Abtreibungsverbot in Kolumbien gekippt: Erfolg für Frauen in Kolumbien

Kolumbiens Verfassungsgericht kippt das Abtreibungsverbot und beauftragt Parlament und Regierung, alle Hindernisse zu beseitigen.

Frauen mit grünen Halstüchern jubeln

Vor dem Gerichtsgebäude in Bogotá feiern Frauen ihren Erfolg Foto: ap

BERLIN taz | Was das kolumbianische Parlament unter der konservativen Regierung des Präsidenten Ivan Duque nicht hinbekommen hat, das hat jetzt das Verfassungsgericht des Landes entschieden: Mit fünf zu vier Stimmen entschieden die Rich­te­r*in­nen am Montag, dass Abtreibungen bis zur 24. Schwangerschaftswoche nicht strafbar sein dürfen. Das bisher gültige Verbotsgesetz ist verfassungswidrig, das Parlament muss jetzt so schnell wie möglich ein neues Gesetz auf den Weg bringen.

Bislang waren Schwangerschaftsabbrüche in Kolumbien grundsätzlich verboten. Lediglich bei Gefahr für das Leben der Mutter, zweifelhafter Lebensfähigkeit des Fötus oder wenn die Schwangerschaft das Ergebnis einer Vergewaltigung war, kannte das Gesetz legale Ausnahmen. In allen anderen Fällen konnten Abtreibungen angezeigt und für die Frauen und etwaige Hel­fe­r*in­nen mit bis zu viereinhalb Jahren Haft bestraft werden.

Davon waren in der Regel vor allem ärmere Frauen aus den ländlichen Regionen betroffen – wohlhabendere Mittelschichts- oder reiche Frauen wussten eher, wie sie für sich Ausnahmeregelungen nutzen konnten. Ungefähr 400 Anklagen pro Jahr wurden nach Angaben der Anwältin Mariana Ardila Trujillo im Interview mit der Zeitung El Tiempo verhandelt, im Durchschnitt kam es zu 26 Verurteilungen.

Gegen dieses Verbot lagen nun zwei Klagen beim Verfassungsgericht vor: Jetzt entschieden wurde über die Klageschrift von Causa Justa, einem landesweiten Zusammenschluss von rund 90 Frauenrechtsorganisationen.

Auf der Spur von Argentiniens Frauenbewegung

Ihr Hauptargument: Die Kriminalisierung sorge dafür, dass selbst Frauen, die nach der bestehenden Regelung ein Recht auf legale Abtreibung hätten, lieber illegal bei zweifelhaften Untergrundkliniken einen Abbruch vornehmen ließen, unter großer Gefahr für ihre Gesundheit.

Auch das, schrieben die Ver­tre­te­r*in­nen von Causa Justa, „betrifft hauptsächlich Frauen in ländlichen und abgelegenen Gegenden, Frauen mit niedrigem Einkommen, heranwachsende Mädchen sowie Frauen und Mädchen in Situationen bewaffneten Konflikts und Opfer geschlechtsspezifischer Gewalt einschließlich körperlicher und sexueller Gewalt.“ Genau deshalb, argumentierten sie, sei das Verbot verfassungswidrig.

Dem folgte das Verfassungsgericht nun in seiner Entscheidung vom Montag. Parlament und Regierung werden darin aufgefordert, schnellstmöglich eine „ganzheitliche öffentliche Politik“ zum Thema zu formulieren – dazu gehört nach dem Urteil: die „klare Bekanntmachung der verfügbaren Optionen für die betroffene Frau während und nach der Schwangerschaft, die Beseitigung jeder Art von Hindernissen für die Wahrnehmung ihrer sexuellen und reproduktiven Rechte“. Außerdem müsse der Staat Sexualerziehung und Betreuung Schwangerer verbessern.

Vor dem Gerichtsgebäude in Bogotá hatten Be­für­wor­te­r*in­nen und Geg­ne­r*in­nen des Rechts auf Abtreibung das Urteil erwartet. Während die Be­für­wor­te­r*in­nen mit den von der argentinischen Kampagne übernommenen grünen Halstüchern in Jubel ausbrachen, waren auf der anderen Seite Wut und Groll.

Präsident Duque kritisierte das Urteil. Er befürchte, sagte er in einem Radiointerview, damit würden Abtreibungen zu einem normalen, regelmäßig genutzten Verhütungsmittel werden.

Kolumbien ist damit nach Argentinien und Mexiko schon das dritte traditionell konservativ-katholische Land Lateinamerikas, in dem eine beharrliche Frauenbewegung erfolgreich gegen ein Abtreibungsverbot vorgegangen ist.

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.