäcke auf dem Maidan-Platz,

Vorkehrungen für Einmarsch der Russen: Maidan-Platz im Zentrum Kiews am 12. März Foto: Andrea Filigheddu/imago

Die recht abenteuerlich anmutende Visite der Regierungschefs von Polen, Slowenien und Tschechien in der umkämpften ukrainischen Hauptstadt Kiew am Dienstag beweist mal wieder, dass Raum und Zeit nur Formen unserer sinnlichen Anschauung sind. Denn der Westen reicht heute bis tief in die Ukraine. Als Wertegemeinschaft zumindest.

Die Ministerpräsidenten waren ja nicht auf eigene Faust am frühen Morgen per Zug von Warschau nach Kiew gereist, um dem ukrainischen Präsidenten Wolodimir Selenski ihre „unmissverständliche Unterstützung“ auszudrücken. Sondern auch als Vertreter der EU und des Europarats. Mag die EU ihre ersten Andeutungen eines beschleunigten EU-Beitritts der Ukraine auch relativiert haben, wobei die Idee ja schon von Anfang an eher emotional begründet schien. Zu „Europa“ und ihren Werten gehöre die Ukraine schon jetzt. Das ist die unüberhörbare Meta-Message dieses Besuchs.

Dank der deutschen Zurückhaltung sind die Länder Ostmitteleuropas außenpolitisch enorm gewachsen. Aber wer würde auch die Lage der Ukrainer besser verstehen als die, die sie aus historischer Erfahrung kennen? Die Tschechen zum Beispiel erkennen im Minderheitenkampf im Donbas die Sudetenkrise von 1938 wieder und russische Panzer sind überall in der Region noch in lebhafter und leidvoller Erinnerung.

Sehr viele Menschen in Osteuropa sehen Deutschland heute in der Rolle des „Appeasers“. Die Deutschen glauben offenbar noch immer, so der Eindruck, Autokraten und Diktatoren beschwichtigen zu können. Deutschland, so der Vorwurf, hat viel zu viel Angst vor Putin und seinen Drohungen.

Viel lieber würde Mitteleuropa eine härtere Linie fahren, von Waffenlieferungen bis Flugverbotszone. Die wird inzwischen ja schon von den baltischen Staaten gefordert und findet in den Visegrad-Staaten immer mehr Unterstützung. Aber wenn die EU ihren Eiertanz zwischen Slava Ukraina und Putin-Appeasement so weitermacht, könnte sich bald eine Spaltung der EU-Außenpolitik abzeichnen.

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