Corona in Österreich: Impfpflicht wackelt schon wieder

Die Impfpflicht in Österreich gibt es noch keine zwei Wochen. Aber einige Politiker plädieren bereits dafür, das Gesetz wieder auszusetzen.

Impfspritzen in einer Schale.

Biontech-Impfungen liegen bereit in einem Impfzentrum in Wien Foto: Leonhard Foeger/reuters

WIEN taz | Kaum ist die Impfpflicht in Österreich in Kraft, schon wackelt sie wieder. Seit 5. Februar sollten alle über 18-Jährigen, die im Lande leben, gegen Covid-19 geimpft sein. 6 Millionen Impfdosen verschiedener Fabrikate liegen bereit. Weitere 10 Millionen werden demnächst geliefert. Allein, die Impfbereitschaft der Bevölkerung ist nicht messbar angestiegen. Die Impfquote stagniert bei rund 75 Prozent. Und jetzt kommen aus der Politik bereits die ersten Stimmen, man solle es lieber bleiben lassen.

Als Erster meldete sich letzte Woche Hans-Peter Doskozil zu Wort. Der Landeshauptmann des Burgenlandes (SPÖ) attestierte der Bundesregierung aus ÖVP und Grünen völlige Planlosigkeit. Sie habe sich mit dem Impfpflichtgesetz „in eine Sackgasse manövriert und agiert in der Umsetzung völlig planlos.“

Tatsächlich lassen sich in der Coronastrategie offene Widersprüche erkennen. Zwar setzen sich jene, die ab 15. März ungeimpft entdeckt werden, einer Verwaltungsstrafe aus, doch dürfen seit einigen Tagen Ungeimpfte wieder ins Gasthaus, in alle Geschäfte und selbst zur Coiffeuse oder in den Massagesalon, so sie einen aktuellen Test vorweisen können. Auch am Arbeitsplatz herrscht keine generelle Impfpflicht. Manche Unternehmen wie die Austrian Airlines oder der ORF schicken die Verweigerer allerdings ins Homeoffice oder in unbezahlten Urlaub.

Es dauerte nicht lange, da rüttelte auch Peter Kaiser (SPÖ), Landeshauptmann von Kärnten, an der Impfpflicht und die ÖVP-Granden Wilfried Haslauer (Salzburg) und Thomas Stelzer (Oberösterreich) plädierten dafür, das Gesetz auszusetzen und bis auf Weiteres nicht zu strafen. Haslauer: „Das Gesetz bleibt ja weiter. Es wird sozusagen nur nicht scharf gestellt. Es ist wie ein Werkzeugkoffer. Dieser ist vorhanden. Derzeit ist aber das Gebrechen nicht da und daher braucht man ihn nicht öffnen.“ In den Spitälern liegen Neuzugänge mit Covidpatienten stabil auf hohem Niveau, auf den Intensivstationen registriert man sogar einen leichten Rückgang. Das am Höhepunkt des Infektionsgeschehens mit der aggressiven Delta-Variante angekündigte Gesetz sei nicht mehr notwendig.

Anders sieht das Gesundheitsminister Wolfgang Mückstein (Grüne), der sich im Herbst nicht wieder von einer neuen Coronawelle überraschen lassen will und sich daher eine durchgeimpfte Bevölkerung wünscht.

Wilfried Haslauer, ÖVP

„Das Gesetz bleibt ja weiter. Es wird nur nicht scharf gestellt“

Bundeskanzler Karl Nehammer ließ indes in einem am Sonntag in der Kronen Zeitung veröffentlichten Interview Zweifel an einer gemeinsamen Linie der Bundesregierung aufkommen: „Eine Kommission von Juristen und Ärztinnen und Ärzten beurteilt ständig neu, ob Impfen noch das rechtmäßige Mittel ist.“ Diese Kommission ist allerdings bis heute nicht zusammengetreten und noch nicht einmal nominiert. So interpretierte die Austria Presseagentur (APA) diese Aussage als ­„Nehammer rückt von Impfpflicht ab“.

Definitiv abgesagt ist eine Impflotterie, die jeder und jedem zehnten Geimpften einen Warengutschein über 500 Euro bescheren sollte. Keine Institution fand sich aber imstande oder bereit, diese Lotterie abzuwickeln. Jetzt soll die Milliarde Euro, die dafür vorgesehen war, dem Pflegepersonal und anderen durch die Pandemie besonders belasteten Gruppen zugute kommen.

Am Mittwoch wollen die Spitzen der Regierung wieder mit dem Krisenstab GECKO über neue Lockerungen beraten. Zur Sprache wird dort auch die Frage kommen, ob die Tests weiterhin allen gratis angeboten werden sollen oder ob zumindest Ungeimpfte zur Kasse gebeten werden sollen. Wie auch bei der Öffnungsstrategie herrscht da Uneinigkeit in den Ländern.

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