Neues Album von Beach House: Wohlfühlsitcom mit Kuscheldecke

Das US-Duo Beach House hat den Dream-Pop-Trademarksound aus­ge­mottet und serviert ihn auf „Once twice Melody“ als softe Seelenmassage.

Victoria Legrand und Alex Scally in schwarzweiß

Victoria Legrand und Alex Scally sind Beach House Foto: Shawn Brackbill

Mitte der Nullerjahre tauchte ein Indiepopgenre auf, das heute perfekt in die Yoga-Instagram-Stories von weißen Millenials passt: Dream Pop. Mitprägend war bei diesem Hype ein Duo aus Baltimore an der US-Ostküste: Victoria Legrand und Alex Scally spielen seit 2005 unter dem Namen Beach House zusammen. Nun haben sie mit „Once Twice Melody“ ein neues Album veröffentlicht.

Unter Dream Pop wird vor allem softer Synthiesound verstanden, besonders artifiziell anmutende Klänge, oftmals verfremdet durch Echo und andere Effekte. Die Synthieshooks sind so produziert, dass sie weich klingen, es soll nicht wehtun und für Youtube-Videos mit Bildern in Pastelltönen als Background passen.

Vor allem die Alben „Teen Dream“ (2010) und „Depression Cherry“ (2015) von Beach House wurden zum Inbegriff für das Genre. So stilprägend, abwechslungsreich und überraschend wie die Musik von damals klingt „Once Twice Melody“ leider nicht. Aber es ist dennoch Musik, die hält, was Beach House verspricht: Wohlfühlsounds für hippen Lifestyle zu kreieren.

Überforderte Fans

Beach House haben sich entschieden, „Once Twice Melody“ in vier Teilen zu veröffentlichen. Das ist ein schlauer Move, denn 18 Tracks auf einmal können ihre Fans womöglich überfordern. Beim Komponieren hätten sie sich wie in einem Buch oder einem Film gefühlt, heißt es auf Legrands und Scallys Instagram-Account. Kapitel 1 bis 3 sind seit Dezember, im Abstand von ein paar Wochen, in den Streaming-Apps erhältlich.

Beach House: „Once Twice Melody“ (Bella Union/PIAS)

Diese häppchenweise Portionierung nach und nach zu entdecken, macht dennoch Spaß und erhöht die Spannung auf das Ganze. Die einzelnen Kapitel funktionieren auch als EPs. Während Teil eins für Beach House-Verhältnisse viel Drive hat, schmilzt Teil zwei eher langsam dahin, beim dritten wird die Musik orchestraler.

Als ganzes Album fühlt sich die Atmosphäre von „Once Twice Melody“ ein bisschen wie die US-Stadt Portland im Regen an, also zumindest so, wie sie in einer Netflix-Serie inszeniert wird. Ein Mann mit Vollbart hat gerade einen perfekt schmeckenden Cortado zubereitet, über den er sich freut und sich gleichzeitig dafür verachtet. Er will dann nach Hause und aus dem Fenster schauen, eingekuschelt in eine Decke, während draußen ein Sturm aufzieht.

Die Ahhhs und die Ohhhs

Statt tiefsinnige Texte sind viele gesungene „Ahhhs“ und „Ohhhs“ zu hören, die die große Langeweile erträglich machen. Das ist „Once Twice Melody“ vor allem: softe Seelenmassage. Manchmal bauen sich die „Ahhhhs“ auch zu einem Chor auf. Das Tempo der Drums wird dann schneller und man wartet darauf, dass noch irgendetwas Unvorhergesehenes geschieht, eine catchy Hook, ein Drop oder ein Tempowechsel, aber meistens steigert sich der Gesang nur ins Unendliche und sonst passiert – nichts.

Und schon ist der Song vorbei. Victoria Legrands Stimme fließt so über die Musik hinweg, dass sie an MGMT oder an Kanye West in „My Beautiful Dark Twisted Fantasy“ erinnert. Nur, dass Victoria Legrand singen kann.

Vieles auf „Once Twice Melody“ hört sich nach japanischem Pop an, gemischt mit ein bisschen Pink Floyd. Psychedelisch, träumerisch, verklebt, aber schon auch mit Popappeal. Textzeilen wie „ Once was a fairy tale/Then it all went to hell“ fühlen sich ein bisschen so an wie eine Zitatkachel auf Tumblr, wo eine Frau in schwarz-weiß auf einer Schiene mit einem Strauß Rosen steht und in die Ferne guckt. Ein Internet­trend aus dem Jahr 2008.

Oder wie bei „New Girl“, einer Wohlfühl-Sitcom aus den 2010ern, in der Zooey Deschanel in zu großen Wolle-Cardigans durch Los Angeles hüpft. Aber da all die Musik mit unzähligen Drumcomputerspuren, Orgelakkorden unterlegt ist, landet man mit Beach House dann doch wieder drinnen. Beim Kaffeekränzchen, Kerzenschein und einer Kuscheldecke mit Ärmeln.

Und natürlich ist auf dem neuen Beach House-Album auch ein Song, der „Sunset“ heißt. Denn wenn ein Sonnenuntergang eine Band wäre, dann wäre er vermutlich Beach House. Cheesy wie sau, aber ja doch, schon auch schön. „Sunset“ eröffnet die CD3 von „Once Twice Melody“, verschlafene Gitarrenakkorde, Texte über Wellen, die rollen und Gefühle, die einen überkommen. Das kann man auf jeden Fall gut finden. Überraschend ist daran aber nichts.

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