Eine scharzer Stuhl mit einem Platzhalterschild "Jesus"

Foto: Angelika Warmuth/dpa

Oberammergauer Passionsspiele:Jesus Christ!

Am 14. Mai sollen in Oberammergau endlich die Passionsspiele Premiere feiern – und eine halbe Million Zuschauer in das Dorf locken. Und Corona?

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16.3.2022, 19:01  Uhr

Christian Stückl steht in der Mitte des Kleinen Theaters von Oberammergau, bebend, in einer Pose fast biblischen Zorns. „Ihr denkt, er sei von Gott geschlagen“, ruft er in den Saal, „von ihm getroffen und gebeugt? Nein. Er wurde geschlagen wegen unserer Verbrechen, wegen unserer Sünden zermalmt.“

Christian Stückl ist in diesem Moment nicht Christian Stückl, der Regisseur und Spielleiter der Oberammergauer Passionsspiele, sondern schlüpft in die Rolle des Apostels Johannes, der gerade Zeuge wird, wie Jesus auf dem Weg zur Kreuzigung zusammenbricht. Stückl führt dem Johannes-Darsteller vor, wie er die kurze Szene ausdrucksvoller gestalten kann, in der sich Johannes über die billigen Phrasen eines Weggefährten ärgert – von wegen Gottes Fügung und so. „Da muss i spür’n, dass di des aufregt.“

Auf dem Probenplan stehen an diesem Tag Mitte Februar die Szenen „Kreuzweg“ und „Kreuzigung“. Die Mitwirkenden sitzen um Stückl herum. Sie tragen Jeans und Kapuzenpullis, Holzfällerhemden und Daunenjacken. Die rund 2.000 Kostüme hängen drüben im Passionstheater. Mit Ausnahme des rotsamtenen Bühnenvorhangs strahlt der Saal wenig Theateratmosphäre aus. Keine Requisiten, kein Bühnenbild. Die Schau­spie­le­r haben ihre Stühle im Zuschauerraum im Halbkreis aufgestellt, manche gehen in dem kopierten Textheftchen noch einmal still ihre Einsätze durch. Das Ganze sieht zunächst mehr nach Bibelstunde als nach Theaterprobe aus. Doch die Stimmung ist gut. Alle freuen sich, dass es endlich wieder vorangeht.

„Wir müssten die Szenen eigentlich draußen proben. Da ist so viel Bildliches drin“, sagt Stückl zu seiner Truppe. Draußen, das hieße auf der großen Freilichtbühne des Passionstheaters. „Ob wir das bis zur Premiere hinkriegen? Jetzt lesma’s noch mal durch. Der Robert fängt an.“

Natürlich laufen die Proben nicht so wie sonst alle zehn Jahre, wenn wieder Passionsspiele in dem oberbayerischen Dorf anstehen. Immer wieder fehlen Darsteller, weil sie sich mit Corona infiziert haben. Auch heute. Man ruft sich gegenseitig zu, was man weiß: „Der hat Corona.“ Oder: „Ich glaub’, dem seine Schwester ist positiv.“ Ein römischer Soldat hatte schon den dritten Impfdurchbruch. Auch dass jede Rolle doppelt besetzt ist, hilft nicht immer: Letzte Woche waren beide Judasse an Covid erkrankt.

Wer trotzdem kommt, muss sich beim Betreten des Saals einem Schnelltest unterziehen. Stückl probt zudem in kleineren Gruppen als sonst üblich. Waren früher 70 bis 80 Leute bei einer Probe, sind es jetzt zehn bis zwanzig. Der zweite Spielleiter, Abdullah Karaca, spricht die Rollen der Abwesenden ein.

Christian Stückl, Spielleiter

„Das Passionsspiel war früher Propagandamittel der Kirche, das ist es nicht mehr“

Seit dem 6. Januar laufen die Proben, fast jeden Abend zwischen 19 und 22 Uhr. Für die Hauptdarsteller, die in vielen Szenen auftreten, eine anstrengende Zeit. Schließlich sind es ausschließlich Laien, die tagsüber meist einem Beruf nachgehen.

Spielleiter mit 24 Jahren

„Nun stehe ich in deinen Toren, Jerusalem“, liest eine der beiden Marien. „Friede sei in deinen Mauern. Um meines Sohnes willen, will ich dir Frieden wünschen.“ Stückl unterbricht. „Wenn du einer Stadt um deines Sohnes willen Frieden wünschst, was bedeutet das eigentlich?“ Maria zögert. Stückl hilft ihr: „Dann sagt du ja eigentlich: Ich hoffe, dass hier alles friedlich bleibt. Du versuchst, dir das Positive einzureden. Noch kannst du dir überhaupt nicht vorstellen, dass dein Sohn stirbt.“

Der Versuch, sich das Positive einzureden, das Sich-nicht-vorstellen-Können, dass dies hier am Ende wieder nichts werden könnte – das kennzeichnet auch die gegenwärtige Probenstimmung. Natürlich kann niemand eine Garantie dafür geben, dass den Oberammergauern nicht wieder dasselbe blüht wie vor zwei Jahren. 2020 waren die Passionsspiele das erste bayerische Großereignis, das der Pandemie zum Opfer fiel. In weiser Voraussicht hat man es damals nicht um ein, sondern gleich um zwei Jahre verschoben.

Theaterprobe, ein Mann zerrt einem anderen am Pullover, eine Frau und ein Mann schauen zu

Probenszene im Kleinen Theater: Alle Darsteller werden laufend getestet Foto: Dominik Baur

Aber reicht das? Was, wenn die nächste Virusvariante den Veranstaltern wieder einen Strich durch die Rechnung macht? Die Leipziger Buchmesse wurde abgesagt, auch die Passionsspiele in Perlesreut im Bayerischen Wald finden dieses Jahr wegen Corona nicht statt. Wohlgemerkt: Perlesreut! Die dortigen Spiele sind überregional so wenig bekannt wie der Ort selbst, können allenfalls als Miniaturausgabe von Oberammergau durchgehen. Hundert Darsteller stehen dort auf der Bühne; in Oberammergau sind es rund 2.500. Darsteller, nicht Zuschauer!

Über fast vier Jahrhunderte prägen die Spiele nun schon das Dorf, sind der Taktgeber des Lebens hier. Sie sind identitätsstiftend und Motor der Wirtschaft: „Unsere ganze Dorfstruktur ist so, dass wir alle zehn Jahre das große Geschäft machen“, hat Stückl kurz vor der Probe in seinem Büro auf der Rückseite des Festspielgebäudes erzählt. „Und dann ist wieder zehn Jahre Pause.“ So hängt beispielsweise auch der Fortbestand des örtlichen Schwimmbads letztlich vom Erfolg der Spiele ab.

Stückl, 60, tiefhängende Hose, darüber schlabbert das Hemd, alles in Schwarz, gehört zu den bekanntesten Theatermachern in Deutschland. Er hat an den Münchner Kammerspielen gearbeitet, den „Jedermann“ in Salzburg inszeniert, seit 2002 ist er Intendant des Münchner Volkstheaters. 2006 hat er die Eröffnungsfeier der Fußballweltmeisterschaft inszeniert. Er versteht sich auf große Spektakel.

Frederik Mayet, Jesus-Darsteller

„So was wie das Passionsspiel kommt jetzt genau richtig. Dass man endlich wieder zusammenkommt. Dass die Leute ins Theater gehen. Das sind so Sachen, die in den letzten zwei Jahren bei fast allen viel zu kurz gekommen sind“

Und er ist durch und durch Oberammergauer, von klein auf bei den Passionsspielen dabei. Mit 16 steht für ihn fest: Eines Tages will er Spielleiter werden. Mit 24 ist er es bereits. Inzwischen gibt es in der Geschichte der Passionsspiele nur einen, der sie öfter leitete.

„Da kann der Söder nicht mehr zurück“

Drüben in der Dorfkirche von Oberammergau steht am rechten Altar das Kreuz, an dem das Gelübde abgelegt worden sein soll, auf das sich die Passionsspiele bis heute berufen. Es war 1633, mitten im Dreißigjährigen Krieg, und die Pest wütete gerade in der Gegend. Man werde alle zehn Jahre die Passionsgeschichte zur Aufführung bringen, wenn Gott das Dorf von der Pest befreie, lautete der Schwur. Seither hat es, so die Überlieferung, keinen einzigen Pesttoten mehr in Oberammergau gegeben.

Ohne Seuche gäbe es also die Spiele nicht. Aber wird es sie jetzt mit ihr geben?

„Auf jeden Fall“, sagt Stückl, vor sich einen Cappuccino. Spätestens nach den jüngsten Lockerungsübungen des bayerischen Ministerpräsidenten will sich der Spielleiter von diesem Glauben nicht mehr abbringen lassen. „Da kann der Söder nicht mehr zurück. Ich weiß nicht, ob die Spiele jetzt genauso stattfinden, wie sie 2020 geplant waren, oder ob wir bloß 75 Prozent reinlassen dürfen. Aber stattfinden werden sie.“

Auch Jesus-Darsteller Frederik Mayet ist voller Zuversicht. Der 41-Jährige kommt gerade ins Büro. Die glatten, dunkelblonden Haare sind schulterlang. Jesus? Das passt. Mayets Äußeres ähnelt so mancher klassischen Messias-Darstellung. Er ist aber auch Stückls Pressesprecher – im Münchner Volkstheater ebenso wie bei den Passionsspielen. „Das wird ein super Sommer werden“, sagt Mayet. „Das Passionsspiel kommt jetzt genau richtig. Dass man endlich wieder zusammenkommt. Dass die Leute ins Theater gehen. Das sind so Sachen, die in den letzten zwei Jahren bei fast allen viel zu kurz gekommen sind.“

Die Jungen fehlen

Auch im Probenraum denken viele so. Sophie Schuster, eine der beiden Darstellerinnen der Maria Magdalena, kann sich noch gut erinnern, wie ihr die Absage vor zwei Jahren den Boden unter den Füßen weggezogen hat. Aber jetzt ist sie guter Dinge: „Stand heute, habe ich ein gutes Gefühl. Ich bin jetzt echt motiviert und freu’ mich.“

Der Herr wird’s schon richten.

Nur was mit den rund 120.000 Karten passiert, die man auf den amerikanischen Markt geworfen hat, ist noch nicht absehbar. Amerikaner lieben das Jesus-Spektakel am Fuße des Kofel, gut ein Viertel des Publikums reist traditionell aus den USA an. Den Rückmeldungen zufolge scheinen aktuell viele den Flug nach Europa zu scheuen – nicht wegen der Pandemie, sondern wegen des Krieges in der Ukraine.

Theaterprobe: ein Mann steht auf einem Tisch, daneben sitzt einer und erklärt, ein anderer schaut stehend zu

Regisseur Stückl erklärt eine Szene, während Jesus (Rochus Rückel) der Dinge harrt, die da kommen Foto: Dominik Baur

Damit könnte man umgehen. Zum einen genügen schon 65 Prozent Auslastung für den Break-even, zum anderen kamen auch im Jahr 2010 hunderttausend Karten aus den USA zurück, damals infolge der Finanzkrise. Für diese Karten fanden sich dann Käufer aus Deutschland.

Nicht dass das alles leicht wäre. Die Jungen zum Beispiel – die fehlen. Rund 40 Leute aus der Besetzung von 2020 seien inzwischen abgesprungen, erzählt Stückl, überwiegend junge. Die Haupt­dar­stel­le­r sind zwar noch dabei, aber in der zweiten, dritten Reihe lichtet es sich. Zwei der drei Brüder Jesu, vier Apostel, fünf römische Soldaten, fünf Tempelwachen und, und, und … „Gerade die Studenten, die jetzt im dritten, vierten Jahr sind, haben gesagt, sie können nicht noch mal ein Freisemester nehmen.“

Jetzt, drei Monate vor der Premiere, fehlen noch immer Mitwirkende. Während sich die Darstellertruppe am Eingang des Kleinen Theaters noch Stäbchen in die Nase schiebt, läuft Stückl im Saal auf und ab, das Mobiltelefon am Ohr. Gerade hat er einen jungen Oberammergauer angerufen, er selbst kennt ihn nur vom Sehen. Trotzdem hält er sich nicht mit langer Vorrede auf: „Wie hast denn Zeit vor der Passion? I tat di gern zum Apostel machen.“ Das Angebot kommt plötzlich, der Angerufene bittet um Bedenkzeit.

Die Zuagroasten müssen 20 Jahre warten

Bei den Älteren gibt es keine Motivationsprobleme. Infektionsrisiko hin oder her, auch wenn sie mit Hunderten gleichzeitig auf der Bühne stehen müssen – sie wollen dabei sein. „Meine Mutter wird 80“, erzählt Stückl, „und sie will unbedingt mitspielen. Mein Vater auch.“ Die älteste Mitwirkende ist 98 Jahre alt.

Es ist das geltende Spielrecht, das die Besetzung mitunter schwierig macht und Stückl deswegen schon lange ein Dorn im Auge ist. Die Pandemie verstärkt dessen Auswirkungen. Mitmachen darf, wer in Oberammergau geboren ist oder seit mindestens 20 Jahren hier lebt. Da schon lange fast alle Oberammergauer in der Klinik im nahen Garmisch-Partenkirchen geboren werden, gilt mittlerweile auch der Ersteintrag am Standesamt. Und Kinder sind ebenfalls von der Regel ausgenommen.

„20 Jahre – das ist einfach zu viel“, sagt Christian Stückl. „So lange zu warten, kann man von keinem verlangen.“ Frederik Mayets Frau etwa stammt aus Uffing, einer Nachbargemeinde. Da sie noch keine 20 Jahre in Oberammergau lebt, darf sie anders als ihr Mann und die beiden Söhne nicht auf die Bühne. Schon schade, findet ihr Mann. Gerade solange die Kinder klein seien, sei das doch etwas, was man gern als Familie gemeinsam erleben würde.

Spielleiter Stückl plädiert daher für ein neues System, eine Art Auswahlverfahren. Das Spielrecht sei im übrigen keine jahrhundertealte Tradition, wie viele dächten. Eingeführt habe man es erst für die Passionsspiele 1960 – damit man die Flüchtlinge und Vertriebenen nicht mitspielen lassen musste, die sich nach dem Krieg hier niederließen.

Die Geschichte der Oberammergauer Passionsspiele, das ist auch eine Geschichte von der Weltoffenheit und der Engstirnigkeit eines kleinen bayerischen Dorfes. Dass dabei Ersteres immer mehr an Gewicht gewinnt, hat viel mit Stückl zu tun. Anfangs haben sie ihm noch einen Aufpasser an die Seite gestellt. Doch spätestens seit seinen zweiten Spielen, im Jahr 2000, ließ er sich nicht mehr vorschreiben, wie er zu inszenieren hat.

Der Pfarrer faselte was von unerlöster Musik

Stückl kann sich noch gut erinnern, wie das im Dorf ankam, als er zum ersten Mal einen Protestanten eine Hauptrolle übernehmen ließ. Im Jahr 2000 war das. Damals lud ihn der katholische Pfarrer zum Kaffee ins Pfarrhaus. Er legte eine Schallplatte auf und fragte: „Kennst du das?“

Stückl wusste, es war der „Elias“ von Mendelssohn, dann legte der Pfarrer noch ein Stück von Bach und eine Messe von Mozart auf. Schließlich sagte er: „Dann analysier' mir doch bitte die Komponisten: Welcher gefällt dir am besten?“ Als Stückl sich für Bach entschied, belehrte ihn der Geistliche: „Hier beginnt dein Problem. Wenn du ein guter katholischer Christ wärst, würdest du hören, dass der Jude Mendelssohn eine unerlöste Musik schrieb, der Protestant Bach mit seiner Hinwendung zur Mathematik sich der Erlösung verweigerte und nur der Katholik Mozart erlöste Musik komponierte.“

Wenn Stückl jetzt einen Protestanten zum Hauptdarsteller mache, fuhr der Pfarrer fort, arbeite er am Niedergang der Passionsspiele. „Da bin ich empört aufgestanden“, erinnert sich Stückl, er sei in den Gemeinderat gegangen und habe gesagt: „Wir haben Religionsfreiheit. Ich fordere, dass der Passus gestrichen wird, wonach ein Darsteller überhaupt einer Konfession angehören muss.“ Eigentlich habe ihn der Zwischenfall mit dem Pfarrer angestachelt. Heute spielen auch muslimische Oberammergauer mit.

Stückl mit seinen – für Oberammergau – modernen Ideen ist nicht nur beliebt im Dorf. Aber natürlich ist er ein Erfolgsgarant, und natürlich wissen sie, dass sie so einen unter den gut 5.000 Ein­woh­ne­rn nicht so schnell wieder finden.

Noch eine Sache, die nicht allen gefiel: Stückl stieg in einen intensiven Austausch mit Vertretern des Judentums ein, um gemeinsam an dem Passionsspieltext zu arbeiten, der starke antisemitische Züge trug. Ein entsprechendes Ansinnen von prominenten Oberammergau-Besuchern jüdischer Abstammung wie Leonard Bernstein oder Billy Wilder war in den Fünfzigern noch brüsk zurückgewiesen worden. Dank Stückl ist der Dialog nun selbstverständlich. Erst vor ein paar Tagen hat er sich wieder mit Vertretern jüdischer Organisationen aus den USA in einer dreistündigen Videokonferenz getroffen.

„Ich werde mich vor der Kirche nicht mehr rechtfertigen für das, was ich mache“, sagt Stückl. Natürlich werde es immer eine Verbindung zwischen den Spielen und der Kirche geben, aber die Zeiten, in denen Pfarrer und Bischöfe künstlerisch mitentscheiden durften, seien vorbei. „Das Passionsspiel war früher Propagandamittel der Kirche, das ist es nicht mehr.“

Unter den Hauptdarstellern ist kein einziger Kirchgänger

Katholisch sein ist nicht leicht in diesen Tagen. Das Erzbistum München und Freising, in dessen Gebiet Oberammergau liegt, steht angesichts des Missbrauchsskandals ausgesprochen schlecht da, auch im Dorf fallen die Menschen vom Glauben ab, der vielleicht gar kein rechter war. Die 42. Passionsspiele seien die ersten, in denen von den Haupt­dar­stel­le­rn niemand mehr in die Kirche gehe, sagt Stückl.

Aber in den Passionsspielen möchte Stückl den Niedergang der Kirche nicht thematisieren. Wobei – einen Satz gäbe es da schon, der für Jesus’ Verhältnisse recht drastisch ausfällt: „Wer diesen Kindern etwas antut, dem sollte man einen Mühlstein um den Hals hängen und ihn im Meer ertränken.“ Diesen einen Satz sollte man vielleicht noch reintun, findet Stückl.

Er will sich zunächst darauf konzentrieren, die Figur des Gottessohnes in seiner Inszenierung noch klarer herauszuarbeiten. An Aktualität lassen dessen Worte ohnehin nichts zu wünschen übrig. Dem Freund der Zöllner und Huren spürt Stückl nach, diesem Mann, „der sich immer an den Grenzen der Gesellschaft umanandtreibt“.

Darsteller Mayet ergänzt: „Das ist das, worum es bei Jesus geht: Wie man mit den Armen umgeht, mit den Flüchtlingen, mit denen, die nix zum Fressen haben.“ Das Kamel, das eher durch ein Nadelöhr gehe, als dass ein Reicher in den Himmel komme – topaktuell. „Das sind Sätze, die sind einfach gut.“ Oder auch: „Tu ab den Namen Gottes vom Krieg, heilig ist kein Krieg, heilig ist nur das Leben.“

Die Seuche will Stückl auf keinen Fall in seiner Inszenierung thematisieren. „Ich kann's nicht mehr hören. Wir haben jetzt zwei Jahre über nichts anderes geredet.“ Das Thema begegnet ihm ohnehin auf Schritt und Tritt. Stückls Büro ist ebenerdig, mit einer großen Glasfront zur Straße hin. Der Spielleiter zeigt hinaus. Dort kommen sie montags vorbei. Direkt vor seiner Nase, und zeigen ihm, was sie von seinen Tests und 2G-Regeln halten. Rund 50 Leute dürften es sein. Jeden Montag. Sie nennen es Spaziergänge.

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