Urteil des Hamburger Verfassungsgerichts: Grote darf die AfD kritisieren

Hamburgs Innensenator hatte sich zum radikalen AfD-Kurs gegen Corona-Maßnahmen geäußert. Das dürfe er nicht, meinte die AfD. Doch, sagt das Gericht.

Das Gebäude des Hamburger Oberlandesgerichts, in dem das Verfassungsgericht tagt

Das Hamburger Verfassungsgericht entschied zugunsten des Innensenators Andy Grote Foto: Christian Charisius/dpa

HAMBURG taz | Die Hamburger AfD ist gescheitert, zumindest vor dem Verfassungsgericht. Die Bürgerschaftsfraktion um Dirk Nockemann hatte beantragt, das Gericht solle feststellen, dass Innensenator Andy Grote (SPD) eine Äußerung über die Partei nicht hätte tätigen dürfen.

Grote hatte bei der Vorstellung des Verfassungsschutzberichts im Juni 2020 im Zusammenhang mit dem formal aufgelösten rechtsextremen „Flügel“ der AfD erklärt, die Hamburger Bürgerschaftsfraktion hätte ihren Konfrontationskurs gegen die staatstragenden demokratischen Parteien verschärft. Die Fraktion sah mit dieser Äußerung ihre Rechte als Opposition und das Recht auf freie Mandatsausübung verletzt. Im November reichte sie den Antrag beim Verfassungsgericht ein.

Am Dienstagmittag erklärte das Gericht den Antrag nun für unzulässig. Der SPD-Senator darf sich weiterhin kritisch über die Arbeit der Fraktion äußern. Zwar habe Grote mit seinen Äußerungen das Neutralitätsgebot gegenüber politischen Parteien überschritten, erklärte das Gericht. Doch seine Äußerung über einen verstärkten Konfrontationskurs der AfD-Fraktion habe der Innensenator als eigene „politische Beobachtung“ bezeichnet und ausdrücklich klargestellt, dass nicht die ganze Partei im Fokus des Verfassungsschutzes stehe. Er habe auch nicht die AfD-Abgeordneten als „den Staat ablehnende Volksvertreter“ dargestellt, sondern die Partei als Partei angesprochen.

Konkret hatte Grote bei der Vorstellung des Berichts ausgeführt, dass gerade in Hamburg der Konfrontationskurs der AfD gut sichtbar werde, und zwar „unter anderem durch die Forderung der Aufhebung der staatlichen Maßnahmen im Kontext der Bekämpfung der Corona-Pandemie“. In der Bürgerschaft erklärte er im Februar außerdem: „Der rechtsextreme ‚Flügel‘ ist auch in der Hamburger AfD aktiv. Je größer der Einfluss der Rechtsextremisten in der AfD wird, desto größer wird die Gefahr, die von der AfD für unsere Demokratie ausgeht.“

Vierzig AfD-Mitglieder dem Ex-„Flügel“ zugeordnet

Von dem Urteil des Verfassungsgerichts ist die AfD enttäuscht. Der Fraktionsvize Alexander Wolf sagte, das Gericht verkenne die „Einschüchterungswirkung“, die von Grotes Äußerungen ausgehen. Die Richter hätten die „Prangerwirkung“ nicht wahrgenommen. Außerdem habe der „Flügel“ keinerlei Einfluss auf die eigene parlamentarische Arbeit.

Im März 2020 löste sich das AfD-interne Netzwerk der „Flügel“ um den Thüringischen Fraktionsvorsitzenden Björn Höcke auf Wunsch des Bundesvorstandes auf. Das Bundesamt für Verfassungsschutz hatte das Netzwerk kurz zuvor als „gesichert rechtsextremistisch“ eingestuft. Der Bundesvorstand wollte durch die Auflösung einer Beobachtung der Gesamtpartei entgegen wirken. Das Label verschwand, Parteiausschlüsse wegen Zugehörigkeit zum Ex-„Flügel“ folgen aber nicht. Der Hamburger Verfassungsschutz ordnet 40 AfD-Mitglieder dem Ex-„Flügel“ zu.

Die Klage sei „ein verzweifelter Versuch, von der fortschreitenden Rechtsentwicklung abzulenken“, sagt Felix Krebs vom „Hamburger Bündnis gegen Rechts“. Die Fraktion habe die Abgrenzung zum „Flügel“ längst aufgegeben. Aktuelle Statements aus der AfD-Fraktion dürften Krebs und Grote Recht geben. In der Bürgerschaft sagte der AfD-Abgeordnete Krzysztof Walczak kürzlich dem „Notstandsregime“ den Kampf an. Nockemann sprach von einer „Impfpflicht und Lagerpflicht für Ungeimpfte“.

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