Aus für Tennisprofi Novak Đoković: Der „Djoker“ hat sich verrechnet

Đoković wird in seiner serbischen Heimat gefeiert. Das Volk, das sich gern benachteiligt fühlt, stellt sich geschlossen hinter den Tennisprofi.

Der serbische Tennisprofi Novakk Djokovic wischt sich mit seinem T-Shirt das Gesicht

Kann sich erst einmal ausruhen: Tennisprofi Đoković darf nicht bei den Australian Open mitspielen Foto: Kelly Defina/reuters

Für Novak Đoković war alles angerichtet. In Melbourne wollte sich der Ausnahmeathlet mit seinem zehnten Turniersieg bei den Australian Open und seinem dann 21. Grand-Slam-Titel zum alleinigen Rekordchampion küren. Niemand, so schien es, hätte sich dem „Djoker“ auf dem Weg zur Krönungsmesse in den Weg stellen können. Nun wird Đoković von einem Gegner ausgebremst, den er und seine ihm verfallenen Fans nicht auf dem Schirm hatten: seiner eigenen grenzenlosen Borniertheit.

Die Regeln waren stets klar: Eine Einreise nach Australien, das aktuell unter einer Inzidenz von knapp 3.000 stöhnt, setzt für Ausländer einen vollständigen Impfschutz voraus. Ohne Wenn und Aber. Novak Đoković wollte das nicht wahrhaben. Als erfolgreicher Profisportler und Multimillionär wähnte er sich über Recht und Gesetz erhaben. Und wurde eines Besseren belehrt.

Doch schon lange geht es in diesem ganzen Theater nicht mehr um einen einzelnen Sportler. Um Novak Đoković wurde ein abstruser Opferkult konstruiert, der aktuell prominenteste Sohn Serbiens avancierte zum Symbol seiner Heimat – einer Nation, die traditionell dazu neigt, sich benachteiligt zu fühlen. Und zum Helden der Unvernünftigen und Ignoranten aller Welt, die sich zu Erwachten und Rebellen verklären.

Novaks Vater Srdjan Đoković sparte zuletzt nicht mit Pathos, erklärte seinen Sohn ironiefrei zum „Führer der freien Welt“ und verglich ihn gar mit Jesus Christus. Diese „freie Welt“ stünde geschlossen hinter Novak, erklärte Srdjan und zählte auf: den Balkan, den Nahen und Fernen Osten, China, Indien, ganz Afrika und „Mütterchen Russland“. Für westliche Nationen blieb kein Platz in dieser Riege.

Serbiens Präsident Aleksandar Vučić, der 1998 als Informationsminister unter dem nationalistischen Kriegsverbrecher Slobodan Milošević die freie Presse unterdrücken ließ, palavert unterdessen von „unerbittlicher politischer Verfolgung“. Von einer angeblichen Hexenjagd auf Novak Đoković, der als Serbe davon abgehalten werden soll, den Schweizer Roger Federer und den Spanier Rafael Nadal abzuhängen.

So versammelt er die Mehrheit einer Nation hinter sich, die dem Westen spätestens seit den jugoslawischen Nachfolgekriegen mit Skepsis und Ablehnung begegnet. Ihm gegenüber steht die Regierung Australiens, die es kaum hätte rechtfertigen können, einem prominenten Impfverweigerer in seiner Hybris eine Extrawurst zu braten. Australiens Politik und Justiz haben gezaudert, jedoch letztlich das einzig Richtige getan. Denn Novak Đoković ist weder Held, Symbol noch Opfer. Sondern schlicht ein einfältiger und arroganter Egoist.

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Chef vom Dienst und Autor. Arbeitet seit 2022 für die taz. Mag Meinung und kommentiert politische Themen mit Hang zum Ausland (vor allem USA). Schrieb vor der taz für die Frankfurter Rundschau. Hat davor Onlinejournalismus an der Hochschule Darmstadt studiert.

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