Bremen plant Coronabonus für Kinder: Endlich etwas Anerkennung

Eine Gutscheinkarte für alle 0- bis 18-Jährigen soll Freizeitspaß ermöglichen, der in Corona ausgefallen ist. Das ist Symbolpolitik – aber gute.

Sechs Kinder und Jugendliche springen gleichzeitig vom Beckenrand in einem Freibad ins Wasser

Endlich wieder Spaß: Der Bremer Coronabonus für Kinder soll's möglich machen Foto: Mohssen Assanimoghaddam/dpa

BREMEN taz | Ein Kalender wie vor Corona: Pack im Juli die Badehose ein und ab ins Freibad! Schau dir im August das Science-Center an. Und wenn dir im September das Tablet zu klein wird, geh mit deinen Freunden ins Kino. Und im Oktober? Wer weiß, vielleicht ist dir ja nach Kletterhalle zumute, oder nach Trampolinpark.

Kinder in Bremen sollen ab Sommer ein Stück Freiheit in die Hand gedrückt bekommen: Die „Fami­lien­Card“ soll nach Plan der rot-grün-roten Koalition eine Art Universalgutschein für kindgerechte Aktivitäten sein. Es ist kein Sozialticket, nix, wofür man erst Bedürftigkeit vorweisen müsste. Die Karte geht, so der Plan, an jedes Kind, an alle zwischen 0 und 18. Ein kleiner Ausgleich soll sie sein für zwei richtig fiese Jahre. Sie wird, so die Idee, der Coronabonus der Kinder.

Coronabonus? Um gerade einmal 60 Euro geht es fürs Jahr 2022, um noch mal 60 Euro fürs nächste. Peanuts, kann man meckern, pisseliger Kleinscheiß, kaum ein Tropfen auf dem heißen Stein. Reine Symbolpolitik. Und klar: 5 Euro im Monat, das ist nicht die Summe, die Familien durch harte Zeiten hilft. Aber der Vorwurf ist wohlfeil. Dass Eltern eine fettere Unterstützung und dauerhaft armutsfeste Löhne und Sozialleistungen verdienen: geschenkt.

Dass aber Kinder nach zwei Jahren Pandemie unmittelbar berücksichtigt werden, kann man trotzdem gutheißen. Die Gutscheine gehen eben nicht für Miete, Energiekosten, für Kleidung und andere Notwendigkeiten drauf, sondern nur für das, was Spaß macht und in der Coronazeit hintenüber gefallen ist.

Kinder leiden unter der Pandemie

Es ist ein Allgemeinplatz, dass Kinder in der Pandemie zu kurz gekommen sind – aber ein wissenschaftlich belegter. In der Copsy-Studie des Universitätsklinikums Hamburg-Eppendorf 2021 gaben vier von fünf Kindern an, dass sie sich durch die Pandemie belastet fühlen; Depressionen und psychosomatische Beschwerden wie Kopf- und Bauchschmerzen waren die Folge. Fast jedes dritte Kind zeigte nach zehn Monaten Pandemie psychische Auffälligkeiten.

Zugegeben: Es allen recht zu machen, das war und ist schwer. Distanzunterricht kann eine Qual sein, gerade für die, bei denen die Bedingungen zu Hause nicht stimmen; Maske tragen im Unterricht ist über einen ganzen Schultag hinweg mindestens ungemütlich; und jetzt, wo all dies Ungemach langsam abgeschafft wird, ist die Alternative auch ziemlich übel: Sie heißt Durchseuchung und spiegelt sich in Inzidenzen, die aktuell fast doppelt so hoch sind, wie die der Durchschnittsbevölkerung.

Gleicht die FamilienCard irgendetwas davon aus? Natürlich nicht. Aber sie ist ein Zeichen: Wir sehen euch, wir zollen euch Respekt, und wir schulden euch was. Symbolpolitik? Ja, bitte! Bleibt noch ein Appell an die Eltern: Wenn eure Kinder groß genug sind, gönnt ihnen das Erlebnis, selbst über die Karte zu verfügen. Sie haben sich das verdient.

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Dieser Artikel stammt aus dem stadtland-Teil der taz am Wochenende, der maßgeblich von den Lokalredaktionen der taz in Berlin, Hamburg und Bremen verantwortet wird.

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