Interpol in der Kritik: Im Dienst von Autokraten

Serbien liefert einen bahrainischen Oppositionellen in den Golfstaat aus. Weder Belgrad noch Interpol haben den Haftbefehl ausreichend geprüft.

Interpol Logo auf einem Fußboden: eine Weltkarte, ein Schwert

Interpol Logo auf einem Fußboden Foto: Laurent Cipriani/ap

Wieder bekleckert sich die internationale Strafverfolgung nicht mit Ruhm. Als letztes Jahr ein wegen Foltervorwürfen umstrittener Generalmajor aus den Arabischen Emiraten Präsident von Interpol wurde, warnten Beobachter*innen, dass Autokraten die Polizeiorganisation zunehmend missbrauchen, um Dis­si­den­t*in­nen zu verfolgen. Auch wenn es einen direkten Zusammenhang mit dem neuen Präsidenten wohl nicht gibt, ist genau dies jetzt eingetreten: Wegen eines Interpol-Haftbefehls hat Serbien den Dissidenten Ahmed Jaafar Mohamed Ali festgenommen und nach Bahrain ausgeliefert.

Zugegeben: Interpol hat es schwer. In der Organisation arbeiten nicht nur Strafverfolgungsbehörden rechtsstaatlicher Länder zusammen; auch Länder mit ausgeprägtem Hang zur Verfolgung politischer Gegner sind Mitglied. Zwar werden die Haftbefehle, die Interpol verbreitet, geprüft, bevor ein Staat jemanden ausliefert. In Deutschland etwa macht dies das BKA. Doch das System scheint ob der Masse an Ersuchen nicht immer zu funktionieren.

Dass Serbien Ali nun ausgeliefert hat, ist bemerkenswert, da der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte um eine Verschiebung gebeten hatte. Die serbischen Behörden kümmerte das aber nicht. In diesem Fall ist also weniger Interpol, sondern vor allem Belgrad ein Vorwurf zu machen.

Aber auch Interpol hat Reformbedarf. Ein Anfang wäre gemacht, wenn dem zunehmenden Einfluss der Emirate Einhalt geboten werden würde. Das Problem fängt schon bei der Finanzierung an: Der Golfstaat, der wie kein anderer seit dem Arabischen Frühling seinen internationalen Einfluss ausgebaut hat, ist der größte Geldgeber von Interpol.

In Deutschland haben Experten kritisiert, dass sich nur Linke und Grüne für den Missbrauch von Interpol interessieren. Jetzt regieren die Grünen. Es ist Zeit, die Interpol-Schutzmechanismen auf den Prüfstand zu stellen, volle Transparenz in die Finanzierung zu bringen und den Druck auf die Organisation so zu erhöhen, dass der Laden grundlegend reformiert wird.

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ist Redakteur für Nahost & Nordafrika (MENA). Davor: Online-CVD bei taz.de, Volontariat bei der taz und an der Evangelischen Journalistenschule Berlin, Studium der Islam- und Politikwissenschaft in Berlin und Jidda (Saudi-Arabien), Arabisch in Kairo und Damaskus. Er twittert unter twitter.com/jannishagmann

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