Coronalage in Deutschland: Gute Zahlen, schlechte Zahlen

Trotz Infektionsrekord sollen bundesweite Coronaregeln am Sonntag auslaufen. Die Sterberate ist niedrig. Doch erste Länder verlängern die Maßnahmen.

Ein Mädchen, das eine Mundschutzmaske trägt, schreibt Zahlen an eine Schultafel

Viele Bundesländer beschlossen Übergangsregelungen bis zum 1. April Foto: Guido Kirchner/dpa

BERLIN taz | Die Zahl der Corona-Infektionen springt von Rekord zu Rekord. Doch die Bundesregierung hält daran fest, ab Sonntag die für Bundesländer möglichen Coronamaßnahmen deutlich zu reduzieren. Was wie ein fataler Irrweg erscheint, ist bei einem genauen Blick auf die Zahlen nachvollziehbarer.

198.888 weitere Infektionen hat das Robert Koch-Institut am Dienstag registriert. Die 7-Tage-Inzidenz stieg auf 1.585,4, so hoch wie noch nie seit Beginn der Pandemie. Im Schnitt der letzten Woche haben sich erstmals mehr als 200.000 Menschen Tag für Tag infiziert. 17,4 Millionen Infektionen hat das RKI seit Pandemiebeginn vor zwei Jahren verzeichnet, die Hälfte davon allein in den letzten sieben Wochen. Die Coronavariante Omikron und vor allem die mittlerweile noch weiter verbreitete Subvariante BA.2 sind ohne Zweifel hochansteckend.

Das sei „sehr beängstigend“, sagte auch Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) am Dienstag. Aber bundesweite Regelungen etwa für die Maskenpflicht seien derzeit dennoch weniger angebracht, weil es keine Überlastung des Gesundheitssystems mehr gebe.

Dabei ist auch die Zahl der coronapositiven Pa­ti­en­t:in­nen in den Kliniken auf Rekordniveau. Laut Berechnungen des RKI lag die Hospitalisierungsrate am Dienstag bei 7,21, das heißt je 100.000 Ein­woh­ne­r:in­nen wurden in den letzten sieben Tagen 7,21 Menschen mit einer Corona-Infektion in einer Klinik aufgenommen. Inklusive der regelmäßig sehr zahlreichen Nachmeldungen dürfte die Rate bei 12 bis 13 liegen. Höhere Zahlen wurden nie vermeldet, seit das RKI im Juli 2021 veröffentlicht.

Doch die Hospitalisierungsrate hat an Aussagekraft eingebüßt, seit Omikron das Geschehen prägt. Sie ist zwar hochansteckend, aber im Verlauf milder. Daher sind viele Pa­ti­en­t:in­nen auf Normalstationen inzwischen tatsächlich nur mit, nicht wegen Corona im Krankenhaus.

Die Intensivstationen sind nicht mehr überlastet

Anders sieht die Lage auf den Intensivstationen aus. Wer dort coronapositiv ist, muss auch als Covid-19-Patient gelten. Doch obwohl sich die Infektionen seit Jahresbeginn fast verzehnfacht haben, ist die Zahl der In­ten­siv­pa­ti­en­t:in­nen erst kontinuierlich gesunken und hat sich seit Wochen bei 2.300 eingependelt. Während der letzten Delta-Welle waren es mehr als doppelt so viele. Eine Überlastung des Gesundheitssystems ist an dieser Stelle tatsächlich nicht zu erkennen.

Noch deutlicher ist die Entwicklung bei den Totenzahlen. Aktuell wird etwa ein Corona-Opfer pro 1.000 Infektionen registriert. Während der letzten Delta-Welle Ende 2021 waren es trotz bereits weit verbreiteter Impfung noch sieben bis acht, bei der letzten Welle vor Beginn der Impfkampagne gar bis zu 50. Was die Totenzahlen betrifft, ist Omikron tatsächlich sehr mild – auch dank der Impfungen. In Hongkong etwa trifft die Omikronwelle aktuell auf weitgehend ungeimpfte ältere Menschen: Die Sterberate ist dort so extrem wie hierzulande vor Beginn der Impfkampagne.

Auch abseits solcher Extremfälle ist das milde Omikron alles andere als harmlos. Kliniken, Labore und auch Zeitungsredaktionen berichten von sehr hohen Krankenständen. Betroffene Kol­le­g:in­nen erzählen, dass auch ein milder Verlauf so heftig sein kann, dass man ihn nicht haben möchte. Zudem steigt seit vier Tagen langsam wieder die Zahl der In­ten­siv­pa­ti­en­t:in­nen.

Etliche Bundesländer sind daher vorsichtig geworden. Bayern beschloss am Dienstag, die Übergangsregelungen zu nutzen; Zugangsbeschränkungen und Maskenpflicht in Schulen oder im Handel werden bis 2. April verlängert. Ähnliche Pläne gibt es unter anderem in Hamburg, Mecklenburg-Vorpommern und Nordrhein-Westfalen.

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