Kein Verfahren gegen HSV-Profi Jatta: Ende einer Kampagne

Das Amtsgericht Altona lehnt eine Verfahrenseröffnung gegen HSV-Profi Bakery Jatta ab. Die Staatsanwaltschaft warf ihm Identitätsbetrug vor.

Bakery Jatta mit erhobenen Armen auf dem Spielfeld

Nicht mehr im Fokus der Justiz: Bakery Jatta kann sich wieder auf den Fußball konzentrieren Foto: Christian Charisius/dpa

Der Beschluss des Amtsgerichts Hamburg-Altona wirft kein gutes Licht auf die ermittelnden Behörden. „Die Staatsanwaltschaft ist jeglichen gerichtsverwertbaren Nachweis einer Geburt des Angeschuldigten am 6. 11. 1995 schuldig geblieben“, heißt es in der Erklärung vom Montag. Die Hamburger Behörde hatte Bakery Jatta, dem Fußballprofi des Hamburger SV, vorgeworfen, sich mit einer falschen Identität unter dem Namen eines Bakary Daffeh drei Jahre jünger gemacht und sich so als Minderjähriger eine Aufenthaltsgenehmigung im Sommer 2015 erschlichen zu haben. Das Gericht lehnte aber nun die Eröffnung des Hauptverfahrens wegen mangelhafter Beweise ab. Die Staatskasse muss für die bisherigen Kosten aufkommen.

Kosten und Mühen hatte die Staatsanwaltschaft wahrlich nicht gescheut, um Jatta aus Gambia einen angeblichen Identitätsbetrug nachzuweisen. Sogar eine Durchsuchung der Google-Zentrale in Kalifornien sei erwogen worden, erzählte Jattas Anwalt Thomas Bliwier der taz vor einem Jahr. Bei der Biologischen Anthropologie in Freiburg gab man ein Gutachten für die Identitätsklärung in Auftrag.

All das konnte das Gericht aber nicht überzeugen. Es kommt zu dem Ergebnis: „Die Geburtsangabe fußt offensichtlich allein auf unüberprüften und überwiegend unüberprüfbaren Presseberichten und Internetrecherchen, die entsprechende Einträge ergeben haben sollen.“ Mit dieser Feststellung haben die Richter auch dem Springer-Verlag und dessen kampagnenhafter Verdachtsberichterstattung eine Ohrfeige erteilt. Im August 2019 hatte die Sport Bild trotz dünner Beweislage erstmals die Vermutung verbreitet, Jatta sei eigentlich Daffeh, und in der Folge eifrig die eigene These weiter genährt.

Der Umstand, dass Bild-Journalisten bei der Hausdurchsuchung von Jattas Haus im Juli 2020 vor Ort waren, warf früh Fragen zum Näheverhältnis zwischen Staatsanwaltschaft und Boulevardzeitung auf. So forderte am Dienstag auch Cansu Özdemir, die justizpolitische Sprecherin der Fraktion Die Linke, dazu mehr Aufklärung: „Der Verfolgungseifer der Staatsanwaltschaft lässt schwere Zweifel an deren Motiven und an der Rechtsstaatlichkeit aufkommen und die Durchstechereien von Informationen an die Bild-Zeitung haben ihre Integrität ernstlich in Frage gestellt.“ Özdemir sprach von einer „unwürdigen Hexenjagd“.

Das Freiburger Gutachten, das mit „höchster Wahrscheinlichkeit“ von einer Identität Jatta/Daffeh ausgeht, hält das Hamburger Gericht für unbedeutend, weil das angeblich frühere Geburtsdatum von Jatta/Daffeh durch Dokumente nicht hinreichend belegt werden konnte. Möglich wäre deshalb auch, dass Jatta sich in Gambia älter gemacht habe, um am Spielbetrieb der einheimischen Liga teilnehmen zu können.

Das Mindestalter ist dafür auf 16 Jahre festgeschrieben. Selbst wenn die Personenidentität von Jatta und Daffeh nachgewiesen werden könne, sei es unwahrscheinlich, ihm die vorsätzliche Benutzung eines falschen Geburtsdatums nachzuweisen. Die Eröffnung eines Hauptverfahrens müsse vermieden werden, wenn das Gericht aufgrund der bestehenden Beweislage der Nichtverurteilung eine deutlich höhere Wahrscheinlichkeit einräume. Genau dies, teilte das Amtsgericht Hamburg-Altona mit, sei im Fall Jatta so gegeben.

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