Ermittlungen gegen die Grünen: Instinktloses Führungspersonal

Das Problem der Grünen ist die Selbstverständlichkeit, mit der sich gerade die Jüngeren im Vorstand einen großen Schluck aus der Pulle gönnten.

Ein kleiner Junge unterwegs mit einer Tüte Pfandflaschen

Die jungen Grünen sollten sich mehr um sozial benachteiligte Kinder, als um sich selbst kümmern Foto: Jens Gyarmaty/Visum

So kurz vor ihrem Bundesparteitag kommen für die Grünen die Ermittlungen der Berliner Staatsanwaltschaft äußerst ungelegen. Sie bescheren nicht nur dem scheidenden Führungsduo Annalena Baerbock und Robert Habeck negative Schlagzeilen, sondern sorgen auch für einen schlechten Start der designierten neuen Parteivorsitzenden Ricarda Lang. In ihrer Bewerbung präsentiert sich die 28-jährige Parteilinke als „glaubwürdige Stimme für soziale Gerechtigkeit“. Dazu passt nicht, dass auch sie als Beisitzerin im Vorstand eine derartige Unbekümmertheit in Sachen ökonomischer Selbstbeglückung an den Tag gelegt hat.

Wie auch immer der schon länger bekannte Vorgang juristisch zu bewerten ist: Es geht bei dem Coronabonus, den sich die Grünen-Spitze genehmigt hat, nicht um einen großen Skandal. Befremdlich bleibt gleichwohl die Gedanken- und Instinktlosigkeit. Für den Politikbetrieb mögen 1.500 Euro nicht viel Geld sein. Aber für nicht so üppig Alimentierte sieht das anders aus. Das gilt noch mehr für das Weihnachtsgeld von bis zu knapp 9.300 Euro, das sich Baerbock, Habeck, Lang und Co ebenfalls spendiert hatten.

Das Pro­blem ist eine Verschiebung des Selbstbildes. Gerade das jüngere Führungspersonal scheint nicht mehr vorrangig der Anspruch anzutreiben, die gesellschaftlichen Verhältnisse zu verbessern, sondern die eigene Kar­riere­pla­nung als Berufspolitiker:in. Aus Po­li­tak­ti­vis­t:in­nen sind Po­lit­ma­na­ge­r:in­nen geworden, für die nicht nur eine entsprechende Bezahlung dazugehört, sondern auch noch Boni.

Nach deutlicher Kritik der eigenen Rech­nungs­prü­fe­r:in­nen haben die Grünen bereits im vergangenen Herbst einen Schlussstrich unter die fragwürdigen Sonderzahlungen gezogen. Das ist gut so. Noch besser wäre es, wenn sie sich selbstkritisch fragten, wie es überhaupt dazu kommen konnte. Übrigens: In der Ampelkoalition wird gerade darüber gestritten, ob Kinder aus einkommensschwachen Familien einen monatlichen Zuschlag von 25 oder doch nur 10 Euro erhalten sollen.

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Jahrgang 1966. Arbeitet seit 2014 als Redakteur im Inlandsressort und gehört dem Parlamentsbüro der taz an. Zuvor fünfzehn Jahre taz-Korrespondent in Nordrhein-Westfalen. Mehrere Buchveröffentlichungen (u.a. „Endstation Rücktritt!? Warum deutsche Politiker einpacken“, Bouvier Verlag, 2011). Seit 2018 im Vorstand der taz-Genossenschaft.

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