Coronavirus in China: Omikron erreicht Olympia-Stadt

Chinas Behörden haben den ersten Omikron-Fall in der Null-Covid-Festung Peking registriert. Mit drastischen Maßnahmen zögern sie noch.

Zwei Frauen mit Koffern und Mundschutz stehen vor Olympia-Plakaten

Getrübte Olympia-Vorfreude: In Peking kommt die Ankunft der Omikron-Variante zur Unzeit Foto: Ng Han Guan/dpa

PEKING taz | Bis auf den Namen wissen die Einwohner Pekings hervorragend über ihren ersten bekannt gewordenen Omikron-Infizierten Bescheid: Seine Wohn- und Firmenadresse zirkuliert in den sozialen Medien, genauso wie alle Restaurantbesuche und U-Bahn-Fahrten der letzten 14 Tage. Selbst jeder Gang zur öffentlichen Toi­lette ist in den Aufzeichnungen der chinesischen Behörden vermerkt.

Dennoch kann die radikal transparente Kontaktnachverfolgung die Gretchenfrage nicht beantworten: Wo genau hat sich der Patient Null mit der hochinfektiösen Virusvariante angesteckt? Schließlich hat er die Stadt seit mehr als zwei Wochen nicht verlassen.

Spätestens seit Samstag also hat Omikron auch die Null-Covid-Festung Peking erreicht. Als politisches Machtzentrum der Volksrepublik China versuchen die Autoritäten seit Ausbruch der Pandemie mit besonders erhöhter Alarmbereitschaft, die Hauptstadt virusfrei zu halten.

Der jetzige Zeitpunkt – knapp drei Wochen vor Beginn der Olympischen Winterspiele – ist heikel. Am Sonntag noch verschärfte die Stadtregierung ihre Beschränkungen für Einreisende aus dem Inland. Musste man zuvor bereits einen negativen PCR-Test vor der Abfahrt machen, ist nun auch noch ein Virustest nach der Ankunft verpflichtend. Dementsprechend bildeten sich am Sonntag Menschenschlangen vor den örtlichen Testzentren. Von den 13.000 möglichen Kontaktpersonen von Patient Null seien bislang jedoch alle Tests negativ ausgefallen, berichteten Staatsmedien am Sonntag.

Die Wirtschaft schonen

Während die Städte Tianjin und Xian wegen weniger Infektionen bereits einen flächendeckenden Lockdown implementiert haben, scheint Peking davon aber noch weit entfernt zu sein. Am Wochenende waren Bars und Nachtclubs weiter geöffnet, nur einige religiöse Stätten gaben ihre vorübergehende Schließung bekannt.

Offensichtlich hat die Regierung Angst, das Wirtschaftszentrum Nordchinas zu lähmen. Schließlich hatte erst am Dienstag Goldman Sachs die Wachstumsprognose für China für das laufende Jahr von 4,8 Prozent auf 4,3 Prozent korrigiert. Für die Volksrepublik, die noch vor Kurzem zweistellige Wachstumsraten verzeichnete, sind dies trübe Aussichten.

Doch Bruno Weill, Vizepräsident der Europäischen Handelskammer in Peking, hält Panikmache für unangebracht: „Natürlich hat Chinas Null-Covid-Strategie Kosten. Aber es hätte natürlich genauso Kosten, wenn China das Virus nicht kontrollieren würde.“ Noch sei es zu früh, um zu beurteilen, wie erfolgreich einzelne Staaten den Drahtseilakt zwischen wirtschaftlichen und gesundheitspolitischen Interessen ausbalancieren.

Fest steht: Weniger als drei Wochen vor Beginn der Winterspiele wird die Null-Covid-Strategie des Landes auf die bisher härteste Probe gestellt. Zudem steht Anfang Februar das Neujahrsfest nach dem Mondkalender an, bei dem mehrere Hundert Millionen Chinesen ihre Familien besuchen.

Flugverkehr im Stillstand

Die gute Nachricht: Noch sind die Infektionszahlen gering. Am Samstag meldeten die Behörden landesweit 104 lokale Fälle, am Sonntag nur 65. Doch Experten befürchten, dass Omi­kron auch mit Lockdowns und Grenzschließungen nicht einzudämmen sein wird.

Die Angst vor der nächsten Welle hat indes die Isolation Chinas noch vertieft. In den letzten zwei Wochen hat die Luftfahrtbehörde halb so viele internationale Flüge gestrichen wie im gesamten Jahr 2020. Dabei ist der internationale Flugverkehr in China im Vergleich zu vor der Pandemie ohnehin um 98 Prozent eingebrochen.

Hintergrund ist, dass in den ersten zehn Januartagen 631 Einreisende aus dem Ausland nach ihrer Ankunft im Quarantäne-Hotel positiv getestet wurden – mehr als zweieinhalb Mal so viel wie vor einem Monat. Omikron hat die Gefahr von unwissend Infizierten erhöht, denn die Viruslast ist gerade zu Beginn einer Ansteckung vergleichsweise gering und lässt sich nicht immer zuverlässig nachweisen.

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