Unversteuerte Einnahmen durch Airbnb: Airbnb-Hosts zeigen sich selbst an

In Berlin gibt es 400 Ermittlungsverfahren gegen Airbnb-Hosts und 130 Selbstanzeigen. Die Steuerfahndung hat erfolgreich gegen die Plattform geklagt.

"Airbnb ist scheiße!", steht an einer Hauswand eines typischen Berliner Mietshauses

Airbnb-Hosts bekommen seit kurzem aus genannten Gründen häufiger Post vom Finanzamt Foto: Jürgen Ritter/imago

BERLIN taz | 130 Berliner Airbnb-Vermieter*innen haben sich wegen nicht ordnungsgemäß gezahlter Steuern selbst angezeigt. Insgesamt hat das Finanzamt für Fahndung und Strafsachen bislang 400 Verfahren wegen des Verdachts auf nicht versteuerte Einnahmen bei Airbnb-Vermietungen geführt. Das ergibt sich aus einer der taz vorliegende Antwort des Senats auf eine kleine Anfrage der Linksfraktion im Abgeordnetenhaus.

Darin hatte der Sprecher für Rechtspolitik, Sebastian Schlüsselburg, die Ergebnisse infolge eines letztinstanzlichen Erfolgs deutscher Finanzbehörden vor einem irischen Gericht abgefragt. Steu­er­fahn­de­r*in­nen aus Hamburg und anderen Ländern hatten zusammen gegen das in Irland sitzende Unternehmen geklagt und schließlich im August 2020 Airbnb gezwungen, Daten von An­bie­te­r*in­nen herauszugeben. Mittlerweile wurden diese an die zuständigen Finanzämter weitergeleitet.

Schlüsselburg, Linken-Sprecher für Rechtspolitik und Datenschutz, sagte der taz: „Ich begrüße, dass die Finanzämter die gewonnen Daten auswerten und konsequent der Strafverfolgung zuleiten. Erneut zeigt sich, dass eine starke Finanzverwaltung ein wichtiges Instrument im Kampf gegen Steuerhinterziehung ist.“ Er fühlte sich durch die aus seiner Sicht erfreulichen Zahlen nach den rot-grün-roten Koalitionsverhandlungen auch darin bestärkt, dass die Linke auf eine „spürbare personelle Stärkung des Finanzamtes für Fahndung und Strafsachen“ gedrängt habe.

Die Ferienwohnung-Plattform Airbnb ist auf dem angespannten Berliner Wohnungsmarkt ein weiterer Faktor für die Verknappung von Wohnraum. Zweckentfremdung ist trotz staatlicher Regulierungen immer noch ein Problem – weil Angebote weiterhin häufig weder registriert noch Einnahmen ordentlich versteuert werden.

Bei Verstößen drohen bis zu fünf Jahre Freiheitsstrafe

Die Hamburger Klage hatte die Herausgabe von Daten für die Jahre 2012 bis 2014 erwirkt – und damit mutmaßlich auch Ber­li­ne­r*in­nen zur Selbstanzeige motiviert. Wer seine Einnahmen durch Vermietung nicht ordnungsgemäß versteuert, macht sich strafbar – bei Verstößen drohen neben der Nachzahlung der hinterzogenen Steuern plus Zinsen Geld- oder Freiheitsstrafen von bis zu fünf Jahren. Mit einer Selbstanzeige könnten Vermietende einem Strafverfahren oder anderen Sanktionen entgehen. Berliner Finanzbehörden lagen nach dem Gerichtsurteil Daten zu 10.000 An­bie­te­r*in­nen vor.

Erstaunlich findet Schlüsselburg, dass sich verhältnismäßig wenige An­bie­te­r*in­nen selbst angezeigt haben: „Auf der einen Seite sieht man, dass die Verwaltung gut gearbeitet hat, weil sie fast viermal mehr Ermittlungsverfahren eingeleitet hat, als es Selbstanzeigen gab. Auf der anderen Seite wundert mich die Gelassenheit der Airbnb-Vermieter.“ Ihnen drohe auch bei der Bekanntgabe weiterer Daten durch Airbnb im schlimmsten Falle Strafverfolgung – das nächste Ersuchen auf Datenherausgabe laufe bereits und dürfte auf Grundlage des Urteils schneller gehen, so Schlüsselburg.

Wie viele Ermittlungsverfahren wegen Verstößen gegen die Abgabenordnung im Zusammenhang mit Vermietungsplattformen insgesamt eingeleitet wurden, geht aus der Antwort nicht hervor, weil diese laut Senat nicht systematisch erfasst werden. Die 400 benannten Verfahren resultieren allein aus den Daten der erfolgreichen Airbnb-Klage. Informationen über den Ausgang der Verfahren liegen laut Antwort allerdings ebenso wenig vor.

Zweckentfremdung faktisch verboten

Berlin hatte auch zur Reglementierung der „Ferienwohnisierung“ der Innenstadt 2014 das sogenannte Zweckentfremdungsverbot eingeführt und mehrfach verschärft. Seitdem sind Airbnb-Vermietungen genehmigungspflichtig. Oftmals wird das von An­bie­te­r*in­nen und der Plattform allerdings schlichtweg ignoriert – Airbnb deckte das Verhalten seiner Nutzer und muss immer wieder mit Klagen zur Herausgabe gezwungen werden.

Bei der Durchsetzung des Zweckentfremdungsverbotes helfen die erkämpften Steuerdaten allerdings erst mal wenig: Weil sie dem Steuergeheimnis unterliegen, dürfen sie nicht an die Bezirke weitergeleitet werden, die für eine Durchsetzung zuständig sind. Aber auch das könnte sich bald ändern: Berlin hat im September eine Bundesratsinitiative angestoßen, die es ermöglichen soll bei der Durchsetzung des Zweckentfremdungsverbots auch auf Steuerdaten zurückzugreifen. Bei Zweckentfremdung drohen Airbnb-Hosts empfindliche Strafen bis hin zu sechsstelligen Bußgeldern.

Auf der Plattform sind aktuell laut der Analyseplattform Inside Airbnb für Berlin rund 18.000 Angebote gelistet – 56 Prozent davon komplette Wohnungen. Im März 2019 zählte die Plattform noch 22.000 Angebote. Eine Studie des Deutschen Instituts für Wirtschaft zeigte kürzlich, dass Airbnb-Inserate die Mieten in der Nachbarschaft spürbar steigen lassen.

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