Slalomspezialist Linus Straßer: Rechtzeitig in Fahrt

Der deutsche Skifahrer Linus Straßer gewinnt den Weltcup-Slalom von Schladming. Er zählt nun unweigerlich zu den olympischen Medaillenfavoriten.

Linus Straßer fährt dicht an einer Slalomstange vorbei

Lässt sich nicht aus dem Konzept bringen: Linus Straßer auf Erfolgskurs in Schladming Foto: Erwin Scheriau/dpa

Linus Straßer gönnte sich kein ausgelassenes Freudentänzchen, reckte nur kurz die Faust in die Höhe. Der Münchner Skirennläufer war an diesem Abend in Schladming ein fast stiller Genießer. Später bei der Sieger­ehrung lauschte er mit einem Lächeln der deutschen Nationalhymne. „Ein unglaubliches Rennen“, sagte er nach seinem Triumph beim Weltcup-Slalom am Dienstag. So etwas liegt natürlich im Auge des Betrachters, aber für ihn war es das auf jeden Fall, denn die vier Athleten, die nach dem ersten Durchgang vor ihm klassiert gewesen waren, schieden entweder aus oder fielen zurück. Am Ende lagen sich er und der weinende Zweitplatzierte Atle Lie McGrath aus Norwegen in den Armen.

Der 29-Jährige vom TSV 1860 München muss sich nach diesem Sieg zu den Gold-Favoriten bei den in gut einer Wochen beginnenden Olympischen Winterspielen in Peking zählen lassen, wenngleich das Feld im Slalom sehr dicht ist. Bei den sechs Torläufen in diesem Winter gab es sechs verschiedene Sieger, damit ist die Zahl derer, die für die Medaillen infrage kommen, groß. Aber wer im letzten Rennen vor dem Saisonhöhepunkt oben steht, ist eben noch ein bisschen mehr der Gejagte. Er werde versuchen, aus dem Slalom in Peking „nicht mehr zu machen, als es ist“, sagte er.

Straßer spricht davon, „mein Ding durchzuziehen“ – so wie er es eben in Schlad­ming getan hat. Es ging ihm darum, „mich, mein Skifahren, den Berg im Fokus zu haben und alles andere auszublenden“. Auch die kleine Episode bei der Anreise nach Schladming. Da habe ihm ein Ski-Fan an einer Tankstelle nachgerufen, erzählte er, „das gewinnst du heute, Straßer“.

Es war kein Erfolg aus dem Nichts wie vor einem guten Jahr jener in Zagreb. Immerhin stand Straßer bereits in Adelboden als Dritter auf dem Podest und auch sein Auftritt in Wengen ein paar Tage später war – bis zu seinem Ausscheiden – ganz erfolgversprechend. Dass er selbst nach dem mittelmäßigen 14. Platz von Kitzbühel am vergangenen Sonntag betonte, wie gut er sich fühle und wie viel Spaß er gerade habe, mag ein wenig verwunderlich geklungen haben angesichts der verhaltenen Fahrweise.

„Mit Hirn fahren“

Aber womöglich ging es genau darum: Sich nicht aus dem Konzept bringen zu lassen, weil man im zweiten Lauf vielleicht etwas zu viel taktiert hatte, sondern er blieb, wie er es ausdrückt, „bei sich“. Man müsse, sagt Straßer, „mit Hirn fahren“. Was nicht heißen soll, dass er diesen kleinen Teil seines Körpers zuvor nicht benutzt hätte, aber vielleicht gingen die Gedanken einfach oft in die falsche Richtung. „Wenn man es erzwingen will, funktioniert es meistens nicht“, stellte er nach der Erfahrung des vergangenen Jahres fest.

Damals hatte er sich nach dem Sieg Anfang Januar in Zagreb und dem zweiten Platz von Adelboden womöglich ein wenig zu sehr unter Druck gesetzt. Es folgte ein Rückschlag auf den anderen, die gute Form war dahin bei der WM in Cortina d’Ampezzo. Dieses Mal musste Straßer ein bisschen warten auf die Erfolgserlebnisse. Der Auftakt war zum Vergessen, auch wegen einer hartnäckigen Erkältung. Dieses Mal kommt er gerade zum Saisonhöhepunkt, dem Olympia-Slalom in knapp zwei Wochen, richtig in Fahrt.

In Schladming schloss sich ein Kreis für Straßer. Vor sieben Jahren hatte er dort, in seinem erst siebten Weltcup-Slalom, einen beachtlichen fünften Platz erreicht. Ein neuer Slalom-Stern ging auf, so hofften die Verantwortlichen, der sich im Schatten der damals zu den Besten der Welt gehörenden Felix Neureuther und Fritz Dopfer entwickeln könne.

Aber der Stern Straßer erlosch erst einmal. Er hatte zu kämpfen mit diesem raschen Aufstieg. Schließlich verletzte sich zuerst Dopfer und dann Neureuther. Die Fix-Punkte, die Schutzschilde waren auf einmal auch noch weg. Straßer musste immer wieder Rückschläge einstecken, bis der steinige Weg ihn langsam wieder zurück in die Weltspitze führte. Und vielleicht auch aufs olympische Sieger­podest.

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