Agrarministerium gegen Privatisierung: Bund soll Äcker behalten

Der vorläufige Verkaufsstopp für Felder im Osten soll laut grün-geführtem Agrarministerium bleiben. Die Flächen könnten Umwelt und Biolandbau nützen.

Das Luftbild einer Drohne zeigt die Ecke eines grünen Feldes in einem frisch bestellten Acker

Sollen weiter dem Bund gehören: Felder in Brandenburg Foto: Patrick Pleul/dpa

BERLIN taz | Das Landwirtschaftsministerium will, dass der Bund dauerhaft auf die Privatisierung seiner Agrarflächen in Ostdeutschland verzichtet. „Ich halte es für absolut sinnvoll, dass die Flächen nicht weiterverkauft werden, sondern dass sie beim Bund bleiben“, sagte Staatssekretärin Silvia Bender (Grüne) der taz. „Wenn wir sie veräußert haben, haben wir keinen Gestaltungsraum mehr, um die Flächen zum Beispiel für Gewässer- oder Naturschutz oder die Förderung nachhaltiger Bewirtschaftungsformen zu nutzen.“

Das Finanzministerium hat Mitte Dezember kurz nach dem Regierungswechsel verfügt, dass die ihm unterstehende Bodenverwertungs- und -verwaltungsgesellschaft (BVVG) bis auf Weiteres keine ihrer noch 91.000 Hektar Agrarland mehr verkaufen darf. Das ist über 1.400-mal so viel, wie der durchschnittlich Hof in Deutschland hat. Eine Verpachtung der ehemals „volkseigenen“ Flächen soll erst einmal auf Öko-Betriebe beschränkt werden. Derzeit verhandeln die von den Grünen-Politikern Cem Özdemir und Steffi Lemke geführten Ministerien für Landwirtschaft und Umwelt mit dem von FDP-Chef Christian Lindner geleiteten Finanzressort, wie es nach dem Moratorium weitergehen soll. Die BVVG ist eine Nachfolgeorganisation der Treuhandanstalt, die Vermögen der DDR privatisiert hat. Ihre Agrarflächen liegen vor allem in Mecklenburg-Vorpommern, Brandenburg und Sachsen.

„Die BVVG-Preise liegen derzeit weit über dem Markt, weil außerlandwirtschaftliche Investoren mitbieten“, sagte Bender. „Dabei haben wir eine Situation, dass viele landwirtschaftliche Betriebe nicht in der Lage sind, Flächen zu kaufen oder zu pachten, einfach weil die wirtschaftliche Situation der Betriebe das nicht hergibt.“ Die BVVG-Verkäufe würden auch das Preisniveau in der Umgebung erhöhen. „Ich finde nicht, dass wir als Staat die Betriebe diesem Druck aussetzen müssen.“

Seit 2007 haben sich die Verkaufswerte von landwirtschaftlich genutztem Land laut Statistischem Bundesamt im Schnitt mehr als verdoppelt. Gerade kleine Bauern können in dem Bieterkampf nicht mithalten und werden verdrängt. Kritiker sprechen von Landgrabbing. Dabei bieten kleine Höfe durchschnittlich mehr Arbeitsplätze pro Hektar und eine größere Vielfalt von Pflanzen und Tieren.

Georg Janßen, Arbeitsgemeinschaft bäuerliche Landwirtschaft

„Immerhin wird die Bremse gezogen“

„Nach unserer Lesart sieht der Koalitionsvertrag vor, dass die BVVG-Flächen nicht mehr veräußert, sondern nur noch verpachtet werden“, ergänzte Bender. Sie sollten genutzt werden, um Ziele der Wasserrahmen-Richtlinie und der Flora-Fauna-Habitat-Richtlinie der EU zu erreichen, also für den Umwelt- und Naturschutz. „Alle Flächen, die dafür nicht benötigt werden, weil sie nicht in den entsprechenden Gebieten liegen, sollen nach agrarstrukturellen Aspekten an Betriebe verpachtet werden, die ökologisch oder nachhaltig wirtschaften. Und das wollen wir auch umsetzen, weil es auch für die junge Generation sinnvoll ist.“

Der Bauernverband Brandenburg hatte das Privatisierungsmoratorium kritisiert. Eigentum sichere die Existenz landwirtschaftlicher Betriebe besser als Pachtflächen. Zudem befürchtet der Verband, dass Agrarflächen noch knapper würden, wenn einige für Naturschutzmaßnahmen reserviert werden. Das Bundesfinanzministerium hat sich öffentlich noch nicht positioniert, tendiert aber offenbar dazu, die Flächen weiterzuverkaufen.

Die Arbeitsgemeinschaft bäuerliche Landwirtschaft (AbL) dagegen begrüßte den Privatisierungsstopp, weil bisher kleine und mittlere Betriebe zu wenig Land bekommen hätten. „Jetzt zieht die Ampelregierung die Bremse, wo leider nur noch rund 90.000 Hektar zur Vergabe anstehen. Aber immerhin wird die Bremse gezogen“, sagte AbL-Bundesgeschäftsführer Georg Janßen der taz. Er forderte die beteiligten Ministerien und das Bundeskanzleramt auf, „in Zusammenarbeit mit den bäuerlichen Organisationen soziale und ökologische Kriterien vorzulegen, um endlich ein Stück Gerechtigkeit in die Vergabepraxis zu bringen“.

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