Hamburgs Basketballer verlieren erneut: Talfahrt bei den Towers

Das Basketballteam der Hamburg Towers hat in diesem Jahr nur drei von neun Spielen gewonnen. Eine Verletzung und die Pandemie dezimieren den Kader.

Hamburgs Guard Max DiLeo liegt auf dem Bauch und streckt sich vergeblich nach einem verlorenen Ball

Im EuroCup gegen Boulogne ahnt Hamburg Max DiLeo noch nichts von der anstehenden Talfahrt Foto: dpa/Axel Heimken

HAMBURG taz | Nur noch zehn Sekunden auf der Uhr. Basketballer Caleb Homesley von den Hamburg Towers wirft den Ball von außen ein und kriegt ihn sofort wieder. Noch acht Sekunden. Hamburg liegt mit einem Punkt zurück, kann sich mit einem Korb den Sieg gegen Ulm holen. Homesley dribbelt hinter der Dreipunktelinie auf der Stelle. Keiner seiner Mitspieler läuft sich frei.

Homesley versucht Abstand zu seinem Ulmer Verteidiger zu gewinnen, täuscht links an, täuscht rechts an. Noch drei Sekunden. Homesley dribbelt zweimal durch seine Beine und wirft schließlich von weit hinter der Dreierlinie. Hochgerissene Arme vom Ulmer Verteidiger Jaron Blossomgame schießen in sein Blickfeld. Der Wurf ist zu kurz und der Ball prallt vom Ring ins Feld – und ins Spiel­ende.

Der Sieg am Samstag ist der fünfte in Folge für die Ulmer, die damit ganz nah an die Tabellenspitze der Basketballbundesliga der Männer rücken.

Das neue Jahr läuft für die Towers hingegen bislang nicht so gut: Sechs der neun Pflichtspiele gingen im Januar verloren, und gleich zu Beginn des Monats verletzte sich Jungstar und Nationalspieler Justus Hollatz am Knöchel. Nach seiner Genesung prallte er im Abschlusstraining vor dem Ulm-Spiel mit einem Mitspieler zusammen – und fiel erneut aus.

Die Pandemie schwächt derzeit viele Bundesligateams

Nach der Verletzung ihres zentralen Aufbauspielers brach auch Corona im Team aus, zum ersten Mal seit Beginn der Pandemie im Frühjahr 2020. Nach der Eurocup-Partie in Belgrad, die Mitte des Monats vor 5.000 Zu­schaue­r:in­nen ohne Mund-Nasen-Schutz stattfand, wurden drei Hamburger Profis positiv auf das Virus getestet.

Im anschließenden Spiel gegen Gießen, die im Tabellenkeller der Bundesliga hausen, gab es dann auch eine herbe Niederlage mit fast 30 Punkten Differenz. Nach einer ähnlich hohen Klatsche gegen Belgrad war dies eine denkbar schlecht verlaufene Woche.

Gegen Ulm war die Energie zwar wieder da, aber die Spieler nicht. Die Corona-Infizierten konnten sich noch nicht frei testen. Mit einer Rumpftruppe spielte Hamburg aber gar nicht schlecht; führte 90 Sekunden vor Schluss sogar mit sieben Punkten. Zwei Hamburger spielten wegen des Mangels sogar die kompletten 40 Minuten: Zachary Brown und Homesley. „Wegen der Umstände“ bleibe ihm nichts anderes übrig, sagte Trainer Pedro Calles nach dem Spiel.

Die Umstände sind derzeit für kaum ein Bundesligateam anders. Würzburg hatte während des Jahreswechsels einen massiven Corona-Ausbruch mit über 20 infizierten Teammitgliedern. Auch Alba Berlin meldete kurz nach Neujahr über zehn Infektionen. Zum Ende des Monats gesellten sich noch der Mitteldeutsche BC mit acht positiven Spielern hinzu, Göttingen mit fünf und Gießen mit sieben.

Allein am vergangenen Spieltag wurden drei Partien wegen mangelnder Spieleranzahl bei je einem der Teams verlegt. Bislang gibt es von keinem Team die Nachricht eines infizierten Spielers mit schwerem Krankheitsverlauf.

Für die Towers mit ihrer Doppelbelastung zwischen europäischem Wettbewerb und heimischer Liga sei derzeit kein normaler Betrieb möglich, sagt Towers-Geschäftsführer Marvin Willoughby: „Die Basis unseres Erfolgs ist die Art und Weise, wie wir trainieren, und das war die letzten drei Wochen faktisch nicht möglich.“ Er hoffe, dass sie diese Woche gegen Andorra im Eurocup und gegen Bayreuth in der Liga wieder auf den vollen Kader zugreifen können.

Hamburg steht nun knapp hinter den Playoff-Plätzen

Zu den gesundheitlichen und sportlichen Sorgen gesellen sich auch die wirtschaftlichen. Die Towers können derzeit mit einer Sondergenehmigung nur vor maximal 1.000 Fans spielen. Gegen Ulm waren 800 Leute da. Nach vielen Geisterspielen während der Pandemie eine willkommene Abwechslung, sagt der Hamburger Dreierspezialist Robin Christen.

Für Willoughby aber nicht genug, um die Einnahmen zu decken: „Wir hatten noch kein Spiel diese Saison, in dem wir die Halle voll hatten. Die Zuschauereinnahmen sind einfach essentiell im Basketball, mehr noch als im Fußball.“ Das Team erhält zwar eine Ticketförderung. Diese basiert jedoch auf den Zuschauerzahlen der letzten pandemiefreien Saison, in der Hamburg noch in der Zweiten Liga spielte.

Dadurch könne man nicht das fordern, was der aktuellen Belastung entspräche, sagt Willoughby. „Da haben wir einen Nachteil.“ Ohne weitere Unterstützung seitens des Bundes oder der Stadt werde es „ein hartes Jahr“.

Immerhin ist die Liga in dieser Saison an der Spitze sehr eng. Die besten acht Teams, die am Ende die Meisterschaft unter sich ausspielen, trennen nur wenige Siege. Hamburg steht nun, knapp hinter dem Playoff-Feld, auf Platz neun der Tabelle. Vor dem Spiel gegen Ulm, sagt Willoughby, „waren wir in der Bundesliga und im Eurocup auf einem Playoff-Platz. Für den Moment bin ich super glücklich, wenn wir das am Ende der Saison alles hinkriegen.“

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Die Coronapandemie geht um die Welt. Welche Regionen sind besonders betroffen? Wie ist die Lage in den Kliniken? Den Überblick mit Zahlen und Grafiken finden Sie hier.

▶ Alle Grafiken

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.