Westliche Sanktionen gegen Russland: Putins Fehlkalkulation

Die beschlossenen Sanktionen werden Putin vielleicht nicht zu Fall bringen. Aber sie werden ihn massiv finanziell schwächen – somit auch politisch.

Russlands Swift-Rauswurf wird von dieser ukrainischen Demonstrantin auch in Barcelona in Spanien gefordert

Auch auf Demos (wie hier am Samstag in Spanien) eine Forderung: Russlands Swift-Rauswurf Foto: Reuters

Eine 180-Grad-Kehrtwende. Richtig so. Bis zuletzt wollte die Bundesregierung nicht wahrhaben, dass moralische Appelle bei einem kaltblütigen Machtpolitiker wie Wladimir Putin nicht wirken, sondern nur scharfe Gegenmaßnahmen. Deutschland war das letzte EU-Land, das sich gegen Russlands Rauswurf aus dem Bankennetzwerk Swift sträubte, mit der Begründung: Das könnte teuer werden.

Italien, Zypern, selbst Ungarn sprachen sich im Laufe des Samstags für einen Swift-Ausschluss aus. Am Ende hatte die Ampel-Koalition gar keine andere Wahl, als ihre Blockadehaltung aufzugeben. Die gesamte westliche Welt hatte nur noch fassungslos auf Deutschland geschaut.

Nun also die deutsche Zustimmung für Russlands Ausschluss. Das wird seinen Außenhandel massiv einschränken. Was das Putin-Regime aber noch schwerer schaden dürfte: EU, USA und Großbritannien wollen auch das Vermögen der russischen Zentralbanken einfrieren und damit verhindern, dass Putin seine in den letzten Jahren angehäuften Währungsreserven für die Finanzierung seines Krieges nutzt.

Das dürfte nicht nur dazu führen, dass der Rubel abstürzt und die ohnehin hohe Inflation in Russland noch weiter in die Höhe treibt, sondern kommt einer Enteignung eines ganzen Staatsvermögens gleich. Zusammengenommen handelt es sich um die schärfsten Sanktionen, die in der jüngeren Geschichte gegen eine Volkswirtschaft verhängt wurden.

Der Einwand ist berechtigt: Sanktionen gegen eine ganze Volkswirtschaft treffen auch immer die Bevölkerung hart. Doch das liegt in der Natur eines Krieges. Und angezettelt hat diesen Putin. Pauschal zu behaupten, Sanktionen bringen nichts, ist aber falsch. Sie werden Putin vielleicht nicht zu Fall bringen, aber sie werden ihn massiv finanziell und damit auch politisch schwächen.

Putin zahlt schon jetzt einen hohen Preis. Die russischen Währungsreserven aus den Exportüberschüssen, mit denen er prahlt, hat er auf Kosten der Bevölkerung angehäuft. Seit den Sanktionen im Zuge der Krim-Annexion stagniert Russlands Wirtschaft. Investitionen hat es kaum mehr gegeben. Die Inflation galoppiert davon, der Lebensstandard sinkt. Das russische Pro-Kopf-Einkommen liegt inzwischen unter dem von Rumänien. Mit dem Krieg will Putin von den wirtschaftlichen Problemen ablenken. Damit verschärft er sie aber nur.

Erreichen wird Putin zweierlei: Die Hinwendung zu China, damit aber auch die Abhängigkeit von einem inzwischen sehr mächtigen Land, das Russland traditionell verachtet. Und: Eine neue Ära der militärischen Aufrüstung in Europa und der Welt. Das kostet. Putin wiederholt damit den Fehler der einstigen Sowjetunion. Wirtschaftlich schwach, rüstete die Sowjetregierung immer weiter auf. Sie ging daran zugrunde.

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war von 2012 bis 2019 China-Korrespondent der taz in Peking. Nun ist er in der taz-Zentrale für Weltwirtschaft zuständig. 2011 ist sein erstes Buch erschienen: „Der Gewinner der Krise – was der Westen von China lernen kann“, 2014 sein zweites: "Macht und Moderne. Chinas großer Reformer Deng Xiao-ping. Eine Biographie" - beide erschienen im Rotbuch Verlag.

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