Die Wahrheit: Sunday Bono Sunday

Der U2-Sänger Bono mag weder den Namen seiner Band noch die eigenen Songs. Irische Geschichte versteht er noch weniger.

Dass ich die Dubliner Popkapelle U2 und ihren Sänger Bono nicht leiden kann, ist kein Geheimnis. Nun hat sich das „Arschloch mit Sonnenbrille“, wie er sich selbst einmal in einem lichten Moment beschrieb, ausgerechnet zum Bloody Sunday zu Wort gemeldet.

Vorvergangenen Sonntag jährte sich der Tag, an dem britische Soldaten in der nordirischen Stadt Derry 14 unbewaffnete Bürgerrechtsdemonstranten ermordeten, zum fünfzigsten Mal. U2 hatten 1983 den Song „Sunday Bloody Sunday“ veröffentlicht. Immerhin, dachte man. Dann stellte die Band klar, dass es bei dem Lied gar nicht um die Morde in Derry geht, sondern allgemein um Gewalt – und zwar von katholisch-republikanischer Seite.

Es gibt ein Video von einem U2-Konzert, bei dem ein Fan ein Plakat hochhielt, auf dem stand „SF U2“. Bono bekam einen Wutanfall und beschimpfte den Fan minutenlang, weil er es gewagt hatte, Sinn Féin, den damaligen politischen Flügel der Irisch-Republikanischen Armee (IRA), in einem Atemzug mit U2 zu nennen. Schließlich wies jemand den pompösen Wichtigtuer darauf hin, dass die Abkürzung San Francisco bedeutete, wo das Konzert stattfand.

Man hätte das belanglose Bloody-Sunday-Liedchen getrost vergessen können, wenn Bono es jetzt nicht wieder hervorgekramt und eine Akustik-Version mit The Edge veröffentlicht hätte. Die ist wirklich grauenhaft. Es hört sich an wie das Gegröle zweier Betrunkener auf dem Nachhauseweg von der Kneipe. Selbst U2-Fans fremdschämen sich, auch wenn Bono eine neue Strophe angehängt hat, in der endlich ein Bezug zum Massaker in Derry hergestellt wird.

Yoko Ono erinnerte gerade auf Twitter an „diejenigen, die am Bloody Sunday gestorben oder verletzt worden sind, und an alle Familien und Freunde, die von dieser Tragödie betroffen sind“. Sie war die Koautorin eines anderen Liedes, das ebenfalls „Sunday Bloody Sunday“ hieß. Den Song, der bereits im Juli 1972 auf dem Album „Some Time In New York City“ erschienen ist, hatte sie gemeinsam mit John Lennon verfasst: „Gibt es irgendjemanden, der es wagt, die Kinder zu beschuldigen? Kein Soldatenjunge blutete, als sie die Särge zugenagelt haben.“ Lennon spendete der nordirischen Bürgerrechtsbewegung die Tantiemen für das Lied.

Die Journalistin Patricia MacBride schrieb: „Anders als Bono brauchte John Lennon keine zwei öffentlichen Untersuchungen, eine Entschuldigung eines britischen Premierministers und 50 Jahre, um sein Gewissen in Sachen Bloody Sunday zu finden.“

Vorigen Monat keimte die Hoffnung auf, dass die Welt bald Ruhe vor Bono haben könnte. Er hatte dem Hollywood Reporter gestanden, dass er den Namen seiner Band ebenso bescheuert findet wie die meisten Lieder von U2. Auch räumte er ein, dass er gar nicht singen könnte. Zum ersten Mal stimmte ich ihm aus vollem Herzen zu. Aber warum hat er nicht die Konsequenzen daraus gezogen und für immer seinen Schnabel gehalten?

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Geboren 1954 in Berlin. 1976 bis 1977 Aufenthalt in Belfast als Deutschlehrer. 1984 nach 22 Semestern Studium an der Freien Universität Berlin Diplom als Wirtschaftspädagoge ohne Aussicht auf einen Job. Deshalb 1985 Umzug nach Dublin und erste Versuche als Irland-Korrespondent für die taz, zwei Jahre später auch für Großbritannien zuständig. Und dabei ist es bisher geblieben. Verfasser unzähliger Bücher und Reiseführer über Irland, England und Schottland. U.a.: „Irland. Tückische Insel“, „In Schlucken zwei Spechte“ (mit Harry Rowohlt), „Nichts gegen Iren“, „Der gläserne Trinker“, "Türzwerge schlägt man nicht", "Zocken mit Jesus" (alle Edition Tiamat), „Dublin Blues“ (Rotbuch), "Mein Irland" (Mare) etc. www.sotscheck.net

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kari

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