Autoindustrie und Krieg: Stillstand der Produktion

Russlands Krieg gegen die Ukraine wirkt sich auf die globale Autoindustrie aus. Ein Experte warnt vor steigenden Kosten und Produktionsausfällen.

PKW in einer Fabrik.

Kia-Fabrikation im russischen Kaliningrad im September 2021 Foto: Vitaly Nevar/Itar-Tass/imago

BERLIN taz | Wenn es um die wirtschaftlichen Folgen des Russland-Ukraine-Krieges geht, wird bisher vor allem über die Abhängigkeit von russischem Gas gesprochen. Doch auch für die globale Autoindustrie wird der Konflikt spürbare Auswirkungen haben.

„Erhebliche direkte und indirekte Folgen“ prognostiziert Stefan Bratzel, Direktor des Center of Automotive Management (CAM) in Bergisch-Gladbach, in einer von ihm veröffentlichten Kurzanalyse. Während die Ukraine für die Industrie keine wichtige Rolle spielt, kommt Russland auf Platz acht der weltweit größten Automobilmärkte. Im Jahr 2021 wurden 1,67 Millionen Pkws und leichte Nutzfahrzeuge in Russland verkauft.

Am stärksten von den Sanktionen betroffen werde voraussichtlich der südkoreanische Hyundai-Konzern sein, zu dem auch die Marke Kia gehört. Das Unternehmen hatte im vergangenen Jahr 380.000 Fahrzeuge in Russland verkauft, gefolgt von Avtovaz (Lada) mit 351.000 und Renault-Nissan-Mitsubishi mit 212.000 Fahrzeugen.

Für die deutschen Autohersteller schätzt Bratzel die Auswirkungen als moderat ein. VW habe in Russland lediglich einen Marktanteil von 12 Prozent; BMW und Mercedes von je nur rund 3 Prozent. Sowohl Renault als auch Volkswagen unterhalten eigene Werke in Russland. Da die Fabriken viele Einzelteile aus dem Ausland beziehen, müssten die Hersteller aufgrund der Sanktionen „mit erheblichen Störungen der Lieferkette der Produktion“ rechnen, warnt Bratzel. „Damit droht der Stillstand der Produktionsbänder in Russland.“

Engpässe in europäischen Werken

Als Zulieferer spielten weder die Ukraine noch Russland global gesehen eine wichtige Rolle. Aber: Aufgrund der komplexen Wertschöpfungsnetzwerke der Automobilindustrie könnten Zulieferer vorgelagerter Produktionsstufen betroffen sein. Das könne dann letztlich doch zu Engpässen in europäischen Werken führen.

„Russland wird lange Zeit als wichtiger Absatzmarkt und Produktionsstandort für die Automobilindustrie ausfallen“, schlussfolgert Bratzel. Trotz vieler Unwägbarkeiten hält er eine Entwicklung für absehbar: Die Industrie werde über viele Jahre keine relevanten Investitionen in dem Land tätigen.

Langfristig werde das Autofahren durch den Russland-Ukraine-Krieg sogar insgesamt teurer, prophezeit Bratzel. Verantwortlich dafür seien vor allem die gestiegenen Öl- und Energiepreise. Womit sich der Kreis schließt: Auch für die Autoindustrie spielt russisches Gas am Ende eine wichtige Rolle – wenn auch indirekt, durch Energiekosten in der Produktion und Benzinpreise.

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