Deutsche Welle in Russland: Nord Stream 2 muss auf den Tisch

Bei der Schließung des Büros der Deutschen Welle geht es nur vordergründig um Medienpolitik. Es geht um die Ukraine – es wird Zeit für eine Ansage.

Der Name "Deutsche Welle" steht an einer Glasscheibe.

Aus die Maus: Am Donnerstag verhängte Moskau gegen die Deutsche Welle ein Sendeverbot in Russland Foto: dpa

Der russische Präsident Wladimir Putin hat dem Deutschen Auslandssender Deutsche Welle nun den Garaus gemacht. Vordergründig geht es um eine Reaktion auf das Sendeverbot für den russischen Staatssender RT. Doch jedem dürfte klar sein, dass dieses Scharmützel nur eine Stellvertreterschlacht für den großen Konflikt ist: den russischen Truppenaufmarsch an der ukrainischen Grenze.

Deshalb ergibt es auch wenig Sinn, die Eskalationsspirale auf der Medien­ebene voranzutreiben. Deutschland ist bisher in der Ukraine-Krise zu uneindeutig geblieben. Die Regierung zieht nicht an einem Strang, sondern in entgegengesetzte Richtungen. Und die Debatte um Waffenlieferungen an die Ukraine ist tatsächlich eine Ablenkungsdiskussion. Erstens muss man sich angesichts der vielen Materialprobleme der Bundeswehr tatsächlich fragen, ob Kiew mit deutscher Militärhilfe tatsächlich so sehr geholfen wäre. Militärhelme scheinen da doch eine sicherere Alternative zu sein.

Vor allem aber ist das Thema Waffenlieferung viel zu national gedacht. Sowohl aus der EU als auch aus der Nato erfolgen bereits Waffenlieferungen – ob man das hierzulande nun gut findet oder nicht. Deutschland sollte lieber sein schärfstes Schwert offen auf den Tisch legen: Nord Stream 2. Bisher hat Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) nur sehr verhalten gedroht, es wäre alles an Sanktionen möglich, sollte Russland in die Ukraine einmarschieren.

Es wird Zeit für eine neue Ansage: Nord Stream 2 ist beendet, wenn Putin sein imperialistisches Gebaren gegenüber den Ukrainern nicht beendet. Punkt. Das wäre weitaus wirkungsvoller als jedes andere Mittel. Russland braucht die Erlöse aus den Gaslieferungen, sie machen einen substanziellen Teil des staatlichen Budgets aus. Ein Lieferboykott ist unwahrscheinlich.

Für die SPD ist es kein leichter Schritt, schließlich gehört die Entspannungspolitik von Willy Brandt zur sozialdemokratischen Identität. Doch nur aus Nostalgie an einer Politik festzuhalten, die zu der aktuellen Krise nicht passt, ist keine Außenpolitik, sondern eine Bankrotterklärung.

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Kommentatorin & Kolumnistin, Themen: Grüne, Ampel, Feminismus, Energiewende, Außenpolitik

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.