Prozess gegen IS-Rückkehrerin: Reue unter Tränen

Vor dem Hamburger Landgericht sagt eine Mutter aus, die ihren Sohn dem IS zugeführt haben soll. Der Junge starb bei einem Bombenangriff in Syrien.

Stefanie A. im Gerichtssaal umgeben von Justizpersonal

Mit verdecktem Gesicht: Stefanie A. beim Prozessauftakt in Hamburg Foto: Marcus Brandt/dpa

HAMBURG taz | Die Schleswig-Holsteinerin, die zum IS nach Syrien gereist ist und dort ihren Sohn verlor, hat am Donnerstag zwei Stunden lang von ihren Erlebnissen berichtet. Vor dem Hamburger Landgericht bereute sie unter Tränen, ihren Sohn in Gefahr gebracht zu haben. Sie und ihr Mann hätten versucht zu verhindern, dass er kämpfen müsse. Das Leben beim IS sei schön gewesen, bis der Krieg immer näher rückte.

Die Staatsanwaltschaft wirft Stefanie A. vor, ihren Sohn Malik dem IS als Kämpfer zur Verfügung gestellt und als Teil des IS in Syrien gelebt zu haben. Bei der Ausreise war Malik 13 Jahre alt. Die mollige Frau mit einem blonden Dutt soll einen Sprengstoffgürtel besessen und ein Gewehr geführt haben.

Sie habe einen alkoholkranken Vater und wenig Rückhalt zu Hause gehabt, schilderte Stefanie A. dem Gericht. Mit 15 Jahren habe sie ihren zehn Jahre älteren Mann, einen Muslim, kennengelernt. „Er hatte so etwas Beschützendes“, erzählte sie. Unter dem Einfluss ihres Mannes sei sie zum Islam übergetreten. Die Ehe mit zwei Kindern sei „glücklich und harmonisch“ gewesen.

Sie hätten begonnen, immer intensiver zu beten. Irgendwann sei dann auch Syrien Thema in der Familie gewesen. Der IS mit seinen grausamen Praktiken habe sie aber abgeschreckt. „Mein Mann sagte mehrfach, dass er da runter geht, um zu helfen“, erinnerte sie sich. Dann sei er „in einer Nacht- und-Nebel-Aktion verschwunden“ und habe sich ein paar Tage später aus Syrien gemeldet.

Nicht an Waffentraining gedacht

Nach Monaten ohne Nachricht habe er sich schwer verletzt aus einem Dorf bei Raqqa gemeldet. Dort sei es sicher, habe er ihr mitgeteilt. Er habe für sie und ihren Sohn die Reise nach Syrien organisiert. Ihr Mann habe erzählt, dass er für den IS kochte und Verletzte versorgte. Beim Dattelpflücken sei er durch eine Granate verletzt worden.

Nach der Ankunft habe ihr Mann Malik die Haare geschnitten, damit er jünger aussehe und nicht zum militärischen Training müsse. Später sei ihr Junge in die Schule gegangen. Ihr sei nicht klar gewesen, was dort gelehrt wurde, sagte A., versicherte aber: „Ich habe nicht einmal an ein Waffentraining gedacht.“ Am Tage vor seinem Tod habe Malik mit seinem Freund auf Dosen schießen wollen. Sie habe mit ihm deshalb gemeckert und es ihm untersagt.

Das Leben im IS-Gebiet sei lange Zeit friedlich und schön gewesen. Sie habe die Freundlichkeit und Hilfsbereitschaft der Menschen genossen und ihren Mann gepflegt. „Du bist irgendwie nie alleine“, sagte sie.

Doch der Krieg rückte näher. Sie mussten fliehen. Nach einem Bombenangriff auf das Nachbarhaus der Familie habe Malik versucht, Kinder zu retten und sei beim Einsturz des Hauses umgekommen. Märtyrer habe sie ihn nur genannt, weil sie sich damit habe trösten wollen, dass ihr Sohn ins Paradies komme.

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