Nachwuchs in der Fußball-Bundesliga: Nur Verlierer

Vereine wie Eintracht Frankfurt und RB Leipzig setzen auf sehr junge ausländische Talente. Bislang überwiegen die Enttäuschungen auf allen Seiten.

Fabio Blanco Gomes in Trainingsklamotten von Eintracht Frankfurt

Abmarsch aus Frankfurt: Fabio Blanco Gómez kehrt wieder nach Spanien zurück Foto: Jürgen Kessler/imago

FRANKFURT AM MAIN taz | Wenige Stunden vor dem Topspiel gegen Borussia Dortmund hat Eintracht Frankfurt am Samstag eine Pressemitteilung versandt, die wie eine Randnotiz wirkte. „Fabio Blanco Gómez verlässt Eintracht Frankfurt – der spanische Offensivspieler schließt sich dem FC Barcelona an.“ Es folgten sechs dürre Zeilen zum Abgang eines 17-Jährigen, der im Sommer noch wie ein Heilsbringer empfangen wurde.

Damals klang die Nachricht fast so, als hätten die Hessen einen neuen Lionel Messi gefunden. Der Mittelfeldspieler sei von einigen Topvereinen Europas stark umworben worden, denn: „Seine technischen Fähigkeiten sind außergewöhnlich, seine Art, Fußball zu spielen und Situationen zu antizipieren, herausragend.“

Trotzdem hat ihn die Bundesliga nie zu Gesicht bekommen. Seinen 18. Geburtstag feiert Blanco am 18. Februar bei den Katalanen, die den jungen Burschen über die zweite Mannschaft neu aufbauen wollen. In der Mainmetropole ging gar nichts mehr: Selbst bei seinen wenigen Einsätzen für die U19 in der A-Junioren-Bundesliga Süd/Südwest konnte der mit Vorschusslorbeeren überschüttete Lockenkopf vom FC Valencia keinen bleibenden Eindruck hinterlassen.

Was also ist schiefgelaufen? Sportvorstand Markus Krösche versuchte am Wochenende eine Erklärung. „Die Bundesliga ist eine spezielle Liga mit einer ganz anderen Intensität. Gerade für junge Spieler, die noch keine Seniorenerfahrung mitbringen, ist der Sprung noch größer.“ Wichtig sei, dass alle Beteiligten Geduld haben – „die war in diesem Falle leider nicht mehr gegeben. Entwicklung ist ein Prozess.“

Eine letzte Botschaft an Blancos Berater, die wiederholt in Krösches Büro vorstellig wurden. Warum schaffte es der Hochbegabte nicht ein einziges Mal in den Spieltagskader der Bundesliga? Warum wurde er nicht für die Europa League nominiert? Dabei hatte Eintracht-Chefscout Ben Manga so prächtige Perspektiven aufgezeigt: Das spanische Abwehrtalent Jesus Vallejo hatte in Frankfurt seine Karriere vorangetrieben, wo auch der inzwischen bei Real Madrid fürstlich verdienende serbische Stürmer Luka Jovic durchgestartet war. Doch nicht jede Karriere verläuft wie auf dem Reißbrett geplant. Wenn Stars von morgen zum Spielball unterschiedlicher Interessen werden, können Träume schnell platzen.

Fataler Trainerwechsel

Als Blancos Verpflichtung vollzogen wurde, war Frankfurts Trainer Oliver Glasner noch gar nicht eingestellt. Der aber hielt den jungen Andalusier für noch zu unfertig. Zeitweise ließ er ihn gar nicht mehr mittrainieren. Blancos Agenten reichten deswegen sogar schriftliche Beschwerden ein. Die Fronten verhärteten sich fast mit jeder Woche. Am Ende blieb nur die Trennung und immerhin noch eine halbe Million Euro in Frankfurt hängen. „Wir haben den kleinsten gemeinsamen Nenner gefunden, dass er seinen Weg woanders bestreiten kann“, bestätigte Krösche.

Es entbehrt nicht einer gewissen Pikanterie, dass der Manager auf den Parallelfall Ilaix Moriba bei seinem ehemaligen Arbeitgeber RB Leipzig verweisen kann. Nur handelt es sich um eine ganz andere Preisklasse, schließlich bezahlten die Sachsen stolze 15 Millionen Euro an den FC Barcelona und statteten das angebliche Toptalent mit einem Vertrag bis 2026 aus. Gelohnt hat sich das finanzielle Risiko bislang nicht: Das Bullen-Trikot trug Moriba wettbewerbsübergreifend nur bei sechs Kurzeinsätzen.

Der Mittelfeldspieler beschwerte sich in dem Portal „Diario Gol“ zuletzt mächtig: Er fühle sich „betrogen“ und „hintergangen“. Der mittlerweile entlassene RB-Trainer Jesse Marsch betonte, dass es mehr Durchhaltevermögen bräuchte, um sich in Deutschland zu behaupten. „Er muss Geduld haben. Er ist nur 18 Jahre alt und möchte alles jetzt sofort haben.“ Hörte sich Krösche jetzt nicht ganz ähnlich an?

Anders als in Frankfurt wollen die Leipziger ihr teures Juwel nicht gleich wieder abgeben. Aktuell weilt Moriba mit der Nationalmannschaft von Guinea ohnehin beim Afrika-Cup, nachdem er in der U17 und U18 noch für den spanischen Verband aufgelaufen war. Ein Verkauf für diesen Winter steht nicht zur Debatte, stellte RB-Vorstandschef Oliver Mintzlaff jüngst klar, der ein millionenschweres Missverständnis unter allen Umständen verhindern will.

Auch der Brauseklub kann sich Irrtümer mit unerfüllten Erwartungen und falschen Versprechungen letztlich nicht leisten. „Wenn Ilaix zurückkommt, wird das Trainerteam intensiv mit ihm arbeiten.“ Eine Garantie für die rasche Integration gibt das Vorhaben nicht.

Die Zeitung Mundo Deportivo hatte gleich nach dem Wechsel im Sommer der Beratungsagentur von Roger Wittmann Vorwürfe gemacht. „Es ist absurd, dass Ilaix, der Strategie seines neuen Rogon-Agenten folgend, nicht bei Barça verlängern wollte und den Club seines Lebens verlassen hat. Barça hat verloren und Ilaix hat verloren.“ Und wenn Leipzig ihn nicht ins Laufen bringt, gibt es noch einen dritten Verlierer.

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.